Dynamische Software-Infrastrukturen

Fahrzeugdaten präzise und konfigurierbar erfassen

14. Februar 2024, 8:30 Uhr | Autor: Sanjay Khatri, Redaktion: Irina Hübner
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Fahrerinnen und Fahrer erwarten heute, dass ihre Autos eine Brücke zwischen der physischen und digitalen Welt schlagen. Entsprechend rückt die Fahrleistung gegenüber dem Fahrerlebnis in den Hintergrund. Software wird künftig in vielen Bereichen dominieren.

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Software wird zukünftig das Kundenerlebnis und teils sogar die Hardwarespezifikationen der nächsten Fahrzeuggenerationen beeinflussen und vorantreiben. So werden kommende Automodelle zunehmend über ihre IT-Fähigkeiten definiert und zu sogenannten Software-defined Vehicles (SDV). Insbesondere bei Elektrofahrzeugen bietet die Software nicht nur völlig neue Gestaltungsmöglichkeiten für das Fahrerlebnis, sondern zusätzlich eine Vielzahl von Möglichkeiten, den laufenden Betrieb zu optimieren – etwa bei der Reichweiteneffizienz.

Bei Elektroautos beeinflussen verschiedene Faktoren wie Wetter, Steigung, genutzte Bordgeräte wie Heizung oder Klimaanlage sowie der individuelle Fahrstil die aktuell verfügbaren Restkilometer. Dies kann zu negativen Überraschungen auf der Reichweitenanzeige und zu nervenaufreibenden Stresssituationen auf den letzten Kilometern von Autofahrten mit Elektrofahrzeugen führen. Wenig überraschend nannten in einer im Sommer 2023 von Autolist.com zum Thema Elektroautos  durchgeführten Umfrage 39 Prozent der Befragten die Unsicherheit bezüglich der Reichweite als Problem.

Komplexe Daten präzise erfassen

Um die Reichweite zu maximieren, wäre es für EV-Ingenieure daher wichtig, die jeweiligen Fahrzeugleistungen unter realen Bedingungen zu überwachen. Diese Daten könnten sie dann nutzen, um die Motor-ECU des Fahrzeugs präzise abzustimmen, und so die maximale Effizienz des Antriebsstrangs zu erreichen.

Aktuell stammen die meisten Testdaten bei der Entwicklung neuer Elektrofahrzeuge von einer kleinen Flotte von Vorserienfahrzeugen, die im Rahmen einer begrenzten Anzahl von Fahrbedingungen getestet wurden. Selbst wenn Automobilhersteller heute Daten von bereits verkauften Fahrzeugen sammeln, sind diese breit gestreut und in enormen Mengen vorhanden. Diese Art der Rohdatenerfassung ist aufgrund der hohen Übertragungskosten für die große Zahl der Einzeldaten sehr teuer und führt darüber hinaus zu Ineffizienzen und Ungenauigkeiten bei der Gesamtanalyse.
 
EV-Ingenieure benötigen eine Möglichkeit, um präzise zu definieren, welche Daten sie unter verschiedenen Fahrbedingungen benötigen, und sollten diese Daten sofort und effizient von Zehntausenden von Fahrzeugen erhalten können. Um die Reichweite unter verschiedenen Fahrbedingungen verstehen zu können, müssen Faktoren wie demografische Merkmale und Fahrstil der Besitzer ebenso berücksichtigt werden wie die Fahrbedingungen in verschiedenen Regionen, Klimazonen und auf unterschiedlichem Terrain.

Eine präzise und konfigurierbare Fahrzeugdatenerfassung führt zu geringeren Kosten für die Datenübertragung sowie -speicherung und verbessert gleichzeitig die Analyse. Im Fall neuer Elektrofahrzeuge geht es konkret um die Erstellung von Motorsteuerungsparametern, etwa zur Regulierung des Drehmoments, des regenerativen Bremsens und anderer Betriebspunkte, um sicherzustellen, dass der Motor jederzeit mit höchstmöglicher Effizienz läuft.

Multiple vernetzte Daten sicher analysieren

Um vernetzte Fahrzeugdaten bestmöglich und in Echtzeit nutzen zu können, müssen diese umfassend und präzise in jeder Phase des Fahrzeuglebenszyklus, unabhängig von E/E-Architektur und Hardware, erfasst werden. Dies sollte anhand dynamischer Richtlinien während des gesamten Lebenszyklus des Fahrzeugs von der Vorproduktion bis zur Nachverkaufsphase und sogar während der Nutzung des Fahrzeugs möglich sein, und zwar am besten ohne Code-Änderungen oder umfangreiche OTA-Updates.

Relevante Datenarten sind hierbei etwa CAN-Bus-Signale und Log-, Medien- oder Netzwerk-Dateien. Spezifische, für die Software-Ingenieure besonders relevante Informationen sind in diesem Zusammenhang beispielsweise CAN/Ethernet-Signale, ECU-Ereignisse, der Betriebsstatus und der Standort des Fahrzeugs, Termine, Uhrzeit und Wochentag sowie externe API-Aufrufe und spezifische Ereignisse.

Von zentraler Bedeutung ist bei all diesen Datentransfers selbstverständlich die Datensicherheit und Privatsphäre der Fahrzeugnutzer. Zugriffsrechte dürfen daher nur sehr selektiv und restriktiv vergeben werden. Gleichzeitig sollten alle Daten verschlüsselt und GDPR-konform übertragen sowie dabei etwa durch TLS abgesichert werden. Lösungen wie Sonatus Collector sollten möglichst alle zuvor beschriebenen Eigenschaften vereinen. Dann stellen sie eine interessante Lösung für OEMs dar, die die Vorteile Software-definierter Fahrzeuge nutzen möchten (Bild 1).

Bild 1. Die Software Sonatus Collector ermöglicht OEMs die sofortige Erfassung von präzisen Fahrzeugdaten.
Bild 1. Die Software Sonatus Collector ermöglicht OEMs die sofortige Erfassung von präzisen Fahrzeugdaten. Dabei kommen einfache Erfassungsrichtlinien zum Einsatz, um das Kundenerlebnis zu verbessern und Mehrwertdienste zu realisieren.
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Fahrzeugsteuergeräte automatisiert anpassen

Die richtigen Daten zu erhalten, um die bestmöglichen Parameter für die Feineinstellung der Fahrzeuge identifizieren zu können, ist nur die halbe Miete. Die Automobilhersteller müssen darüber hinaus in der Lage sein, die gewünschten Einstellungen intelligent und dynamisch einzusetzen, damit sich das Steuergerät des jeweiligen Fahrzeugs automatisch an die jeweiligen Fahrbedingungen anpassen kann.

Da dies auch für bereits ausgelieferte Fahrzeuge möglich sein muss, sollten die jeweiligen Datenaktualisierungen ohne zusätzliche Softwareentwicklungen möglich sein. So lässt sich die Fahrzeugqualität und das Fahrerlebnis über den gesamten Lebenszyklus des Fahrzeugs sofort verbessern.

Mit entsprechenden Lösungen wie Sonatus Automator können Automobilhersteller Automatisierungsrezepte verwenden, um sogleich neue Fahrzeugfunktionen zu erstellen und Fahrzeugtests sowie -diagnosen effizienter und wirtschaftlicher zu gestalten (Bild 2). Mit darauf aufbauenden Frameworks können ereignisgesteuerte Workflows eingerichtet werden, die beispielsweise neue Funktionen hinzufügen oder Test- und Diagnoseroutinen ausführen können.

Bild 2. Mit Sonatus Automator können OEMs Automatisierungsrichtlinien verwenden, um sofort neue Fahrzeugfunktionen zu erstellen und Fahrzeugtests und -diagnosen zu beschleunigen.
Bild 2. Mit Sonatus Automator können OEMs Automatisierungsrichtlinien verwenden, um sofort neue Fahrzeugfunktionen zu erstellen und Fahrzeugtests und -diagnosen zu beschleunigen.
© Sonatus

Gute Programme ermöglichen es OEMs, bei der Produktion zukünftiger SDVs neue Funktionen sofort zu prototypisieren und so ihre Produktzyklen zu beschleunigen. Gleichzeitig sollten automatisierte End-of-Line-Selbsttests durchgeführt werden können, um die Markteinführung zu beschleunigen. Dies reduziert wiederum Entwicklungs- sowie Validierungskosten und den Aufwand für die Code-Entwicklung.

Zugriffsrechte rollenbasiert kontrollieren

Die sichere Nutzung der Automatisierung von Fahrzeugfunktionen sollte durch rollenbasierte Zugriffskontrollen gewährleistet werden. Die hierzu nötigen Workflows können durch eine Vielzahl unterschiedlicher Ereignisse wie CAN- und Ethernet-Signale einschließlich Diagnostic Trouble Code (DTC), ECU-Aktivitäten, Betriebsstatus und Standort des Fahrzeugs, Geofence-Daten, Termine sowie externe API-Aufrufe angestoßen werden. Die Arbeitsabläufe können mehrstufig gestaltet und in verschiedenen Modi entweder sequenziell oder parallel verarbeitet werden.

Durch die Automatisierung der oben beschriebenen Aktionen könnten unter anderem ganz einfach Diagnosen sowie Testroutinen ausgeführt und ECU-Parameter aktualisiert werden. Dies könnte dann wiederum zu konkreten Anpassungen in den einzelnen Fahrzeugen führen, von denen die Fahrerinnen und Fahrer unmittelbar profitieren, etwa bei der Reichweite.

Elektroautos, die in wärmere Regionen verkauft werden, könnten zum Beispiel Updates erhalten, um ihre Leistung bei höheren Außentemperaturen zu maximieren. So könnte das Fahrzeugsteuergerät beispielsweise automatisch das regenerative Bremsen maximieren, um Reichweitenverluste auszugleichen, wenn die Sonne scheint und die Klimaanlage aufgedreht ist. Ebenso könnten Parameter gewählt werden, die das Drehmoment im normalen Fahrbetrieb reduzieren, um die Reichweite zu erhöhen, wenn die Sitzbelegungssensoren erkennen, dass im Auto mehrere Personen sitzen oder der Kofferraum mit zusätzlichem Gewicht gefüllt ist.

Optimierungen über die gesamte Lebensdauer

Die Einführung dynamischer Software-Infrastrukturen und -Lösungen kann den Automobilherstellern helfen, das volle Versprechen von SDVs zu erfüllen: Fahrzeuge, die während ihrer gesamten Lebensdauer kontinuierlich aktualisiert und verbessert werden können, um auch während des laufenden Betriebs die Leistung und Effizienz zu steigern. Sonatus ist der Überzeugung, dass sich durch fortschrittliche Datenerfassungslösungen zur Analyse von realen Daten in Verbindung mit der dynamischen Anpassung der Parameter der Fahrzeugsteuergerätesoftware die Reichweite moderner Autos unter verschiedenen Fahrbedingungen und Szenarien optimieren lässt.



 

Sanjay Khatri, Sonatus.
Sanjay Khatri, Sonatus.
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Der Autor

Sanjay Khatri
ist Head of Product Marketing bei Sonatus, einem Anbieter von Softwareprodukten und -lösungen, die den Übergang zu Software-definierten Fahrzeugen (SDVs) beschleunigen. Khatri verfügt über mehr als 20 Jahre Erfahrung im Produktmanagement und -marketing in der Informations- und Kommunikationstechnologie.  In den letzten zehn Jahren war er an Produkt- und Markteinführungsstrategien für Connected Car, In-Vehicle Infotainment und IoT-Lösungen beteiligt.  Sanjay hat einen Bachelor of Computer Engineering und einen MBA-Abschluss sowie Zertifizierungen in den Bereichen KI/ML, Produktmanagement und Telekommunikationstechnik erworben.


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