Thingstream setzt nicht auf die Datenübertragung im GSM-Netz auf, sondern auf Unstructured Supplementary Service Data (USSD), das Bolliger metaphorisch als Schwester zu SMS bezeichnet. Es ist seit vielen Jahren bekannt und hat bewiesen, dass es stabil funktioniert. Darauf läuft das MQTT-Protokoll in der Version MQTT-SN, einem Substandard, welcher nochmals zusätzlich für IoT-Anwendungen optimiert wurde: »Gegenüber der HTTPS-Übertragung auf Basis von TCP/IP führt das zu einem bis über den Faktor 90 effizienteren Durchsatzes bei elfmal geringerer Energieaufnahme«, so Bolliger. Zudem müsse sich der Anwender um nichts kümmern; MQTT übernimmt alles, was einem Entwickler-Team normalerweise beim Design eines verteilten Systems Kopfzerbrechen macht, »es ist das De-facto-IoT-Protokoll.«
Deshalb kann die Hardware auch schlanker und damit günstiger ausfallen: Es ist kein TCP/IP-Stack erforderlich, weniger Flash- und RAM-Speicher werden benötigt. Um diesen Service global anbieten zu können, benötigt Thingstream den Zugang in die Backbones der Provider. Hier kommt dem Startup zugute, dass es im Rahmen eines Projekts innerhalb der Schweizer Myriad-Gruppe, Hersteller von Software für die Telecom-Industrie, formiert und im vierten Quartal 2018 offiziell ausgegründet wurde. »Viele unserer Entwickler arbeiten schon seit 20 Jahren bei Myriad und haben entsprechend viel Erfahrung mit solchen Systemen. Zudem hat Myriad exzellente Beziehungen zu den Telekommunikationsunternehmen weltweit«, erläutert Bolliger.
So sei es überhaupt erst möglich gewesen, die Telekommunikationsunternehmen von dem Konzept so weit zu überzeugen, dass sie kooperiert hätten: »Wir dürfen USSD global nutzen, das ist der Trick.« Was muss der Anwender nun tun, um seine Geräte mithilfe von Thingstream tracken oder überwachen zu können? Er bekommt die SIM-Karte von Thingstream zugeschickt, steckt sie in ein Modem oder Gerät seiner Wahl ein und von da an ist der Tracker angemeldet. Die Daten werden dann im eigenen Thingstream-System über die Software in den Datenzentren der Provider transportiert. Weil alles im lizenzierten Spektrum abläuft, sei laut Philipp Bolliger bereits ein sehr hohes Maß an Sicherheit gegeben und keine weiteren Sicherheitsmaßnahmen erforderlich, auch wenn einige Kunden noch einmal eine weitere Verschlüsselung forderten, was aber auch keinerlei Problem darstelle.
Thingstream ist allerdings kein Hardware-Hersteller, sondern bietet lediglich Demonstratoren an, über die die Anwender schon einmal testen können, wo das System weltweit funktioniert und ob es ihre Anforderungen tatsächlich erfüllen kann. »Sobald sie festgestellt haben, dass es sicher funktioniert, haben wir einen neuen Kunden gewonnen«, freut sich Philipp Bolliger. Denn das sei bisher immer der Fall gewesen. Für die schnelle Entwicklung von Prototypen steht außerdem ein Starter-Kit zur Verfügung.
Sichere IIoT-Datenübertragung
Zielkunden von Thingstream sind große, global agierende Unternehmen aus der Industrie. »Viele sind derzeit in der Roll-out- oder Proof-of-Concept-Phase, wir haben gerade damit begonnen, Umsatz zu generieren«, erklärt Bolliger. »Dieses Jahr wird auf jeden Fall sehr aktiv werden.« Das Unternehmen wird die Partnernetze weiter ausbauen, etwa um Firmen wie Eurotech, die „Thingstream Ready“-Geräte mit integrierten SIM-Karten anbietet, und um Solution- und Technologie-Partner aus unterschiedlichen Sektoren, wie NXP (Chipsets) oder Cumulocity (IoT Platform).