Vom Elektrolyt- zum Folienkondensator

»Nur sehr limitiert einsetzbar«

15. Juli 2019, 9:03 Uhr | Engelbert Hopf

Fortsetzung des Artikels von Teil 2

"...für die Hutschiene noch zu teuer."

Steffen Heinrich, MTM Power Messtechnik
Steffen Heinrich, MTM Power Messtechnik: »Aus dem Interview geht nicht hervor, warum die vorgestellte Technologie in verschiedenen Arbeitspunkten gleiche oder gar bessere Eigenschaften liefert als ein Gerät, welches für den jeweiligen Arbeitspunkt optimiert wurde.«
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Dr. Werner Wölfle, Project Engineer bei Traco Electric, verweist auf Folgendes: »Ohne dass Details zu der vorgestellten Schaltung bekannt gegeben sind, wird eine Verkleinerung der Filterkapazität offensichtlich dadurch erreicht, dass die Energie auf einem sehr hohen Spannungsniveau gespeichert wird, wobei hohe Spannungsschwankungen in Kauf genommen werden, was aber erlaubt, die Kapazitäten klein zu halten. Die Ausgangsspannung wird in diesem Konzept offensichtlich noch innerhalb des Schaltzyklus nachgeregelt, was im Prinzip wieder auf eine Erhöhung der Schaltfrequenz hinausläuft.«

Dr. Wölfle weist darauf hin, »dass Folienkondensatoren generell bei höheren Schaltfrequenzen interessanter werden, jedoch kann diese nicht soweit erhöht werden, dass ein Faktor 10 bis 50 bezüglich des Volumens ausgeglichen werden kann«. Sein Fazit: »Preis und Volumen von Elkos sind von Folienkondensatoren nicht zu schlagen!« Als Kritikpunkt weist Dr. Wölfle darauf hin, dass das Modulationsverfahren die effektive Schaltfrequenz erhöht; das würde zwangsläufig zu einer Reduzierung des Wirkungsgrades führen oder die Kosten für das Netzteil erhöhen.

Auch Kai Heinemann, Geschäftsleiter Entwicklung und Produktmanagement bei Block Transformatoren-Elektronik, sieht den neuen Ansatz als für die Hutschiene noch zu teuer an. »Die Anforderungen an die Lebensdauer unter den Bedingungen im Schaltschrank können moderne Stromversorgungen mit klassischen Elkos erfüllen.« Für ihn bietet der neue Ansatz zumindest eine Alternative. »Er eignet sich für Spezialanwendungen mit höheren Anforderungen an die Lebensdauer und Umgebungen mit Temperaturen über +70 °C.«

Nach seiner Einschätzung eignet sich die dargestellte Topologie zunächst für einphasige Stromversorgungen kleiner Leistung. Für ein- und dreiphasige Stromversorgungen mit größerer Leistung müsse noch eine digital geregelte, aktive PFC integriert werden. Auch er sieht aber das Problem, dass durch die geringe Energiedichte der Folienkondensatoren im Vergleich zu Elkos das Volumen der Stromversorgung vergrößert wird.

Stefan Heinrich, Geschäftsleiter Technik bei MTM Power, hält wenig von dem in dem Interview auch propagierten „One size fits all“-Ansatz, den das neue Konzept ermöglichen soll. »Über die komplette Palette einer Produktfamilie muss man die Grenzbedingungen höchster Strom und höchste Spannung bei der Dimensionierung aller im Kreis befindlichen Bauteile berücksichtigen. Das führt in der Regel zu einer Verteuerung des Gesamtgeräts.« Zudem zeigt das Interview mit Dr. Heidinger für ihn nicht auf, warum der neue Ansatz in verschiedenen Arbeitspunkten gleiche oder gar bessere Eigenschaften liefert als ein Gerät, welches für den jeweiligen Arbeitspunkt optimiert wurde. Wie die Mehrheit der Befragten schätzt auch Heinrich den Einsatz digitaler Regler in Netzgeräten, wie sie das Interview propagiert, wirtschaftlich nur sinnvoll bei Ausgangsleistungen oberhalb von 500 W.

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Reinhard Kalfhaus, Syko
Reinhard Kalfhaus, Syko: »Wenn nicht anderweitig dem Zwischenkreis Energie zugeführt wird, hilft ein Folienkondensator nicht. Ein- und Dreiphasensysteme benötigen Energiespeicherung im ms-Bereich, DC-Hochfrequenzkreise im µs-Bereich.«
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