Gibt es bereits Produkte bzw. Techniken, die im Rahmen der Energiewende entstanden sind und sich zu Exportschlagern entwickeln könnten?
Alf Henryk Wulf: Die HGÜ-Anbindungen der Off-Shore-Windparks werden nur in Deutschland so gebaut – das wird ein wichtiges Exportprodukt. Außerdem ist auch der Markt für Blindleistungskompensation dramatisch gewachsen. Ich könnte mir vorstellen, dass künftig auch GIS-Leitungen eine größere Rolle spielen, die ähnlich verlegt werden können wie Pipelines.
Außerdem setzen wir auf Hydrolyse für die Erzeugung von Wasserstoff, der dann zu Methan weiter verarbeitet wird. Wasserstoff eignet sich aus unserer Sicht nicht für die Einspeisung ins Erdgasnetz. Für den Einsatz in der Verkehrstechnik, gerade auch im Schienenbereich, könnte es jedoch sehr sinnvoll sein, auf reinen Wasserstoff zu setzen, falls sich Autos mit Brennstoffzellen durchsetzen werden.
Prof. Schnettler: Ich bin überzeugt, dass die Speichertechnologien ein sehr hohes Potenzial haben, aber nicht kurzfristig sondern mittel- und langfristig.
Wie lässt sich unter sich ändernden Bedingungen – etwa durch die weitere Steigerung des Anteils aus erneuerbaren Energien – ein komplexes Netz planen?
Prof. Schnettler: Das Netz muss robust und flexibel sein. Deshalb führen wir Simulationen durch, in denen wir verschiedene Szenarien berücksichtigen. Weil es sehr viele Szenarien gibt, ist dazu ein gewaltiger Rechenaufwand erforderlich. Das können wir mit der heute zugänglichen Rechenleistung in wenigen Tagen durchführen. Früher hätte das ein ganzes Jahr gedauert. Über die Simulationen können wir abschätzen, ob sich eine Investition in 5 bis 10 Jahren bezahlt macht.
Früher hatte sich die Energiebranche vor allem mit Hardware beschäftigt. Welche Rolle spielt die IKT heute und künftig für die Energietechnik?
Prof. Schnettler: Ohne leistungsfähige Software und Betriebssysteme wären die erzielten Fortschritte in der Energietechnik nicht möglich gewesen. Sei es in der Anwendung als Smart Grid oder in Verbindung mit leistungselektronischen Systemen – it´s all about software. In vielen Bereichen ist Deutschland sogar führend. Besonders dann, wenn es uns gelingt, eine Synergie zwischen Systemkompetenz und Hardwarekomponenten herzustellen.