Infotainment und Telematik

Hybride Kommunikationssysteme im Automobil (Teil 2)

16. September 2014, 9:24 Uhr | Von Oliver Klemp, David Gozálvez Serrano, Hyung-Taek Lim und Levent Ekiz
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Fortsetzung des Artikels von Teil 2

Bewertung automobiler Mehrantennensysteme

Auch für die Leistungsbewertung von LTE-Mobilfunksystemen für Automo­tive-Anwendungen wurden Messungen durchgeführt. Zur Charakterisierung der Funkabdeckung von LTE-Systemen im 800-MHz-Bereich wurde hierzu eine Messstrecke von insgesamt 9 km definiert. Entlang der Messstrecke lassen sich unterschiedliche Bebauungsszenarien, beispielsweise Urban, Suburban und Rural, klassifizieren. Diese führen zu einer maßgeblichen Beeinflussung der Funkwellenausbreitung, die sich somit auf die Funktionsqualität der jeweiligen Vernetzungsfunktion auswirkt.

 

Testergebnisse im LTE-System
Bild 5 a. Testergebnisse im LTE-System.
© BMW Group
Beim LTE-Empfang eine bessere Skalierbarkeit der Funkressource
Bild 5b+c. Beim LTE- Empfang eine bessere Skalierbarkeit der Funkressource.
© BMW Group

In Bild 5 a-b-c sind die Testergebnisse entlang der LTE-Teststrecke im 800-MHz-Band für eine seriennahe Fahrzeugantenne dargestellt. Dabei verfügt das Dachantennensystem über den vollen Umfang an Antennenfunktionen für Mobilfunk (2G, 3G und 4G), WLAN (2,4 GHz und 5,9 GHz) sowie GPS. Hierbei ist ebenfalls zu berücksichtigen, dass die Antennenfunktionen für LTE-Mobilfunk [5] und WLAN jeweils als Zweiantennensysteme ausgelegt sind. Das ermöglicht zum Beispiel beim LTE-Empfang eine bessere Skalierbarkeit der Funkressource und durch Multiple-Input-Multiple-Output-Kommunikation (MIMO) die höchsten Datenraten infolge der deutlich verbesserten spektralen Effizienz im Vergleich zu Kommunikationssystemen mit jeweils einer Antenne am Sender und am Empfänger. Infolge der fahrzeugseitigen Integrationseffekte für das Zweiantennensystem lässt sich eine deutliche Richtungsabhängigkeit bei den ermittelten Datendurchsatzwerten feststellen. Während entlang der Fahrrichtung von Ost nach West die größte Häufigkeit bei Datenraten um 24 Mbit/s festgestellt wird, ergibt sich in der entgegengesetzten Richtung von West nach Ost eine deutlich größere Gleichverteilung der Datenraten entlang der Messroute. Es können lokale Maxima bei etwa 23 Mbit/s und 38 Mbit/s beobachtet werden.

Die Ergebnisse lassen sich anhand der Richtungsabhängigkeit der verfügbaren Übertragungsprotokolle interpretieren: Während bei der Fahrtrichtung von Ost nach West hauptsächlich ein Single-Input-Multiple-Output-Protokoll (SISO, das heißt jeweils eine Antenne am Sender und eine Antenne am Empfänger, Rank Indicator = 1) zur Anwendung kommt, wird in der entgegengesetzten Fahrtrichtung größtenteils ein MIMO-Protokoll von der Basisstation unterstützt. In diesem Fall kann durch die höhere spektrale Effizienz eine Steigerung der Datenraten beobachtet werden.

Die richtungsabhängigen Ergebnisse lassen sich eindeutig auf fahrzeugseitige Integrationseffekte der Luftschnittstelle zurückführen: Auch in diesem Fall dominiert die Integration des Mehrantennensystems auf dem Fahrzeug die MIMO-Fähigkeit der Kommunikationsverbindung. Während eine geeignete Inte­gration eine hohe Verfügbarkeit von MIMO-Protokollen im automobilen Einsatzszenario ermöglicht, werden bei einer mangelhaften Integration der Luftschnittstelle die Vorteile der LTE-MIMO-Kommunikation [6] nicht ausgeschöpft.

 

Literatur

[1] K. Matheus, R. Morich, A. Lübke: Economic Background of Car-to-Car Communications. Informationssysteme für mobile Anwendungen (IMA), Oct. 2004. [2] K.S. Bilstrup, E. Uhlemann, E. Ström: Scalability Issues of the MAC Methods STDMA and CSMA of IEEE 802.11p when used in VANETs. IEEE International Conference on Communications Workshops (ICC), May 2010. [3] C. Lottermann, M. Botsov, P. Fertl, R. Mullner: Performance evaluation of automotive off-board applications in LTE deployments. IEEE Vehicular Networking Conference (VNC), Nov. 2012. [4] WINNER: www.ist-winner.org/index.html [5] O. Klemp, P. Fertl, T. Krauss, M. Schraut, ­­S. Fikar: Mobilfunktechnologie LTE als Basis für innovative mobile Datendienste im Automobil. Automotive Elektronik, Juli 2011. [6] G. Araniti, C. Campolo, M. Condoluci, ­A. Iera, A. Molinaro: LTE for vehicular networking: a survey. IEEE Communications Magazine, vol. 15, no. 5, pp. 148–157, May 2013.

 

Die Autoren

Dr.-Ing. Oliver Klemp 
war von 2006 bis 2010 bei der Delphi Delco Electronics Eu¬rope GmbH im Bereich Vorentwicklung und Serienentwicklung von Antennen- und Transceiver-Systemen tätig. Er ist seit 2010 als Projektleiter bei der BMW Forschung und Technik GmbH beschäftigt. Seine Schwerpunkte liegen in den Bereichen neuer drahtloser Übertragungsverfahren sowie Architekturen und Systeme für den automobilen Einsatz.
Dr.-Ing. David Gozálvez Serrano 
promovierte 2012 an der Universidad Politécnica de Valencia (UPV). Während seiner Promotion war er an der Standarisierung von DVB NGH beteiligt und trug zu den Umsetzungsrichtlinien des DVB-T2-Standards bei. Er ist seit 2012 bei der BMW Forschung und Technik GmbH in der Abteilung für Kommunikations- und Informationssysteme beschäftigt. Seine Schwerpunkte liegen in den Bereichen neuer drahtloser Übertragungsverfahren einschließlich Mobilfunk- und Rundfunksysteme für den automobilen Einsatz.
Dipl.-Ing. Hyung-Taek Lim 
hat Technische Informatik an der Technischen Universität Berlin mit Schwerpunkt Kommunikationsnetze studiert. Er ist seit 2012 bei der BMW Forschung und Technik GmbH als Projektleiter im Bereich der Kommunikations- und Informationssysteme beschäftigt. Seine Schwerpunkte liegen in den Bereichen Quality of Service drahtloser und drahtgebundener Kommunikation im Fahrzeug.
 
Dipl.-Ing. Levent Ekiz 
hat an der Leibniz-Universität Hannover Elektrotechnik studiert und arbeitet seit 2011 bei der BMW Forschung und Technik. Er beschäftigt sich mit der Anbindung von mobilen Endgeräten an das Fahrzeug und mit der Vernetzung des Fahrzeugs mit seiner Umwelt. Im Rahmen seiner Dissertation, in Kooperation mit der TU Wien, entwickelt er eine Bewertungsmethodik für Mehrantennensysteme und analysiert drahtlose Fahrerassistenzsysteme.

  1. Hybride Kommunikationssysteme im Automobil (Teil 2)
  2. Testfeld und Testfahrzeug für hybride Kommunikation
  3. Bewertung automobiler Mehrantennensysteme

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