In Deutschland dagegen investieren Staat und Wirtschaft zu wenig in Infrastruktur einschließlich Breitbandausbau, in Bildung sowie in Start-ups oder Forschungsvorhaben zum Thema Industrie 4.0. Zwar hat die Bundesregierung ein Investitionspaket geschnürt, das jedoch zu kurz greift. Weitere staatliche Initiativen – die leider viel zu spät kommen – zeigen, dass die Politik die Herausforderungen zwar verstanden hat, aber die notwendigen Impulse vermissen lässt.
Richten wir den Blick nach China: Für eine Studie über chinesische Patentaktivitäten im Bereich Industrie 4.0 hat das Fraunhofer Institut für Arbeitswirtschaft und Organisation 1700 Patentdokumente aus China analysiert. Es ging dabei um Erfindungen in den Bereichen drahtlose Sensornetze, Low-Cost-Roboter und Big Data. Das Ergebnis lässt die Forscher befürchten, dass chinesische Forscher künftig die Hoheit über Produktionsdaten bekommen könnten. Dies könnte die Vormachtstellung Chinas in der globalen Wirtschaft weiter beflügeln.
Die deutschen Großkonzerne haben sich noch am besten gegen ein drohendes digitales Desaster gewappnet. Beispielhaft seien Bosch als Weltmarktführer für Sensoren und SAP als führende Cloud-Company genannt. Doch es gibt auch im Mittelstand positive Beispiele und Leuchtturmprojekte, die sich vereinzelt auf den Weg in die neue Welt der Produktion gemacht haben. Als Hersteller von Anlagen, die Industrie 4.0 in den Fabriken erst ermöglichen, als Verarbeiter von Datenmassen oder als Erfinder neuer Geschäftsmodelle.
Noch immer erzeugen die Überwachung digitaler Datenwege durch die Geheimdienste und Hacker-Angriffe Skepsis in Bezug auf die Smart Factory oder die Cloud als Rückgrat und Intelligenz der gesamten Digitalisierung. Hohe Investitionskosten und Komplexität sind weitere Hindernisse, fehlende Anwendungsfälle und die unzureichende IKT-Infrastruktur werden weiter als Barriere angesehen. Anstatt hier auf staatliche Förderung zu hoffen, muss die Wirtschaft die Dinge selber in die Hand nehmen. Die Arbeit der Plattform Industrie 4.0 zeigt bislang keine brauchbaren Ergebnisse. Im Gegenteil: Deutschland hinkt heute mit seiner Industrie-4.0-Initiative dem Industrial Internet Consortium (IIC) der USA und Chinas ähnlichen Bestrebungen hinterher.
Gerade Familienunternehmen, die sich durch eine generationenübergreifende Planung auszeichnen, sollten dem Thema Industrie 4.0 offen gegenüberstehen und sich mit Pilotprojekten kontinuierlich herantasten. Eine weitsichtige Unternehmensplanung muss die Digitalisierung nicht nur einbeziehen, sondern zum Kern der künftigen Ausrichtung machen. Gleichzeitig gilt es, dass führende Unternehmen, die Industrie 4.0 erfolgreich praktizieren, ihre Zulieferketten an die neuen Technologien heranführen und kontinuierlich in Richtung Industrie 4.0 entwickeln. Nur dann kann die Lücke zu den digitalen Supermächten geschlossen werden.