Interview mit Raphael Eckert, Yuasa

»Windenergie nur zu speichern ist oft nicht sinnvoll«

7. Oktober 2015, 16:07 Uhr | Andrea Gillhuber
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Fortsetzung des Artikels von Teil 1

»Lithium works where lead-acid doesn’t«

Elektronik: Gibt es ein Kraftwerks-Szenario, in dem Lithium-Ionen-Batterien die bessere Wahl wären?

Eckert: Wie gesagt, die Anforderung entscheidet. Unsere Muttergesellschaft GS Yuasa hat in Chile ein Kraftwerks-/Energiespeichersystem auf Lithium-Ionen-Basis realisiert. Das Kraftwerk musste so ausgelegt werden, dass auch außerordentliche Lastspitzen abgedeckt werden können. Zur Abdeckung dieser Spitzenlasten hat man sich für einen Lithium-Ionen-Akku entschieden, der deutlich wirtschaftlicher ist, als das Kraftwerk insgesamt höher auszulegen. Technische Details kann ich Ihnen leider nicht nennen.

Wir haben sogar einen Spruch zu diesem Thema: „Lithium works where lead-acid doesn’t“. Bei Projekten, in denen eine sehr hohe Ladeakzeptanz, sehr kurze Autonomien bei sehr hohen Entladeströmen gefordert sind und extreme Temperaturen vorherrschen, kann Lithium die bessere Variante sein. Dann ist auch der Kunde geneigt, die höheren Kosten zu tragen.

Zusammengefasst: Lithium-Ionen-Akkus setzen wir dann ein, wenn wir mit Blei-Säure-Akkus aus technischer Sicht an die Grenzen stoßen.

Elektronik: Auf der Hannover-Messe hat Yuasa mit der LIM40E 13 eine Lithium-Ionen-Batterie mit 10.000 Zyklen (Entladetiefe (DoD) von 40 %) vorgestellt. Ein Hauptanwendungsfeld ist die Telekommunikation.

Eckert: In der Telekommunikation kommen unsere Lithium-Ionen-Batterien zum Puffern von Mobilfunkmasten zum Einsatz. Wir bewegen uns hier in strukturschwachen Regionen wie Afghanistan, Myanmar oder Pakistan, in denen Stromausfälle verschiedener Art an der Tagesordnung sind.

In der Regel werden solche Anlagen mit Blei-Säure-Batterien in Verbindung mit einem Dieselgenerator gepuffert, allerdings hat dieses Verfahren einige Nachteile: Erstens muss jemand vor Ort sein, um den Dieselgenerator zu überwachen; sowohl der Treibstoff als auch der Generator selbst werden häufig gestohlen. Außerdem muss der Generator mit Diesel betankt und instand gehalten werden. Die Batterie benötigt man in dieser Situation, um die Zeit bis zum Anspringen des Dieselgenerators zu überbrücken. Läuft der Generator, kann sich die Batterie regenerieren, um entsprechend im nächsten Fall die Pufferung zu übernehmen. Wir konnten zeigen, dass ein Lithium-Ionen-Batteriesystem in einem solchen Fall sowohl die Blei-Säure-Batterie als auch den Dieselgenerator ersetzen kann. Das heißt, das System wird kompakter und lässt sich so auch besser sichern. Außerdem ist keine Person mehr vor Ort erforderlich, die sich um Wartung und Instandhaltung kümmert. Zwar bedeutet der Einsatz von Lithium-Ionen-Batterien eine höhere Investition, aber die TCO, sprich: die Total Cost of Ownership, ist über die Zeit gerechnet günstiger als bei einem Batterie/Dieselgenerator. Der Break-Even ist bereits nach ein bis zwei Jahren erreicht. Zusammengefasst: Die Einstiegspreise sind im Fall von Lithium-Ionen-Akkus höher, nach dem Break-Even lässt sich das System allerdings wirtschaftlicher betreiben.

Elektronik: Sie sprachen gerade von Ländern wie Afghanistan und Pakistan. Diese Länder sind ja auch eine klimatische Herausforderung. Wie sieht das Temperaturmanagement aus?

Eckert: Gerade in diesen Ländern spielt die Temperatur eine wichtige Rolle. Hier hat die Lithium-Ionen-Batterie einen Vorteil: Die Zelle, die wir in diesem System verbaut haben, kann zwischen –20 °C und +50 °C betrieben und bei –30 °C bis +60 °C gelagert werden. Die Temperaturüberwachung der Zellen übernimmt das Batteriemanagementsystem.

Elektronik: Neben den Batterien spielt die Ladeelektronik eine große Rolle. Entwickeln Sie diese selbst oder holen Sie sich passende Partner ins Boot?

Eckert: GS Yuasa verkauft keine einzelnen Lithium-Ionen-Zellen. Eine Batterie wird nur als Bestandteil eines Moduls verkauft, d.h. nur inklusive des entsprechenden Batteriemanagementsystems und der Ladeelektronik.

Elektronik: Mit AEG Power Solutions hat Yuasa ein Nachrüst-Kit für USV-Anlagen entwickelt. Wie gestaltet sich hier die Zusammenarbeit genau? Ist ein Umbauen des Batteriesystems notwendig?

Eckert: Diese Kits kommen bei Mikro- und Mini-USV-Systemen zum Einsatz. Im Normalfall muss bei einem Batterietausch jede einzelne Batterie entnommen und die neuen Batterien wieder einzeln installiert werden. In der Regel ist hier ein Techniker notwendig, der den Austausch vornimmt. Unser System ist ein Plug&Play-System. Das heißt, eine Verkabelung der einzelnen Batterien ist nicht mehr notwendig. Die Batterieeinheit wird als Ganzes getauscht. Das spart Zeit und Geld.

Elektronik: Welche Trends sehen Sie in den nächsten Jahren aufkommen?

Eckert: Die Abkopplung von netzgespeisten Geräten wird sicherlich weiter voranschreiten. Der Mensch hat es gerne bequem und möchte weder Stecker noch Kabel, sei es nun im handwerklichen Bereich, im Garten oder bei sonstigen mobilen Geräten.

Elektronik: Welche Pläne hat Yuasa für die nächsten fünf Jahre?

Eckert: Der Bleimarkt expandiert nach wie vor – trotz des massiven Wettbewerbsdrucks und trotz anderer Technologien. Aber Lithium-Ionen-Akkus sind für uns ein strategisches Produkt. Fakt ist, Lithium-Ionen-Batterien werden günstiger und ihre Anwendungsfelder mannigfaltiger.

Ich denke in Bezug auf diese Entwicklung an die 1980er und 90er Jahre: Zink-Kohle-Zellen waren die ganz normalen Haushaltsbatterien und für Taschenlampen etc. völlig ausreichend. Alkaline-Batterien waren noch relativ teuer und wurden für einige Geräte wie Kassetten-Rekorder, sprich: für alles, was motorisch betrieben war, gebraucht. Nach und nach wurde Zink/Kohle durch Alkaline ersetzt, ob notwendig oder nicht. Dieser Technologieumbruch findet in Bezug auf Lithium bereits heute schon statt. Gerade im Bereich der Mobilität und des elektrischen Antriebes wird die Lithium-Ionen-Batterie immer mehr Terrain erobern. Daher beobachten wir den Markt sehr genau, um auf diese Veränderungen vorbereitet zu sein.ag

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Raphael Eckert

 

ist seit 2008 als Group Sales Manager bei Yuasa Battery Europe GmbH beschäftigt. Nach kaufmännischer Ausbildung, Diplom an der FH Mainz und Master an der South Bank University London war er bis 2008 ebenfalls in leitenden Positionen in führenden Industrieunternehmen tätig.

Der Interviewte



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