Um das Beispiel des LT8330 weiterzuführen, zeigt Bild 12 eine Schaltung für die Wandlung einer Eingangsspannung von 12 V auf 48 V bei einem Laststrom von 150 mA.
Anhand der Simulation mit LTspice lässt sich Folgendes darstellen:
Nach der Simulation kann man sehen, wie sich der Schaltknoten verhält, um zu verstehen, welche Spannungen während einer Schaltperiode am Leistungsschalter anliegen. Fährt man in LTspice mit der Maus über den Schaltknoten, ändert sich der Cursor in eine rote Spannungsmesssonde, und durch Linksklick lässt sich das Verhalten des Schaltknotens im Wellenformbetrachter grafisch darstellen (Bild 13). Die Grafik entspricht der Drain-Spannung des internen Leistungs-MOSFETs.
Ist der MOSFET eingeschaltet, dann liegt die Drain-Spannung erwartungsgemäß nahe am Massepotenzial. Noch wichtiger jedoch ist, dass man sieht, dass während Toff, wenn der MOSFET ausgeschaltet ist, die Drain-Spannung der Ausgangsspannung zuzüglich eines Spannungsabfalls an der Diode ausgesetzt ist. Jetzt ist bekannt, welcher maximalen Spannung der MOSFET ausgesetzt ist. Bei einem Design mit externem MOSFET wäre ein Baustein mit einer Nennspannung von 60 V nötig.
Mit LTspice lassen sich zwei Messlinien aufrufen, die horizontal und vertikal wie bei einem Oszilloskop messen können. Um die Cursor aufzurufen, klickt man mit der linken Maustaste auf die Beschriftung V(sw) im Waveform Viewer. Der erste Klick bringt den ersten Cursor an die Messkurve an und der zweite Klick bringt den zweiten Cursor an dieselbe Messkurve an. Durch einen Rechtsklick auf das Label lassen sich auch die gewünschten Messlinien zu einer bestimmten Messkurve auswählen. Mit den Messlinien lässt sich die Einschaltdauer messen, die durch Ton pro Periode gegeben ist (Bild 14).
Demnach beträgt Ton etwa 373 ns. Der LT8330 verwendet eine feste Schaltfrequenz von 2 MHz, sodass die Periodendauer 500 ns beträgt. Daraus errechnet sich ein Tastverhältnis 0,746, und das ist nahe genug.
In LTspice gibt es die Möglichkeit, differenziell zu messen. Dazu bewegt man den Mauszeiger über den ersten zu messenden Punkt. Der Cursor färbt sich rot. Jetzt drückt man die linke Maustaste und hält sie fest. Der Cursor wird nun zu dem anderen Knoten gezogen, der gemessen werden soll. Der Mauszeiger färbt sich schwarz und man kann nun den schwarzen Cursor auf dem anderen Schaltungsknoten platzieren.
In Bild 15 wurden die Spannungen zwischen den Netzen »in« und »sw« gemessen. Dies ist die differenzielle Spannung an der Induktivität. Während Ton leitet der MOSFET, sodass auf die rechte Seite der Spule fast auf Massepotenzial liegt und auf der linken Seite Uin, daher liegt die Spannung während Ton bei 12 V. Während Toff ist der MOSFET ausgeschaltet und die Spule hat 48 V auf der rechten Seite und Uin immer links. Da die Tastkopf-Richtung zuerst auf dem »in«- und dann auf dem »sw«-Label steht, sieht man eine Spannung von –36 V. Aber ohne Berücksichtigung des Vorzeichens versteht man, dass sich die Spannung über der Spule zwischen 12 V, der Eingangsspannung, und 36 V (48 V – 12 V) hin und her pendelt.
Während Ton wird die Spule geladen, und man sieht eine positive Steigung der blauen IL1-Kurve (Bild 16). Der höchste Punkt dieser Steigung, Imax, wurde mit 0,847 A berechnet. Mit LTspice kann man sehen, dass der Spitzenstrom etwa 866 mA beträgt, was wiederum nahe genug liegt.
Den Spitzenstrom zu kennen, ist wichtig, um die Spule im Hinblick auf Nenn- und Sättigungsstrom korrekt auszuwählen. Der Nennstrom Irated bezieht sich eher darauf, wie viel Wärme erzeugt werden darf, während der Sättigungsstrom Isat wichtig für den Kurzschlussschutz ist. Die Strombegrenzung muss immer niedriger sein als Isat.
Es ist wichtig zu beachten, dass die Boost-Topologie, wie sie hier dargestellt ist, keine Strombegrenzung für die Spule oder Diode hat. Wenn der Schalter nicht verwendet wird oder das IC ausgeschaltet ist, gibt es einen direkten Pfad zwischen Ein- und Ausgang. Es gibt jedoch ICs, die zusätzliche Schutzfunktionen wie Ausgangsabschaltung beim Abschalten, Einschaltstrombegrenzung und mehr bieten (zum Beispiel die Bauteile LTC3122 und LTC3539).
Um den Wirkungsgrad zu verbessern, sind ein niedriger Gleichstromwiderstand DCR und niedrige Kernverluste erforderlich. Der Gleichstromwiderstand findet sich im Datenblatt der Spule, ist mit einer Toleranz behaftet und erhöht sich mit der Temperatur und. Die DC-Verluste lassen sich leicht aus Ieff² · DCR berechnen, während die AC- sowie die Kernverluste in Simulationen der Hersteller oder in anderen Dokumentationen enthalten sind. In LTspice gibt es die Möglichkeit, die Leistung zu integrieren, um zu verstehen, wie hoch der damit verbundene Leistungsverlust sein wird. Dazu ist es nötig, den DCR und alle anderen bekannten parasitären Parameter antzgeben, um die Genauigkeit der Berechnung zu erhöhen.
Bild 17 zeigt die simulierte differenzielle Spannung über der Diode Usw,out, sowie den Vorwärtsstrom durch die Diode ID1 und den Strom durch die Induktivität IL1. Ist der MOSFET eingeschaltet, hat die Anode der Diode ein Potential ähnlich Masse und die Kathodenspannung das Ausgangsspannungspotential über ihr, sodass die Diode in Sperrrichtung vorgespannt ist und die maximale Spannung an der Diode Uout beträgt.
Das erste Kriterium ist die Auswahl einer Diode, deren wiederkehrende Spitzensperrspannung (Vrrm, Maximum Peak Repetitive Reverse Voltage) höher als Uout ist. Der Spitzenstrom der Spulen fließt durch die Diode, sobald der MOSFET ausgeschaltet wird oder wenn Toff beginnt, sodass der Spitzenstrom durch die Diode gleich dem Spitzenstrom der Spule ist und dieser Spitzenstrom wiederholt fließt, wenn Toff beginnt. Das Datenblatt der Diode enthält einen Parameter namens IFRM, der sich wiederholende Spitzen-Durchlassstrom wird für eine bestimmte Zeitdauer und eine bestimmte Einschaltdauer angegeben. Der Wert dieses Parameters ist normalerweise höher als der durchschnittliche Strom der Diode.
Nach der Simulation lässt sich mit LTspice die jeweils angezeigte Wellenform integrieren. Wenn man einen Teil der Wellenform vergrößert, integriert LTspice nur den Abschnitt des Graphen, in den gezoomt wurde. Dadurch lässt sich der stationäre Teil des Graphen des Diodenstroms vergrößern, indem man mit der linken Maustaste klickt und den Bereich zieht, der für eine Integration interessant ist. Der Bereich wird dann integriert. Indem man mit dem Mauszeiger über den Namen des Graphen fährt, ändert sich der Cursor in ein Handsymbol und durch Halten der Taste STRG und ein Klick auf die linke Maustaste ruft man das Integrationsfenster des Wellenformbetrachters auf.
Bild 18 zeigt den Anteil des Diodenstroms im eingeschwungenen Zustand und das Integrationsfenster der gezoomten Wellenform. Die angezeigte Information ist der durchschnittliche Strom durch die Diode, der dem Ausgangsstrom von 150 mA entspricht. IF(av), der maximale durchschnittliche Vorwärtsstrom in Dioden-Datenblättern gibt an, wie hoch der maximal zulässige durchschnittliche Vorwärtsstrom ist, während die Gehäusetemperatur auf einem bestimmten Wert gehalten wird.
Aus der Simulation lässt sich auch die Verlustleistung der Diode bestimmen. Im Datenblatt für die Diode sind die Gesamtleistung Ptot bei +25 °C und der thermische Widerstand zwischen Sperrschicht und Umgebung Rth spezifiziert. Mit LTspice lässt sich die Verlustleistung in der Diode im Wellenformbetrachter anzeigen, indem man mit dem Mauszeiger über das Bauteil fährt. In diesem Fall ändert sich der Mauszeiger in eine Strommesssonde. Hält man nun die ALT-Taste gedrückt, ändert sich der Mauszeiger in ein Thermometer, und ein Linksklick mit der Maus zeigt die simulierte Verlustleistung an der Diode an (Bild 19). Zoomt man in den stationären Betriebszustand hinein und integriert die Wellenform nach dem gleichen Verfahren, wie es für die Integration des Diodenstroms beschrieben ist, kann man das Ergebnis für die Verlustleistung bestimmen, die sich aus der dem Produkt aus Vorwärtsspannung und dem Strom durch die Diode zusammensetzt.
Die Diode hat eine parasitäre Kapazität Cd, die sich auflädt, wenn ein Strom durch sie fließt. Die darin gespeicherte Ladung muss entladen werden, wenn die Diode sperren soll (Reverse Recovery; Bild 20). Da diese gedämpfte Ladung einen Leistungsverlust darstellt, wird empfohlen, einen niedrigen Kapazitätswert zu wählen. Der Kapazitätswert ändert sich mit der Sperrspannung der Diode, und aus einer Kurve sollte die Änderung im Datenblatt der Diode ersichtlich sein. Wählt man eine Diode aus der LTspice-Datenbank aus, sucht man nach Cjo als Kapazitätsparameter. Eine Diode mit geringerer Kapazität senkt die Anforderungen an den maximalen Sperrerholungsstrom und erhöht den Wirkungsgrad.
Bei der Auswahl eines Boost-ICs sollte man, ausgehend von der gewünschten Ausgangsspannung und Strombelastung zum Eingang, entsprechend der Leistung und des Wirkungsgrads rückwärtsgehen, um die Höhe der Durchschnitts- und Spitzenwerte des Eingangsstroms zu bestimmen.
Der durchschnittliche Strom durch die Induktivität ist bei einem Hochsetzsteller höher als der Laststrom, wodurch sich die Auswahl des IC zu der Auswahl bei einem Tiefsetzsteller unterscheidet. LTspice eignet sich dafür, zu verstehen, welche Spannungen und Ströme an den externen Komponenten für Spitzen- als auch für Durchschnittswerte vorhanden sind. Das Tool kann bei der Auswahl der benötigten externen Bauteile helfen.