Vor mehreren Jahren, als der Halbleitermarkt von seinen hohen Wachstumsraten Abstand nahm, suchten viele Halbleiterhersteller ihre Rettung darin, sich von ganzen Produktbereichen zu lösen, die als nicht rentabel oder zu kapitalintensiv galten. „Sich auf seine Kernkompetenzen konzentrieren“ war das Motto. Damals hieß es auch, dass Broadliner eine aussterbende Spezies seien und die Zukunft den Spezialisten gehöre. Jetzt wiederum kaufen viele Unternehmen zu, häufig davon getrieben, dass die Kunden immer mehr Systemlösungen verlangen. Ist der Ansatz, als Broadliner im Markt aufzutreten, also doch nicht falsch? Hier widersprechen die Hersteller vehement, nicht zuletzt, weil der Begriff „Broadliner“ negativ besetzt ist. Siedhoff ist der Überzeugung, dass keiner der Forumsteilnehmer sein Unternehmen freiwillig als „Broadliner“ bezeichnen würde, denn »das klingt einfach schlecht. In dem Begriff Broadliner steckt nämlich etwas anderes: einer der alles hat, aber von nichts etwas versteht.«
Hinzu kommt noch, dass die erfolgten Übernahmen eine ganz andere Richtung verfolgten: In den einzelnen Applikationsbereichen seien viele Technologien notwendig, und die muss ein Hersteller abdecken können. Beispiel Automotive: hier muss ein Hersteller unterschiedlichste Technologien anbieten können, einschließlich Connectivity, Touch, Security etc. Siedhoff: »Um ein Spezialist in bestimmten Bereichen zu sein, brauche ich die gesamte Technologiebreite.« Ein Unternehmen müsse IP und Know-how hinzukaufen, weil sich der Markt so schnell entwickelt, dass man das gar nicht mit seiner eigenen Entwicklung stemmen kann. Siedhoff: »Man muss sich erweitern, damit man bei IoT mit den Technologien, dem Know-how und dem Support mithalten kann. Ich glaube nicht, dass ein Unternehmen das in der Geschwindigkeit selbst entwickeln kann.«
Ähnlich beurteilen Hoika, Bröckelmann und Weyer die Situation. So erklärt Hoika, dass sich Infineon zwar von diversen Bereichen getrennt hat, aber mit den jetzt zugekauften Unternehmen die Kernkompetenzen von Infineon erweitert wurden und nicht etwa im Kommunikationsbereich von vorne angefangen wird. Weyer fügt hinzu: »Kunden erwarten Lösungen, und für diese Lösungen sind viele unterschiedliche Technologien notwendig.« Was Bröckelmann bestätigt. So sei auf der diesjährigen electronica ganz klar zu sehen gewesen, dass eigentlich kein großer Halbleiterhersteller mehr Produkte vorstellt, sondern immer Systemlösungen. Es geht darum, wie die Halbleiter in der Applikation zusammenarbeiten. Also schaut jeder Halbleiterhersteller auf sein Produktportfolio und sucht nach Lücken, die er füllen muss, damit er eine noch bessere Lösung anbieten kann. Um diese Lücken zu füllen, kann er entweder selbst etwas entwickeln oder zukaufen. »Das haben wir genauso gemacht. Und nachdem ADI beim Thema Power Supply ziemlich schwach aufgestellt war, ging es darum, diese Lücke zu füllen«, so Bröckelmann weiter. Es gab natürlich auch andere Optionen, aber »LTC ist der richtige Partner, denn 60 Prozent des Umsatzes erzielt LTC im Bereich Power-Management. Mit dieser Übernahme hat ADI gleich ein sehr gutes Standing, und wir können mehr von der Lösung anbieten.«