Wie in der industriellen Produktion und Logistik verbreitet sich künstliche Intelligenz (KI) zunehmend auch in der Instandhaltung und Wartung. Doch was kann sie dort konkret leisten, wie kann sie die zuständigen Mitarbeiter unterstützen, und welche Anwendungen sind aus heutiger Sicht möglich?
Instandhaltung und Zuverlässigkeit in der Industrie befinden sich in einem schnellen Wandel. Anhaltende Probleme auf dem Arbeitsmarkt setzen in Kombination mit steigender Nachfrage und Problemen in der Lieferkette die Unternehmen unter einen noch nie dagewesenen Druck. Produktionsverantwortliche sehen sich immer stärker genötigt, mehr mit weniger zu erreichen.
Neue Technologien versprechen eine gewisse Erleichterung. Besonders der Vormarsch der KI birgt ein großes Potenzial für einen bedeutenden Wandel in der Fertigung.
KI birgt das Potenzial, die Produktivität zu steigern, Downtimes zu reduzieren und den Betrieb zu skalieren. Sie kann Teams helfen, schneller und intelligenter zu arbeiten, ist aber nur ein Teil eines größeren Ganzen. In der Instandhaltung verbreitet hat sie sich nicht durch Zufall, sondern als Antwort auf einige der Probleme, mit denen Wartungsteams seit Jahren konfrontiert sind.
In den letzten Jahren hat die Industrie IoT-Technologien und die vorausschauende Instandhaltung für sich entdeckt. Die Erschwinglichkeit von IoT-Sensoren in Kombination mit der Cloud-Technologie vereinfacht den Zugriff auf und die Analyse von Zustandsüberwachungsdaten. Mehr Sensoren sind jetzt mit mehr Ressourcen verbunden und liefern sofort Daten zur Analyse.
Das Herzstück eines vorausschauenden Instandhaltungsprogramms ist die Erfassung wichtiger Ressourcendaten und deren Überwachung über einen längeren Zeitraum hinweg, um neu auftretende Fehler zu erkennen. Schwingungen und Temperaturänderungen können aufkommende Probleme aufzeigen, die von den Instandhaltungsteams frühzeitig erkannt und behoben werden können, bevor sie zu einem Fehler werden.
Mehr Daten helfen dabei, Fehler besser vorherzusagen, sodass sie im Hinblick auf die Bereitstellung der richtigen Ressourcen und Ersatz- bzw. Austauschteile besser geplant werden können.
Mehr Daten stellen jedoch eine Herausforderung für die Mitarbeiter dar, weil mehr Ressourcen für die Analyse der Daten erforderlich sind. Wenn der Betrieb wächst und weitere Arbeitsplätze oder Ressourcen hinzukommen, steigt auch die Menge der Daten exponentiell an, sodass die zuständigen Teams sie irgendwann nicht mehr effektiv und umfassend analysieren kann.
Mit KI lassen sich Daten schneller als je zuvor verarbeiten. Sie durchsucht die Daten und gibt den Teams die Tools an die Hand, die sie benötigen, um die gesammelten Daten tatsächlich zu nutzen.
KI kann zudem mehr als nur Anomalien erkennen und deren Grundursache diagnostizieren. Sie kann auch analysieren und herausfinden, ob veränderte Schwingungswerte etwa von Motoren durch einen Lagerdefekt oder eine falsch ausgerichtete Welle verursacht werden.
Auf dieser Grundlage können Anlagenmanager fundierte Entscheidungen zur Zeitplanung treffen und herausfinden, ob ein Problem unbedeutend ist und die Produktivität nicht beeinträchtigen wird oder ob es zu einem Stillstand führen wird, wenn es nicht behoben wird. Die richtigen Daten zur Hand zu haben, ist also sehr hilfreich.
Bisher war es die Aufgabe von Schwingungsspezialisten, Daten zur Zustandsüberwachung von Motoren zu sammeln. Ihre Erfahrung ermöglichte es ihnen, oft schon am ungewöhnlichen Rasseln eines Motors oder anderen, subtilen Anzeichen akute oder potenzielle Fehler zu erkennen.
Dieses menschliche Fachwissen ist nach wie vor von unschätzbarem Wert. Immer komplexere Systeme in Verbindung mit Personalmangel führen jedoch zunehmend dazu, dass die Instandhaltungsteams nicht mehr alles allein am Laufen halten können. Ein durchschnittlicher Betrieb verfügt heute über mehr Assets als je zuvor bei einer gleichzeitig verringerten Zahl von Technikern.
Anlagenmanager sind oft für zahlreiche Standorte verantwortlich und können nicht alle Maschinen manuell überwachen. KI-gestützte Tools zur Zustandsüberwachung werden entscheidend dazu beitragen, ihre Fähigkeiten zu erweitern und an zunehmende Betriebsgrößen anzupassen.
KI kann durch verschiedene Lernverfahren Anomalien in Zustandsüberwachungsdaten erkennen. Eines dieser Verfahren besteht darin, manuell Schwellenwerte festzulegen, bei deren Überschreitung der Algorithmus einen Alarm ausgibt.
Die KI kann jedoch auch lernen, ihre Genauigkeit im Laufe der Zeit selbstständig zu verbessern, wenn sie mehr Daten aufnimmt. KI kann sich von selbst auf die spezifischen Bedürfnisse einer Ressource einstellen und dabei Unterschiede in den Vibrationscharakteristika oder den Wartungsanforderungen berücksichtigen.
Die Mustererkennungsfähigkeiten der KI ermöglichen es ihr, Maschinenfehler zu diagnostizieren und durch generative Verfahren effektiv mit menschlichen Instandhaltungsteams zu kommunizieren. Je mehr Daten die KI aufnimmt, desto effektiver kann sie die Grundursachen für Veränderungen in den Zustandsüberwachungsdaten diagnostizieren.
Der Algorithmus optimiert seine Diagnosefähigkeiten im Laufe der Zeit immer weiter. So kann eine KI eventuell auch dadurch selbstständig lernen, dass sie die Daten von Arbeitsaufträgen und die Reaktionszeiten der zuständigen Mitarbeiter untersucht.
Die Implementierung von KI sollte behutsam angegangen werden. Verantwortliche sollten mit einem Pilotprogramm, regelmäßigen Tests und der Auswertung von Mitarbeiter-Feedback beginnen. Es ist wichtig, gut definierte Benchmarks einzusetzen und sicherzustellen, dass alle Teammitglieder gleich gut über die Zielsetzungen informiert sind.
Sobald das Pilotprogramm abgeschlossen ist, sollten die Verantwortlichen ermitteln, was sich bewährt hat, und mit der Ausweitung des Programms beginnen. Betriebe, die sich noch nicht auf die vorausschauende Instandhaltung umgestellt haben, sind gut beraten, dies jetzt zu tun.
Das volle Potenzial der KI ist noch lange nicht ausgeschöpft, aber schon jetzt kann eine frühzeitige Einführung zu höherer Produktivität und Zuverlässigkeit sowie längerer Betriebszeit führen. Gleichzeitig lassen sich die Kosten niedrig halten und die wertvollen Ressourcen optimal nutzen. Die Beratung durch Experten auf diesem Gebiet kann auch helfen, Fallstricke und Unfälle zu vermeiden.
Der Autor:
Aaron Merkin ist Chief Technology Officer (CTO) bei Fluke Reliability.