Geforderter Produktionsbonus ist schuld

Zerwürfnis in der Solarbranche: 1KOMMA5° verlässt BSW

9. Februar 2024, 12:38 Uhr | Kathrin Veigel
Neben 1KOMMA5° kritisieren zahlreiche weitere Solarunternehmen die BSW-Pläne mit Blick auf mögliche Monopole und Marktverzerrungen.
© 1KOMMA5°

Das europäische Cleantech-Start-up 1KOMMA5° hat den Austritt aus dem Bundesverband Solarwirtschaft (BSW) beschlossen. Das Unternehmen distanziert sich dadurch von der Linie des BSW mit Blick auf die Forderungen nach neuen, aggressiven Subventionen.

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Insbesondere die Forderung nach einem sogenannten Produktionsbonus für ausgewählte Hersteller im Privatkundensegment ist dem Start-up sauer aufgestoßen. 1KOMMA5° ist selbst Hersteller von Photovoltaik-Modulen und stellte einen Vorstand im BSW.

»Subventionen in dieser Form würden nur einzelnen Firmen kurzfristig helfen, während der nachhaltige Aufbau einer Solarmodul-Industrie in Deutschland sogar eingebremst werden würde. Der Bonus würde quasi zu einem Monopol einzelner Hersteller führen und gleichzeitig den Markt verzerren. Zudem würde der Produktionsbonus zusätzliche Kosten für Steuerzahler von geschätzt 700 Millionen Euro je Gigawatt Leistung bedeuten, während diese Leistung nur rund 10.000 Einfamilienhäusern entspricht«, sagt Philipp Schröder, CEO und Mitgründer von 1KOMMA5°. Auf EU-Ebene gibt es bereits eine Absage an diese Art von Förderung.

Produktionsbonus kommt in der Branche nicht gut an

Zahlreiche Unternehmen, darunter Solar-Installateure wie Enpal, Zolar oder EKD sowie Entwickler von Photovoltaik-Freiflächenanlagen und auch deutsche Hardware-Produzenten kritisieren ebenfalls die BSW-Pläne zum Produktionsbonus. In der Kritik stehen neben steigender Bürokratie vor allem die hohen Kosten für die Allgemeinheit, die zusätzlich zu bereits bestehenden Steuerbefreiungen, Subventionen und Resilienz-Maßnahmen der EU entstehen würden.

»1KOMMA5° möchte nicht Teil eines rückwärtsgewandten Verbandes sein, der aus unserer Sicht auf Kosten der Steuerzahler und des Industriestandortes Klientelpolitik für wenige Mitglieder betreibt. Die Branche braucht weniger Subventionen, nicht mehr«, ergänzt Schröder.

Der Vorschlag des Produktionsbonus ist so strukturiert, dass Wettbewerb und Innovation systematisch erschwert werden würden. »Dieser Bonus würde die Ansiedlung neuer Modul-Produzenten behindern, wenn diese beispielsweise noch auf einzelne Teile entlang der Wertschöpfung außerhalb Europas angewiesen sind. Die gesamte Wertschöpfungskette aus dem Stand abzubilden, ist für neue Produzenten in Europa faktisch und praktisch unmöglich. Der Bonus würde den Wettbewerb damit erheblich verzerren, da potenzielle neue europäische Modul-Produzenten in Konkurrenz mit einzelnen stark geförderten Anbietern stünden«, befürchtet Schröder. Auch 1KOMMA5° könne nicht in eine Modulproduktion in Deutschland investieren, wenn man während der Hochlaufphase bei Endkunden-Förderungen gegenüber dem Wettbewerb benachteiligt werde.

Neue Modulfabrik in in Deutschland steht auf der Kippe

Die Pläne zum Produktionsbonus stellen damit auch den geplanten Bau einer Solarmodul-Produktion von 1KOMMA5° in den neuen Bundesländern mit bis zu 1.000 Arbeitsplätzen in Frage. Geplant war dort eine Modul-Fertigung mit dem Grundstoff Polysilizium aus Deutschland, allerdings unter Rückgriff auf Komponenten der internationalen Wertschöpfungskette.

Der vom BSW geforderte Produktionsbonus zielt allerdings prozentual vor allem auf die Förderung einer kombinierten lokalen Zell-, Ingot- und Waferproduktion ab. Diese Komponenten gibt es wiederum in Europa zurzeit nicht in ausreichender Menge, um neue Fertigungen zu beliefern. Damit wären die Pläne hinfällig.


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