Semikrons neu entwickelte Aufbau- und Verbindungstechnik verdoppelt in Leistungshalbleitermodulen die Stromdichte von bislang 1,5 auf 3 A/cm2. Neben der höheren Stromtragfähigkeit steigert die SKiN-Technologie die Lastwechselfestigkeit um den Faktor 10. Erste Produkte sind für den Herbst 2011 angekündigt.
Mit der SKiN-Technologie hat sich Semikron nicht weniger als das Ausmerzen des bisherigen schwächsten Gliedes in der Aufbau- und Verbindungstechnik zum Ziel gesetzt: die Bonddrähte. Die Ergebnisse sprechen für sich. Nach Angaben von Thomas Grasshoff, Head of Product Management bei Semikron, ermöglicht die SKiN-Technologie eine höhere Stromtragfähigkeit und eine zehnml höhere Lastwechselfestigkeit. In konventionellen Aufbauten mit limitierenden Bonddrähten war das bislang unmöglich.
Bei einer Temperatur von 70 °C bedeutet die Verbesserung der Lastwechselfestigkeit um den Faktor 10 eine Steigerung der Anzahl der Lastwechsel bis zum Ausfall von bislang 200.000 (Standard) auf zukünftig 2 Millionen. In der Praxis bedeutet diese Verbesserung eine zuverlässige Steigerung der Lebenserwartung solcher Systeme auf zukünftig 20 Jahre.
Seit über 25 Jahren stellt der Bonddraht die grundlegende Methode dar, um eine Verbindung zwischen der Chipoberseite und einem DCB-Trägermaterial herzustellen. In Folge des technologischen Fortschritts und der damit einher gehenden immer höheren Stromdichten limitierten Bonddrähte jedoch immer häufiger die geforderte Zuverlässigkeit. »Mit der SKiN-Technologie stellen wir eine Lösung für das größte in den letzten Jahren aufgetretene Bottleneck der Leistungselektronik vor«, unterstreicht Grasshoff die Bedeutung der vorgestellten Technologieentwicklung.
Im Rahmen der SKiN-Technologie ersetzt nun eine gesinterte Folie die Bonddrähte auf dem Chip, wobei die Chipunterseite ebenfalls auf das DCB gesintert wird. Auf diese Weise lassen sich die Chips sowohl thermisch als auch elektrisch optimal anbinden. Eine Sinterschicht weist einen geringeren thermischen Widerstand auf als eine Lötschicht. Durch die gesinterte Folie wird der Chip vollflächig angebunden, Bonddrähte ermöglichen das nur an den Kontaktstellen, wodurch bislang nur etwa 15 bis 20 Prozent der Chipfläche eine entsprechende Anbindung erfuhren.
Aufgrund der durchgängigen Sinterschicht auf der Chipoberfläche wird ein um 25 Prozent höherer Stoßstrom-Grenzwert im Vergleich zu Bonddraht-basierten Lösungen geboten - ein Aspekt, der vor allem für Dioden von großer Bedeutung ist. Durch ihre hohe Lastwechselfähigkeit ermöglicht die neue Verbindungstechnologie höhere Betriebstemperaturen. Damit lassen sich in Zukunft die Siliziumkarbid- und Galliumnitrid-eigenen hohen Sperrschichttemperaturen von 200 °C und mehr nun ohne die bisherigen Kompromisse nutzen.
SKiN-Technologie bedeutet jeoch, wie Grasshoff erläutert, dass Leistungshalbleitermodule in Zukunft nicht nur bonddrahtfrei realisiert werden können, sondern auch lot- und wärmeleitpastenfrei. Eine Sinterschicht ersetzt die Wärmeleitpaste und die gelötete Grundplatte. Wärmeleitpasten sind bislang für etwa 30 Prozent des thermischen Widerstands eines Gesamtsystems verantwortlich, hebt Grasshoff hervor. Die Sinterschicht verbessert die thermische Leitfähigkeit zwischen Chip und Kühlmedium.
Für den Anwender bedeutet das: Eine bessere Wärmeleitfähigkeit sorgt für eine effizientere Chipkühlung und ermöglicht bis zu 30 Prozent höhere Umrichterströme. Durch den Einsatz der SKiN-Technologie, so Grasshoff, »ist es erstmals möglich, einen 3-MW-Windumrichter in einem einzigen Schaltschrank unterzubringen«. Die kompakte Integration von Treiber, Schutzfunktionen, RC-Gliedern und Halbleitern in SKiN-Technologie erlaubt es, bei einem Frequenzumrichter mit 3 MW Ausgangsleistung und 2200 A pro Phase die benötigte Modulfläche von bislang 48 x 27 cm (1,5 A/cm2) auf 40 x 18 cm (3 A/cm2) zu verringern.
Ein Umrichter mit 90 kW Leistung für Elektro- und Hybridfahrzeuge ließe sich auf diese Weise um 35 Prozent kompakter als der kleinste bislang am Markt erhältliche Umrichter realisieren. Für Umrichter in Fahrzeugen und Windkraftanlagen kommen wassergekühlte Systeme zum Einsatz. Der Einsatz möglichst platzsparender und gewichtsreduzierter Umrichter würde Anwender in den verschiedensten Applikationsbereichen einen wesentlichen Wettbewerbsvorteil verschaffen.
So wurde in den Entwicklungsabteilungen der Semikron-Gruppe bereits ein 90-kW-Umrichter realisiert, der flüssiggekühlt nicht mehr als 5,5 l Raum einnimmt. IP6K9K-geschützt, bringt der Umrichter zudem nur 8,5 kg auf die Waage. Damit ist er deutlich kleiner als alle bislang von namhaften OEMs der Automotive-Branche gezeigten Umrichter. Semikrons Tochterfirma Vepoint wird bei der Realisierung entsprechender Lösung mit Magna E-Car Systems zusammenarbeiten. Erste Umrichterlösungen für Automobil-Lösungen, die SKiN-Technologie nutzen, kündigt Grasshoff bereits für den Herbst dieses Jahres an.
Für die Zukunft ist daran gedacht, Treiber, Schutzbeschaltung und Steuerung von oben auf der SKiN-Flexschicht eines Moduls zu platzieren. Diese Art von 3D-Integration bietet nach Grasshoffs Darstellung den Vorteil eines optimalen Schaltverhaltens dank minimaler Distanz zwischen Treiber und IGBT. Noch ist das allerdings Zukunftsmusik. Als Standardprodukte im Semikron-Katalog werden SKiN-Technologie-basierte Leistungselektronik-Module voraussichtlich ab 2013 auftauchen.