Passive Sicherheit

Neues Audi-Fahrzeugsicherheitszentrum für vielfältige Crashtests

18. September 2023, 10:57 Uhr | Irina Hübner
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Auf dem Gelände des Incampus in Ingolstadt eröffnet Audi ein neues Fahrzeugsicherheitszentrum mit deutlich verbesserten Möglichkeiten für Crashtests. Es verfügt über eine 250-m-Anlaufbahn, einen mobilen 100-Tonnen-Crashblock und die Möglichkeit, zwei Fahrzeuge im 90°-Winkel kollidieren zu lassen.

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Das neue Audi-Fahrzeugsicherheitszentrum (AFZ) in Ingolstadt wird im Rahmen der Einweihung des Incampus offiziell in Betrieb genommen. Die Anlage ist die wichtigste Entwicklungseinrichtung von Audi auf dem Gebiet der passiven Sicherheit: Rund 100 Mitarbeitende werden vor Ort tätig sein und sämtliche heute bekannten und relevanten Testszenarien darstellen. Bei der Konzeption wurde darauf geachtet, dass Tests durchgeführt werden können, die deutlich über die derzeitigen Anforderungen in den verschiedenen Märkten hinausgehen. Somit lässt sich die Anlage an zukünftige Entwicklungen flexibel anpassen.

In Zukunft mehr Tests möglich

Insgesamt investierte Audi rund 100 Millionen Euro, die Bauzeit betrug drei Jahre. Das neue Fahrzeugsicherheitszentrum kann mehr und deutlich vielfältigere Gesamtfahrzeug-Crashtests bewältigen als die bisher genutzte Crashhalle auf dem Werksgelände in Ingolstadt.

Start für neues Audi-Fahrzeugsicherheitszentrums

Audi eröffnet das neue Fahrzeugsicherheitszentrum auf dem Incampus mit Crashtestanlage, Schlittenbahn, Systemprüfständen und Dummylabor.
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Die Crash-Arena des Fahrzeugsicherheitszentrums besteht aus einem stützenfreien Bereich von 50 Metern mal 50 Metern.
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Vorbereitungen zu einem Crashversuch im neuen Fahrzeugsicherheitszentrum.
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Die Dimensionierung der Anlage ist außerdem wesentlich größer: Der Kernbereich hat eine Fläche von 130 mal 110 Metern und ist 20 Meter hoch. Die integrierte Crasharena besteht aus einem stützenfreien Bereich von 50 mal 50 Metern, die gegenläufigen Anlaufbahnen haben eine Gesamtlänge von 250 Metern und erlauben Versuche mit Geschwindigkeiten, die über den heute üblichen Anforderungen liegen. Durch eine zusätzliche Bahn sind darüber hinaus Car-to-Car-Crashs im rechten Winkel mit zwei Fahrzeugen zueinander möglich.

Vielfältige Crash-Möglichkeiten

Ein Crashblock mit 100 Tonnen Gewicht ist in der Crasharena beweglich und drehbar angeordnet und ermöglicht einen hocheffizienten Ablauf bei den vielfältigen Crash-Versuchsarten. Der Bereich ist von mehreren Crashbahnen durchzogen, sodass auch Versuche zu Kollisionen zwischen zwei Fahrzeugen und zur integralen Sicherheit möglich sind. Mit dem sogenannten Flying Floor lassen sich Fahrzeuge außerdem seitlich gegen Hindernisse fahren. Ein Fahrzeug durchläuft insgesamt eine hohe zweistellige Anzahl an Testszenarien, bevor es auf den Markt kommt.

Dank einer neuartigen Schlittenbahn mit sogenannter Verzögerungseinheit wird die Entwicklung von Gurtsystemen und Airbags noch effizienter ablaufen. Hochmoderne Highspeed-Kameras und energieeffiziente LED-Lichtsysteme unterstützen das Team im Audi Fahrzeugsicherheitszentrum bei seiner Arbeit. Ein Dummy-Labor, Komponentenprüfstände, Werkstätten und Büros komplettieren das Gebäude.

Konzept, Technik und angrenzende Erweiterungsflächen wurden vorausschauend geplant. Sie gestatten eine flexible Nutzung und stellen sicher, dass das Audi-Fahrzeugsicherheitszentrum auch im Hinblick auf sich weiter verschärfende Normen und Vorschriften auf den weltweiten Märkten für neue technologische Anforderungen gerüstet ist.

Simulation und Versuch eng abgestimmt

In der neuen Crasharena kommen über 60 Crashtest-Dummys verschiedener Typen zum Einsatz – vom 18 Monate alten Kleinkind bis zu einem 102 kg schweren Erwachsenen. Bei den hochentwickelten Thor-Dummys ermitteln bis zu 150 Sensoren während der Versuche relevante Daten.

Während der Crashversuche wird der Ablauf mit Highspeed-Kameras, aber auch per Motion Tracking festgehalten. Eine Vielzahl von Sensoren liefert physikalische Messwerte. Mit 3D-Scans werden Verformungen nach dem Versuch digital aufbereitet. Alle Daten laufen in ein Backend-System, in das auch die Daten aus anderen Testlaboren aus Europa, Asien und Amerika eingespeist und von Experten analysiert werden.

Nahezu alle Arten von Unfällen lassen sich heute simulieren – egal ob Fußgängerunfälle, Frontal- oder Seitenkollisionen. Monatlich führen die Spezialist:innen bei Audi zehntausende von Crashsimulationen durch – und dies deutlich vor dem ersten gebauten Prototypen. Allein für den Teilbereich der Crashauslegung der Karosserie eines aktuellen Modells kommen insgesamt mehr als 60.000 Rechnungen für bis zu 100 verschiedene Lastfälle zusammen. Eine wichtige Rolle spielt dabei das neue Audi-Rechenzentrum, das sich in direkter Nachbarschaft ebenfalls auf dem Incampus-Gelände befindet.

Doch trotz rasanter Fortschritte in der Simulationstechnik bleiben reale Crashversuche und Komponentenprüfungen unverzichtbar. Das liegt schon allein daran, dass die Zulassungsverfahren der jeweiligen nationalen Behörde physische Crashtests erfordern. In der Produktentwicklung hingegen ergänzen sich beide Methoden hochsynergetisch, hier fließen sowohl Erkenntnisse aus Simulationen als auch aus physischen Tests ein.


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