Microchip hat ebenfalls bereits einige Akquisitionen durchgeführt, die größte in der Unternehmensgeschichte war die vor kurzem erfolgte Übernahme von Atmel. Das Unternehmen geht laut Siedhoff aber grundsätzlich den Weg einer „Vollintegration“, sprich Microchip will auch die Kulturen integrieren. Das liegt laut Siedhoff einfach daran, dass Microchip der Überzeugung ist, dass die Firmenkultur genau das ist, was Microchip ausmacht. Siedhoff weiter: »Wir wollen keine Firmen kaufen und diese separat lassen. Bei der Integration verfolgen wir einen ziemlich straffen Zeitplan, weil sich die nächste Integration oft schon in der Pipeline befindet. So haben wir uns selbst bei Atmel das Ziel gesetzt, innerhalb eines Jahres Mitarbeiter und Produkte zu integrieren.« Dieser Zeitrahmen fällt im Vergleich zu TI sehr kurz aus, Schwaiger spricht nämlich von fünf bis sechs Jahren. Doch Siedhoff erklärt, dass dieser Zeitrahmen durchaus machbar sei. Bereits jetzt, also gut ein halbes Jahr nach der Übernahme von Atmel, seien die Business-Units bereits integriert. Siedhoff betont: »Wir haben kein einziges Produkt abgekündigt, und das obwohl es durchaus Überlappungen gab.« Am offensichtlichsten wird das im EEPROM-Bereich, wo beide Unternehmen über Pin-kompatible Produkte verfügten, und trotzdem wurden beide Produktgruppen behalten. Siedhoff erklärt, warum: »Das ist für die Kunden wichtig, gerade im Automotive-Bereich.«
Längerfristig geht es dann darum, das Beste aus beiden Produktportfolios und Technologien zu finden und darauf basierend die Roadmap für die Zukunft zu entwickeln.« Aber auch dieser Punkt sei bei der Integration von Atmel bereits abgeschlossen. In allen Business-Units stehen die Roadmaps fest. So ist bereits heute klar, dass Microchip beispielswiese im MCU-Bereich die Atmel-Architektur AVR weiterentwickeln wird. Siedhoff betont: »Wir werden sowohl in PIC als auch in AVR investieren, typischerweise gleichmäßig, im Moment sogar etwas mehr in AVR, weil Atmel aus finanziellen Gründen bekanntermaßen hier in letzter Zeit wenig gemacht hat.«
Bei Übernahmen wie Atmel/Microchip oder Infineon/IR stellt sich aber noch eine andere Frage: Wie kommen die Mitarbeiter mit der Tatsache zurecht, dass ein ehemaliger direkter Konkurrent jetzt auf einmal zum Verbündeten wird? Aus der Sicht von Hoika hängt auch diese Frage davon ab, wie die Integration durchgeführt wird. Gibt man der übernommenen Firma beziehungsweise den Mitarbeitern das Gefühl, dass man lediglich am Umsatz, den Produkten und Margen interessiert ist, wird die Integration der Mitarbeiter schwierig. Hört man aber auch gekauften Unternehmen zu und ist sich dessen bewusst, dass man auch als Käufer durchaus vom gekauften Unternehmen lernen kann, läuft eine Integration deutlich reibungsloser und schlussendlich wohl auch gewinnbringender für den Käufer.
Hoika: »Infineon hat bei der Übernahme von IR sowohl auf der technologischen Seite als auch bei den Geschäftsprozessen gelernt. Dadurch konnten wir zum Beispiel im Distributionsbereich ordentlich zulegen.« Und weiter: »Wir können mit Stolz sagen, dass die meisten IR-Mitarbeiter heute noch für Infineon arbeiten.« Wobei Weyer darauf hinweist, dass es ja auch im Sinne des übernehmenden Unternehmens ist, wenn er die Integration intelligent und nicht mit dem Holzhammer durchführt. So hat NXP beispielsweise nach der Akquisition von Freescale leitende Funktionen nicht automatisch mit NXP-Leuten besetzt, sondern auch mit Freescale-Mitarbeitern. Weyer: »Wir haben die Positionen nicht danach besetzt, ob jemand von Freescale oder NXP kam, sondern ob er gut ist. Das sind wir nicht nur unseren Kunden schuldig, sondern auch unseren Mitarbeitern.«
Was macht eigentlich Texas Instruments?
Texas Instruments hat bereits vor Jahren sehr große Übernahmen getätigt, auch nicht ganz billige. Jetzt ist es aber beachtlich ruhig geworden, von den vielen Gerüchten, wen das Unternehmen alles übernehmen wolle, mal abgesehen. Andreas Schwaiger, Geschäftsführer von Texas Instruments Deutschland, erläutert, dass das Unternehmen gerade eben erst die Integration von National Semiconductor abgeschlossen hat - ein Happen, der sicherlich auch erst mal verdaut sein will, bevor man sich den nächsten einverleibt. Schwaiger kommentiert: »Die Integration ist schneller als erwartet durchgeführt worden und von den Messgrößen her durchaus erfolgreich.« Dass TI so häufig mit Übernahmen in Verbindung gebracht wird, kommentiert Schwaiger witzelnd damit, dass das Unternehmen gar nicht so breit aktiv sein könnte, um für alle angedichteten Übernahmen in Frage zu kommen. Schwaiger auf die Frage, ob TI sich aus der jetzigen Konsolidierungswelle heraushalten will: »Wir sondieren sicherlich den Markt, wozu natürlich auch eine Abwägung von Kosten und Nutzen gehört.« Schwaiger sieht derzeit aber auch keinen zwingenden Grund, dass TI beim Bieterwettstreit mitmacht, denn das Unternehmen sei mit seinem Produktportfolio in den Märkten, die man adressiert, durchaus gut aufgestellt.