Mit Prozesswissen der IC-Fertigung

So erreichen Solarzellen höhere Effizienz

1. Juni 2012, 13:56 Uhr | Philip Pieters, Business Development Director Energy von Imec
Philip Pieters, Imec: »Die PV-Industrie, die Tool-Anbieter und die Forschungsinstitute müssen ihre Suche nach der bestmöglichen und kosteneffektivsten kristallinen Silizium-Solarzelle noch einmal neu starten.«
© Imec

Die Migration der langjährigen Prozess-Erfahrungen der Halbleiterindustrie auf die PV-Industrie könnte den Wirkungsgrad kristalliner Silizium-Solarzellen signifikant steigern.

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Natürlich kann man die Halbleiterprozesse in PV-Fertigungslinien nicht einfach kopieren. Sie müssen auf höheren Durchsatz und geringere Kosten adaptiert werden.

Das ist sicher eine Herausforderung. Aber auch eine Chance – für die Tool-Anbieter, wie für die PV-Hersteller selbst. Also sind Forschungsinstitute wie Imec ein geeigneter Ort, an dem sich beide Seiten treffen können, um die passenden Tools und Prozesse zu schaffen, die hoch effiziente großflächige Solarzellen ermöglichen.

Verdeutlichen wir diese Aussage mit einigen Beispielen. Erstens: Die Dotierungsprofile in Silizium-Solarzellen werden heute per Diffusion realisiert. Doch die Ionen-Implantation – eine Technik, die in der IC-Fertigung routinemäßig eingesetzt wird – verspricht eine wesentlich bessere Alternative zur Kontrolle der Dimensionen dieser Dotierungsprofile. Gleichzeitig eliminiert sie eine Reihe der heute gebräuchlichen Prozessschritte.

Dann ist da, zweitens, die Deposition einzelner Atomlagen: ein aussichtsreicher Kandidat zur Oberflächenpassivierung von c-Si-Solarzellen mit Al2O3. Die gegenwärtigen Passivierungsverfahren, die auf Dielektrika wie Silizium-Nitrid basieren, sind für Dünnschichtzellen (<180 µm) nicht geeignet. ALD-Konzepte für die Solarzellenindustrie sind in der Entwicklung. Sie sind schneller und kosteneffizienter als die ursprünglich zur Halbleiterfertigung entwickelten ALD-Verfahren. Eines davon ist ein ultra-schnelles ALD-Konzept auf der Grundlage räumlicher anstelle zeitlicher Separation. Dies zeigt deutlich, dass einige Player der Industrie den Einsatz der Halbleiter-Expertise in ihrem PV-Prozessfluss favorisieren.

Ein drittes Beispiel: Der Ersatz von Ag als Top-Kontaktmaterial durch das weniger knappe und billigere Cu. Statt des Siebdrucks mit Ag-Pasten wird Cu im Allgemeinen galvanisch aufgebracht. Das ist eine Technik, die in anderen Industriezweigen gut beherrscht wird. Die Verwendung von Ni in Kombination mit Cu schafft eine adäquate Barriere, die das Eindringen des Kupfers in das aktive Silizium verhindert. Die Mikroelektronik-Industrie hat in dieser Hinsicht eine Menge Erfahrungswissen angesammelt, seitdem das Silber vor etwa zehn Jahren durch Kupfer als Interconnect-Material ersetzt wurde. Aufbauend auf dem Erfahrungsschatz der Mikroelektronik mit der Kupfermetallisierung und dazu passenden Barrierematerialien, müsste es gelingen, in kurzer Zeit zuverlässige Lösungen für die Kupfermetallisierung von kristallinen Si-Solarzellen zu entwickeln.

Neben diesen drei aufgeführten Aspekten sind auch effektive Methoden zur Reinigung und für das Handling erforderlich, um die metallische Kontaminierung zu minimieren. Auf derselben Wunschliste stehen präzisere und kostengünstigere Methoden für das Patterning. Sie müssen den aktuellen, komplexeren Zellformaten und Anlagenkonzepten gerecht werden – wie dem verzahnten und rückseitig kontaktierten Zellen-Layout. Und natürlich ist auch die Vielzahl der für die Halbleiterindustrie entwickelten analytischen Tools und Verfahren äußerst relevant für die Entwicklung hoch effizienter kristalliner Silizium-Solarzellen der nächsten Generation.

Das alles verdeutlicht wohl, dass es eine Vielzahl von Techniken und großes Wissen gibt, die sich vorteilhaft zur Steigerung des Wirkungsgrades von Solarzellen nutzen lassen. Doch das ist nur der Ausgangspunkt. Die PV-Industrie, die Tool-Anbieter und die Forschungsinstitute müssen unter Einsatz des vorhandenen Halbleiter-Wissens ihre Suche nach der bestmöglichen und kosteneffektivsten kristallinen Silizium-Solarzelle noch einmal neu starten. Das ist genau das, was die Welt für eine grüne Zukunft braucht.

Philip Pieters, Imec: »Die PV-Industrie, die Tool-Anbieter und die Forschungsinstitute müssen ihre Suche nach der bestmöglichen und kosteneffektivsten kristallinen Silizium-Solarzelle noch einmal neu starten.«


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