Stadtwerke

Kundenbindung & Speicher: Top/ E-Mobility, Smart Grid & Meter: Flop

19. August 2015, 16:25 Uhr | Hagen Lang
Die Energiewende macht den Energieversorgern die alten Geschäftsmodelle kaputt. Was die neuen sein könnten, fragte E&Y und der BDEW jetzt bei dem Führungspersonal von 100 Stadtwerken ab.
© Siemens AG

Eine Studie der Unternehmensberatung Ernst & Young und des BDEW hat die Stadtwerke befragt, welcher Technologie und Maßnahme sie die größten wirtschaftlichen Erfolgsaussichten und die größte Innnovationskraft zumessen. Das Ergebnis widerspricht der medial vermittelten Meinung.

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Der Verfall der RWE-Aktie steht symptomatisch für die Auflösung der alten Geschäftsmodelle von Energieversorgern. Den Wandel spüren auch Stadtwerke, die nach neuen Geschäftsmodellen und Maßnahmen zur Kundenbindung suchen. Der Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) und die Ernst & Young GmbH Wirtschaftsprüfungsgesellschaft (E&Y) haben in ihrer diesjährigen Stadtwerke-Studie »Gewohnte Wege verlassen - Innovation in der Energiewirtschaft« die Vorstände und Geschäftsführer von 100 deutschen Versorgungsunternehmen aller Größenordnungen befragt, welche Maßnahmen und Technologien sie als wirtschaftlich aussichtsreich einschätzen. Geht man nach der Mehrheitsmeinung auf Konferenzen, bei technischen Verbänden und Medien, liegt das (wirtschaftliche) Heil in der schnellen Adaption innovativer, »smarter« Technologien. Die Leiter der Stadtwerke sind hier skeptischer.

Die Kundenbindung und –betreuung steht für die Manager an erster Stelle bei der Sicherung und dem Ausbau ihrer Geschäftsfelder. Ebenfalls an der Spitze der Agenda steht die Optimierung der Geschäftsprozesse, Absatz, Marketing und Kundenbetreuung sowie die Umsetzung IT-gestützter Prozesse. Die Dominanz dieser operativen, eher kurzfristig auf zwei bis drei Jahre gedachten Maßnahmen, geht einher mit einer Befürwortung einer diffusen »Innovationskultur« in den Unternehmen. Was das sein soll, weiß wohl niemand so richtig, denn ausgerechnet an das Umsatzpotential der neuen innovativen Technologien glauben die Stadtwerker fast durchweg nicht.

Ausgerechnet bei Smart Grids und Smart Metern, dem Lieblingsthema ingenieurtechnischer Verbände, Medien und Universitäten sehen die Stadtwerker keine wirtschaftlichen Erfolgsaussichten, genauer nur jedes vierte Unternehmen sieht den intelligenten Netzausbau als künftig erfolgversprechendes Geschäftsfeld und nur 24 Prozent sehen bei der intelligenten Verbrauchsverfassung über Smart Meter geschäftliche Erfolgsaussichten. Gleichwohl messen aber 37 Prozent der Befragtem dem Thema »Smart Metering/ Smart Grids/ Netzintegration« in den nächsten Jahren eine hohe oder starke Bedeutung zu.

Als etwas bedeutsamer stufen die Manager Energiewende-Themen wie den Ausbau der erneuerbaren Energien und die Steigerung der Energieeffizienz ein. Aber etwas »bedeutsam« finden, heißt nicht, an dessen wirtschaftlichen Erfolg zu glauben. Das trifft auch auf die Elektromobilität zu, in deren Umfeld immerhin die Hälfte aller befragten Unternehmen aktiv ist. Nur jedes sechste Unternehmen rechnet hier mit wirtschaftlichem Erfolg. Wie ist es zu bewerten, dass 73 Prozent der Unternehmen Speichertechnologien großes Innovationspotential bescheinigen, mehr als ein Drittel sogar in ihrem Umfeld aktiv sind, ihre wirtschaftlichen Erfolgsaussichten aber »vorsichtig« eingeschätzt werden?

Die erheblichen regulatorischen Vorgaben auf den Energiemärkten sehen die Manager zu 74 Prozent als größtes Hemmnis bei der Umsetzung neuer Geschäftsmodelle. Zwei Drittel der Manager halten Kooperationen mit anderen Unternehmen für (sehr) erfolgversprechend und erwarten sich dadurch neue Innovationen.

Helmut Edelmann, Director Utilities bei EY und Autor der Studie, resümiert: »Die Zeit drängt. Die Einnahmen in den klassischen Geschäftsfeldern schrumpfen und der Wettbewerb wird größer. Sowohl etablierte als auch neue Wettbewerber verschärfen die Gangart im Markt. Digitale Technologien gewinnen an Boden. Damit verändern sich Strukturen und Geschäftsprozesse. Dass die Einbußen auf der Einnahmeseite nur durch den Auf- und Ausbau neuer, junger Geschäftsfelder zu kompensieren sind, diese Erkenntnis hat sich schon auf breiter Front durchgesetzt.« Weil zudem der »Anteil des klassischen Haushaltstyps mit einem berechenbaren Standardlastgang zurückgeht«, so Edelmann und sich »auch bei den industriellen Abnehmern« die Unsicherheit erhöht, »brauchen die Stadtwerke in Zukunft eine höhere Flexibilität – nicht zuletzt in der technischen Ausstattung.«

Hildegard Müller, Vorsitzende der BDEW-Hauptgeschäftsführung sagt: »Nur diejenigen Unternehmen, die sich über neue Geschäftsmodelle, über Kooperationen und auch Auslagerungen von Tätigkeiten Gedanken machen, werden Treiber und nicht Getriebene ihrer unternehmerischen Entwicklung sein. Trends wie die Digitalisierung und eine dezentralere Energieerzeugung werden neue Kundenanforderungen und ein neues Verhältnis zwischen Verbrauchern und Unternehmen nach sich ziehen.«

Nur eines scheint sicher: Die Energie-Zukunft wird digital und IT-lastig.


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