Interview

Software-Agenten steigern Anlagenverfügbarkeit

29. November 2010, 9:41 Uhr | Andrea Gillhuber
Daniel Schütz von der Technischen Universität München stellt auf dem Kongress einen Ansatz zur Implementierung von Software-Agenten auf SPSen vor.
© TU München

Daniel Schütz von der Technischen Universität München stellte auf dem diesjähren Kongress der SPS/IPC/Drives einen Ansatz zur Implementierung von Software-Agenten auf SPSen vor. Mit diesem Ansatz soll ein Werkzeug entwickelt werden, das es Applikationsingenieuren erlaubt, agentenbasierte Steuerungssoftware in IEC-61131 Systemen einzusetzen.

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Herr Schütz, wie würden Sie die Software-Agenten definieren?

Die VDI-Richtlinie 2653 definiert einen technischen Agenten als eine abgrenzbare Hardware- oder/und Software-Einheit mit definierten Zielen, welche er durch selbstständiges Verhalten erreicht. Dabei interagiert er mit seiner Umgebung und anderen Agenten. Eine weitere wichtige Eigenschaft eines Software-Agent ist, dass er über Wissen bzgl. der jeweils vom ihm gesteuerten technischen Komponente verfügt, sei es eine Maschine oder einzelne Anlagenkomponente. Dieses "Wissen" stellt Teile seines Programmcodes dar und ermöglicht es ihm, seine Umwelt gezielt zu beeinflussen, z.B. indem er die Motordrehzahl reduziert, um Energie zu sparen; zum anderen ist er dadurch in der Lage, automatisch Diagnosefunktionen auszuführen.

Welche Vorteile ergeben sich für Anlagenbetreiber durch Ihre Agenten?

Den größten Vorteil der Software-Agenten sehen wir in der Erhöhung der Anlagenverfügbarkeit. So sind unsere Software-Agenten in der Lage, Sensorausfälle zu erkennen, virtuelle Ersatzwerte - also virtuelle Sensoren - zu berechnen und so einen fortgesetzten Anlagenbetrieb zu ermöglichen. Insbesondere in der Verfahrenstechnik sind solche Konzepte für Notlaufstrategien und kontrolliertes Herunterfahren eines Prozesses sehr wichtig. Ein Beispiel: Hat ein Agent das Wissen über die zu- und abfließenden Flüssigkeitsvolumina für einen Tank, kann er über die Dichte der Flüssigkeit einen virtuellen Sensorwert für den Füllstand des Tanks berechnen.

Welche Software-Agenten haben Sie entwickelt bzw. definiert?

Wir haben einen Ansatz entwickelt, Software-Agenten in den Sprachen der IEC 61131-3 zu implementieren. Dadurch können unsere Software-Agenten direkt auf der Feldebene vollständig auf einer SPS ablaufen und ihr Potenzial zu Diagnosefunktionen und Fehlerkompensation zur Prozesslaufzeit in Echtzeit ausnutzen. Dies unterscheidet unsere Umsetzung von den meisten anderen Ansätzen, die eine Implementierung der Agenten z.B. auf der Leitebene eines Automatisierungssystems fokussieren. Eine Fehlerkompensation in Echtzeit ist mit diesen Ansätzen jedoch nicht möglich.

Wo liegen die Schwierigkeiten bei der Implementierung der Software-Agenten auf IEC 61131?

Die Schwierigkeiten liegen zum einen in der zu handhabenden Komplexität eines Agentensystems, die z.B. durch die flexiblen Interaktions- und Kommunikationsmöglichkeiten entsteht. Entgegen PC-basierten Agentenframeworks existieren innerhalb der IEC61131-3 hierfür keine Frameworks, die angewendet werden könnten. Zum anderen besteht die Schwierigkeit aber auch in der Beherrschung der Komplexität der gesteuerten technischen Komponenten. Die physikalischen Zusammenhänge innerhalb dieser Komponenten müssen vom Programmierer als Wissensbasis in die Softwareagenten implementiert werden, was mit einer großen Menge an teilweise unübersichtlichem Programmcode zusammenhängt.

Wie geht es weiter?

Unsere weiteren Ziele sind zum einen die Entwicklung einer werkzeugunterstützten Vorgehensweise, die direkt in eine marktführende Programmierumgebung für IEC 61131 Systeme eingebunden ist. Zum anderen zielen wir derzeit auch auf Lösungen im Bereich Energieeffizienz von Produktionsanlagen, die auf Softwareagenten basieren.


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