Wearables mit Strom zu versorgen, ist eine komplexe Herausforderung. Batterien haben da gewisse Nachteile. Nun hat ein Team am California Institute of Technology eine elektronische Haut entwickelt, die den benötigten Strom aus dem Schweiß generiert.
Unsere Haut vermittelt eine Menge über uns. Mütter legen ihre Hand auf unsere Stirn, um zu sehen, ob wir Fieber haben. Bei einem Date kann es vorkommen, dass unsere Wangen erröten. Und im Fitness-Studio können die Leute an ihren Schweißperlen ablesen, dass intensiv trainieren.
Aber Wei Gao, Assistenzprofessor am Andrew and Peggy Cherng Department of Medical Engineering des Caltech, möchte noch mehr über unsere Haut erfahren. Zu diesem Zweck hat er eine elektronische Haut entwickelt, die direkt auf der echten Haut aufgetragen wird. In die aus weichem, flexiblem Gummi hergestellte elektronische Haut lassen sich Sensoren einbetten, die Informationen wie Herzfrequenz, Körpertemperatur, Blutzuckerspiegel und Stoffwechselprodukte überwachen. Diese geben Aufschluss über den Gesundheitszustand und sogar über die Nervensignale, die unsere Muskeln steuern. Das Gerät benötigt dazu keine Batterie, da es mit Biobrennstoffzellen betrieben wird, die von einem körpereigenen Abfallprodukt gespeist werden.
»Eine der größten Herausforderungen bei dieser Art von tragbaren Geräten liegt bei der Stromversorgung«, erläutert Gao. »Viele benutzen Batterien, aber das ist nicht sehr nachhaltig. Einige haben versucht, Solarzellen zu verwenden oder die Kraft der menschlichen Bewegung zu nutzen, aber wir wollten wissen: Können wir aus dem Schweiß genügend Energie gewinnen, um Wearables zu betreiben? Und die Antwort ist ja.«
Schweiß enthält sehr viel Laktat, eine Verbindung, die ein Nebenprodukt des normalen Stoffwechsels ist, vor allem in den Muskeln während des Trainings. Die in die elektronische Haut eingebauten Brennstoffzellen absorbieren dieses Laktat und verbinden es mit Sauerstoff aus der Atmosphäre, wobei Wasser und Pyruvat, ein weiteres Nebenprodukt des Stoffwechsels, entstehen. Während ihres Betriebs erzeugen die Biobrennstoffzellen genügend Strom, um Sensoren und ein Bluetooth-Funksystem mit Strom zu versorgen. Dadurch kann die elektronische Haut die Messwerte ihrer Sensoren drahtlos übertragen.
Bluetooth statt NFC
»Auch wenn die Nahfeldkommunikation ein üblicher Ansatz für viele batterielose E-Haut-Systeme ist, eignet sie sich nur für die Energieübertragung und das Auslesen von Daten über sehr kurze Entfernungen«, betont Gao. »Die Bluetooth-Kommunikation benötigt zwar mehr Strom, ist aber ein attraktiverer Ansatz mit erweiterter Konnektivität für praxisgerechte medizinische und robotische Anwendungen.«
Die Entwicklung einer Stromquelle, die mit Schweiß betrieben werden kann, war nicht die einzige Herausforderung bei der Herstellung der elektronischen Haut, berichtet Gao. Sie musste auch über eine lange Lebensdauer mit hoher Leistungsintensität bei minimaler Beeinträchtigung funktionieren. Die Biobrennstoffzellen bestehen aus Kohlenstoff-Nanoröhren, die mit einem Platin-Kobalt-Katalysator imprägniert sind, und einem Verbundgewebe mit einem Enzym, das Laktat abbaut. Über mehrere Tage können sie kontinuierlich und stabil Leistung (bis zu mehreren Milliwatt pro Quadratzentimeter) im menschlichen Schweiß erbringen.
Laut Gao ist geplant, eine Vielzahl von Sensoren zu entwickeln, die in die elektronische Haut eingebettet werden können, sodass sie sich vielseitig einsetzen lässt. »Wir wollen, dass dieses System eine Plattform ist«, fügt er hinzu. »Dies kann nicht nur ein tragbarer Biosensor sein, sondern auch eine Mensch-Maschine-Schnittstelle. Die mit dieser Plattform gesammelten Vitalparameter und molekularen Informationen könnten dazu verwendet werden, Prothesen der nächsten Generation zu entwerfen und zu optimieren.«
Originalpublikation
You Yu, et al.: Biofuel-powered soft electronic skin with multiplexed and wireless sensing for human-machine interfaces, Science Robotics 22 Apr 2020: Vol. 5, Issue 41, eaaz7946, DOI: 10.1126/scirobotics.aaz7946