Was geschieht beim Aufprall?

Neuer 3D-Sensor überlebt Crashtest im Auto

25. September 2024, 7:38 Uhr | Heinz Arnold
Die »goCRASH3D« (rechts) schaut mit seinen Kameras auf den Dummy. Die Auflösung der beiden 2D-Kameras ist jeweils 512 x 512 Pixel.
© Fraunhofer IOF

Der neue 3D-Sensor des Fraunhofer IOF kann erstmals Hochgeschwindigkeits-3D-Aufnahmen im Fahrzeug-Innenraum während eines Crashtests durchführen und zeigt Verformung und Bewegung von Fahrzeugkomponenten während eines Aufpralls.

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Mit »goCRASH3D« lassen sich Vorgänge zum Beispiel im Fußraum beobachten, die vorher nicht oder nur sehr eingeschränkt zugänglich waren. Auch Bereiche, die der sich entfaltende Airbag verdeckt, können so verfolgt werden.

Im Wesentlichen besteht der neue 3D-Sensor »goCRASH3D« ein System aus zwei Kameras, einer Beleuchtung und einem Computer. »Der Knackpunkt dabei ist eigentlich nicht die Kamera, sondern die Beleuchtung«, erklärt Projektleiter Kevin Srokos. Dafür haben die Forschenden in Jena, die schon seit mehr als zehn Jahren an der Erfassung von 3D-Daten mit Hochgeschwindigkeitskameras arbeiten, die »GOBO«-Technologie aus der Bühnentechnik für ihre Zwecke weiterentwickelt.

Video: So funktioniert der neue Crash-Sensor im Auto

In diesem Video ist der 3D-Crash-Sensor »goCRASH3D« zu sehen, der im Inneren eines Fahrzeuges auf der Seite des Beifahrers verbaut ist. Von dort fertigt er 3D-Aufnahmen eines Testdummies an, der hinter dem Lenkrad sitzt und bei einem Crashtest auf den sich entfaltenden Airbag auftrifft.

 

So funktioniert die »GOBO«-Technik

Bei der »GOBO«-Technik rotiert eine Scheibe mit einem unregelmäßigen Streifenmuster vor einer starken Lichtquelle. Das gibt ein nichtperiodisches Sinusmuster auf dem zu messenden Objekt. Damit lassen sich Punkte in den Bildern der Kameras, die unter verschiedenen Winkeln auf das Objekt schauen, eindeutig zuordnen. Aus der Position der Kameras und dem Versatz der Bildpunkte werden die 3D-Koordinaten für die Punkte der Aufnahmen berechnet.

In der Crashtest-Versuchshalle nehmen mehrere Hochgeschwindigkeitskameras die Daten von außerhalb und jetzt auch innerhalb des Fahrzeugs auf.
In der Crashtest-Versuchshalle nehmen mehrere Hochgeschwindigkeitskameras die Daten von außerhalb und jetzt auch innerhalb des Fahrzeugs auf.
© Fraunhofer IOF

»Je kürzer die Belichtungszeit, desto stärker muss die Beleuchtung sein«, sagt Srokos. Im konkreten Fall wird eine Einzel-LED mit 15.000 Lux Leuchtstärke benutzt. Die beiden Kameras liefern jeweils 12.000 Bilder pro Sekunde mit 512 x 512 Pixeln. Daraus berechnet der Computer etwa 1.200 3D-Bilder pro Sekunde. Das Bildfeld in den Versuchen war 70 cm x 70 cm in einem Meter Abstand. Diese Parameter können an die Versuche angepasst werden.

Das »goCRASH3D«-System erfasst mit zwei Kameras (links und rechts) und einer starken Beleuchtung (Mitte) bis zu 12.000 2D-Bilder pro Sekunde, aus denen etwa 1.200 3D-Bilder errechnet werden.
Das »goCRASH3D«-System erfasst mit zwei Kameras (links und rechts) und einer starken Beleuchtung (Mitte) bis zu 12.000 2D-Bilder pro Sekunde, aus denen etwa 1.200 3D-Bilder errechnet werden.
© Fraunhofer IOF

Das System mit zwei Kameras und der Beleuchtungseinheit ist in einem Rahmen montiert, in dem die Komponenten über Elastomerpuffer gegen die Beschleunigung geschützt sind. Dadurch kann das System Beschleunigungen bis zu 200g und Schocks bis 60g regelmäßig standhalten. Der Rahmen wird dafür im Fahrzeug fest montiert.

Schon sehr früh haben die Jenaer ihr System in der Automobilindustrie getestet. »Damals konnte man mit dem System das Entfalten eines Airbags zeitaufgelöst verfolgen«, berichtet Srokos. »Bereits 2017 gab es aber auch die Idee, das System in das Innere des Fahrzeuges zu verlagern.« In einem gemeinsamen Projekt mit einem großen deutschen Automobilhersteller haben die Jenaer dafür einen Demonstrator aufgebaut, der seit 2023 für Tests beim Projektpartner eingesetzt wird.

Immun gegen Beschleunigung und Schock

Das System mit zwei Kameras und der Beleuchtungseinheit ist in einem Rahmen montiert, in dem die Komponenten über Elastomerpuffer gegen die Beschleunigung geschützt sind. Dadurch kann das System Beschleunigungen bis zu 200g und Schocks bis 60g regelmäßig standhalten. Der Rahmen wird dafür im Fahrzeug fest montiert.

Aktuell wird das »goCRASH3D«-System beim Projektpartner genutzt und am Fraunhofer IOF weiterentwickelt. Am Institut in Jena wurden die Hochgeschwindigkeitsaufnahmen auch schon mit weiteren Kameras gekoppelt, so dass die 3D-Bilder mit zusätzlichen spektralen Informationen verbunden werden konnten.

Das goCRASH3D-System wurde für und mit der Automobilbranche entwickelt. »Wir können uns aber auch andere Anwendungen im Sicherheitsbereich oder auch in der Sportmedizin vorstellen«, erläutert Kevin Srokos. Mittelfristig passt die Technik für 3D-Hochgeschwindigkeitsaufnahmen hervorragend zu den wachsenden Sicherheitsansprüchen im Automobilbereich.

Präsentation auf der IZB und der VISION 2024

Das Team vom Fraunhofer IOF präsentiert das goCRASH3D-System vom 8. bis 10 Oktober auf der VISION in Stuttgart (Stand Nr. 10G92) und auf der IZB in Wolfsburg vom 22. bis 24. Oktober (Halle 2, Stand 2201).


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