Bei abnehmender Helligkeit setzt das mesopische Dämmerungssehen ein. Die für das Nachtsehen zuständigen Netzhautrezeptoren (Stäbchen) werden zunehmend aktiviert, während die farbempfindlichen Zapfen hellere Objekte wahrnehmen. Im Verkehrsgeschehen bei Nacht beschränkt sich die Farbwahrnehmung z.B. auf farbige Lichter, die relativ klein und voneinander isoliert sind und daher als unzusammenhängende Farben (unrelated colours) bezeichnet werden. Während also Ampeln farblich wahrgenommen werden, erscheint der unbeleuchtete Hintergrund grau. Für die WDR-Kamera stellt die Konzentration der Farbinformationen in den Lichtern eine besondere Herausforderung dar, da Signalsättigung zu einer Verweißlichung der Farben führt. Ein Nachtsichtsystem mit Farbunterstützung benötigt somit einen noch größeren Dynamikbereich als eine Graustufenanwendung.
Für das Nachtsichtsystem ist es ausreichend, dunkle Details in Graustufen wiederzugeben, jedoch müssen verkehrsrelevante farbige Objekte (z.B. Ampeln) mit ausreichender Farbunterscheidung und Farbsättigung darstellt werden, damit diese zweifelsfrei erkannt werden können (Bild 2).
Die in den NIR-Bereich bis 1000 nm Wellenlänge reichende Empfindlichkeit der CMOS-Bildsensoren ermöglicht es, den großen für den Menschen nicht sichtbaren Teil des von Glühlampen abgestrahlten Spektrums zu nutzen. Mit speziellen NIR-Fernscheinwerfern lässt sich der Sichtbereich ohne Blendung des Gegenverkehrs erweitern. Konventionelle Farbkameras sind hier jedoch ungeeignet, da die Farbfiltermaterialien für NIR-Licht durchlässig sind, wodurch dieses in die RGB-Farbkanäle überspricht und diese völlig verweißlicht. Farbkameras benötigen aus diesem Grund ein IR-Sperrfilter, das bis zu 80 % der von einer Glühlampe abgestrahlten Intensität entfernt. Soll das NIR-Licht trotzdem genutzt werden, muss es mit anderen Verfahren vom Farbsignal separiert werden, welches im Folgenden beschrieben wird.