Cree hat den Durchmesser von Siliziumkarbid-Substraten von 100 mm auf 150 mm erhöht - mit Micropipe-Dichten von weniger als 10/cm². Wie wurde das gemacht?
Kierstead: Der Produktionsprozess ist über meinem technischen Verständnis. Im Allgemeinen ist der Unterschied zwischen Silizium und Siliziumkarbid der, dass Silizium geschmolzen wird und aus dem Silizium-Einguss der Wafer entsteht. Der Prozess ist relativ einfach und findet bei vergleichsweise niedrigen Temperaturen statt. Da Siliziumkarbid nahe am Diamanten liegt, kann dieser Produktionsprozess hier nicht verwendet werden. Man muss ein Rekondensat aus verschiedenen Siliziumkarbid-Materialien auf einem Keimkristall herstellen. Es ist ein Prozess, der unter unverstellbar hohen Temperaturen unter verschiedenen Atmosphären und Drücken stattfindet. Aber wie der Prozess wirklich abläuft, das wissen nur sehr wenige Leute bei Cree.
Wird Siliziumkarbid ein Massengeschäft?
Kierstead: Das ist eine gute Frage. Siliziumkarbid wird die Kosten von Silizium nie unterschreiten. Es ist vielschichtiger: Siliziumkarbid hat viel bessere Leistungsmerkmale als Silizium. Allein aufgrund der Materialqualität lassen sich mit Siliziumkarbid höhere Leistungsdichten realisieren. Das heißt, bei derselben Spannung und Stromstärke kann man eine viel kleinere Diode einsetzen als dies mit Silizium der Fall wäre. So schließt sich die Kostenlücke über die Leistung wieder.
Betrachtet man die Einschränkungen in Hochspannungs-Applika-tionen mit Silizium: Das Produkt ist stark verlustbehaftet, vor allem bei Schaltungen. Außerdem ist die Frequenz stark begrenzt - auch durch die Hitzeentwicklung. Wird jedoch die Frequenz maßgeblich erhöht, können magnetische Komponenten, Kondensatoren und EMI-Filter, die für den Systemlauf benötigt werden, verkleinert werden. Die Systemkosten sinken. Ein weiterer Vorteil liegt in der Temperaturbeständigkeit: Siliziumkarbid kann höhere Temperaturen als Silizium bewältigen.
Von welchen Temperaturen ist hier die Rede?
Kierstead: Gewöhnlich sind Bauteile aus Silizium auf 125 °C beschränkt. Einige Ausnahmen können auch etwas mehr bewältigen. Siliziumkarbid-Bauteile sind jedoch im Bereich von 175 °C angesiedelt - allerdings nur aufgrund der Plastik-Gehäuse. Wir arbeiten gerade an neuen Gehäusen, so dass auch Temperaturen von mehr als 200 °C kein Hindernis mehr darstellen. Der Vorteil: Der Anwender kann beim Kühlsystem sparen.
Wie sieht die Roadmap für Siliziumkarbid bis 2015 aus?
Kierstead: Bis zum Jahr 2015 wird das Hauptaugenmerk sicher auf Schaltern liegen. Im Moment kommt der Erlös im Siliziumkarbid-Bereich noch aus dem Bereich der Dioden. Aber um wirklich gute Ergebnisse zu erzielen, benötigt man Schalter. Außerdem werden wir die Entwicklung von MOSFETs vorantreiben: Zuerst werden wir einen DMOSFET mit 1200 Volt, später einen mit 1700 Volt auf den Markt bringen. Sieht man über 2012 hinaus, ist der nächste Schritt ein Siliziumkarbid-MOSFET mit 3,3 kV; die Serie wird sich über den ganzen Bereich bis zu 10-kV-Versionen erstrecken. Die Roadmap sieht also größere und leistungsstärkere Produkte im Bereich der Schalter und Dioden vor.
Wie wird sich Galliumnitrid weiterentwickeln?
Kierstead: Ich denke, Galliumnitrid wird sich ähnlich im Bereich von Schaltern und Dioden entwickeln, allerdings im niedrigeren Spannungsbereich von 20 bis 400 Volt. Ich weiß, dass mit Galliumnitrid der Bereich um 600 V angesteuert wird, aber ich denke, Siliziumkarbid ist in diesem Bereich bereits besser.