Sichere optische Datenkommunikation

Quantenkryptografie meets LiFi

12. April 2023, 10:30 Uhr | Nicole Wörner
Skizze für eine mögliche Netzwerktopologie.
© Fraunhofer IPMS

Die Quantentechnologie eröffnet viele neue Anwendungen. Aber sie birgt auch Risiken. So könnten Quantencomputer dank ihrer enormen Rechenleistung selbst modernste Datenverschlüsselungsverfahren aushebeln. Ein neuer Ansatz zur sicheren optischen Datenübertragung soll diesem Szenario zuvorkommen.

Mit der Quantentechnologie stehen in vielen technischen Bereichen die nächsten großen Innovationssprünge bevor. Neben Quantencomputern, Quantenbildgebung und Quantenuhren stehen vor allem die Quantenkommunikation und die Quantenverschlüsselung für eine sichere und private Datenkommunikation im Fokus der Entwicklungen.

Dabei sollen klassische Verschlüsselungsansätze, die auf rechnerischer Komplexität beruhen, durch neuartige Quantenschlüsselverteilungsansätze in Kombination mit Post-Quanten-Kryptografie ersetzt werden. Diese Art von Kodierung kann selbst mit beliebig viel Zeit und Rechenleistung nicht geknackt werden. Da die existierende Kryptografie bereits in naher Zukunft durch die immer größere Rechenleistung von Quantencomputern bedroht ist, müssen rechtzeitig Lösungsansätze her, um einer unsicheren Übergangszeit vorzubeugen.

Die bisherige Forschung konzentrierte sich auf eine sichere Datenkommunikation über weite Strecken für Anwendungen in der globalen Dateninfrastruktur, zur Vernetzung von behördlichen oder militärischen Einrichtungen oder zum Informationsaustausch mit Satelliten. Die Verbindungen zum Endnutzer auf dem letzten Kilometer werden bislang jedoch noch immer mit den klassischen Technologien bedient und sind damit weiterhin angreifbar. Um dies zukünftig zu verhindern, wurde das Projekt »QuINSiDa – Quantenbasierte Infrastruktur Netze für Sicherheitskritische drahtlose Datenkommunikation« ins Leben gerufen.

Verknüpfung von LiFi und Quantenkryptografie

Mit der LiFi-Technologie können sich Nutzer über kurze Distanzen mittels optischer Signale miteinander vernetzen. Im Vergleich zur bekannten WiFi-Technologie, die auf Funkwellen basiert, durchdringen die optischen Signale keine Wände und können so auf einen definierten Bereich ausgelegt werden. Damit erlaubt LiFi die volle Ausnutzung der verfügbaren spektralen Datenbandbreite in diesem Bereich ohne Störungen von außen.

Unabhängig davon wird die neuartige Technologie der Quantenkryptografie weltweit vorangetrieben. Im Speziellen geht es hier um die Quantenschlüsselverteilung (engl.: Quantum Key Distribution, QKD), die es ermöglicht, einen kryptografischen Schlüssel zu verteilen, dessen Sicherheit informationstheoretisch bewiesen werden kann. Dies steht in Kontrast zu bestehenden kryptografischen Verfahren, deren Sicherheit auf rechnerischer Komplexität beruht und durch aufkommende Quantencomputer gefährdet wird.

Erstmals „QKD over LiFi“

Bei der Quantenschlüsselverteilung werden beim Erzeugen der Schlüssel Quantenzustände in Form von Licht präpariert und zwischen den Teilnehmern im Netzwerk ausgetauscht. Beim Empfang der Quantenzustände werden diese gemessen und nachbearbeitet, so dass auf beiden Seiten identische, aber gegenüber einem Angreifer geheime Schlüssel entstehen. Das Vorhaben QuINSiDa kombiniert erstmals beide Technologien zu einem “QKD over LiFi“-System. Dies ermöglicht es, die bisher typischerweise eher im Gebäude-zu-Gebäude-Szenario angedachte QKD auch bis zum Endnutzer zu tragen.

»Intention des Projekts ist die Demonstration eines quantenbasierten Datenkommunikationsnetzwerks, das drahtlos und flexibel mehrere Endnutzer an eine sichere Backbone-Infrastruktur anschließt oder das separat als sicheres Campus-Netzwerk eingesetzt werden kann«, sagt Imran Khan, Managing Director der KEEQuant GmbH. Dabei soll unter Nutzung eines flexiblen drahtlosen Datenkommunikationsnetzwerks im Punkt-zu-Multipunkt -Szenario eine gleichzeitige Absicherung der einzelnen Kommunikationskanäle auf Basis von Quantenschlüsseln gewährleistet werden.

Die Nutzung eines optischen Kommunikationsnetzwerkes bietet im Gegensatz zu funkbasierten Ansätzen den Vorteil, dass jeder Teilnehmer, der sich im optisch drahtlosen Kommunikationskanal (LiFi-Kanal) anmeldet, auch für den Quantenkanal sichtbar ist. Damit ist sichergestellt, dass es auch zu einem sicheren Schlüsselaustausch kommen kann. Um den LiFi-Kanal und den Quantenkanal voneinander zu trennen, werden unterschiedliche Wellenlängen des Lichts verwendet. Diese Trennung lässt sich durch den Empfänger mittels einer entsprechenden optischen Filterung gegen Interferenzeinflüsse optimieren.

Völlig neuer Ansatz

Das vorgestellte Konzept eines quantenbasierten Infrastrukturnetzes für sicherheitskritische, drahtlose Datenkommunikation ist ein völlig neuer interdisziplinärer Ansatz, der bisher weder in wissenschaftlichen Veröffentlichungen noch in aktuellen Produkten vorgestellt wurde. Der Ansatz soll von den Projektpartnern vor allem im Hinblick auf sicherheitskritische Anwendungen, z. B. die Ausstattung öffentlicher Versorgungseinrichtungen wie Banken, Krankenhäuser, Energieversorger, öffentliche Dienste, Telekommunikationsknoten und Regierungseinrichtungen, untersucht werden.

Hierbei wird besonderes Augenmerk auf die Sicherheit des Gesamtsystems bei gleichzeitiger interdisziplinärer Integration von Netzwerkmanagement-Software, klassischer Kryptografie (Stichwort: Post-Quanten-Kryptografie), QKD-Technologie und LiFi-Technologie gelegt. Gleichzeitig ist das Projekt vor dem Hintergrund der technologischen Souveränität für den Standort Deutschland von gesellschaftlicher Bedeutung.

Großes Marktpotenzial erwartet

Am Ende des Projekts ist eine entsprechende Demonstration des Gesamtsystems geplant, welche die Technologien im Verbund zusammenführen soll und damit bisher unerforschte und unerreichte Anwendungsfälle ermöglich kann. Diese sollen im Anschluss an das Vorhaben durch die beteiligten Firmen verwertet und in die sicherheitskritischen Anwendungen eingebracht werden. Durch den Endnutzerfokus ist eine breite Anwendung und damit ein sehr großes Marktpotenzial und Innovationspotenzial erkennbar. Die in den nächsten Jahren entstehende drastische Kostenreduktion in der QKD durch Produktion in mittleren Stückzahlen wird zudem eine breitere Marktdurchsetzung erlauben.

Weiterhin führt die interdisziplinäre Vernetzung zwischen den verschiedenen Communities (QKD, Optik, Telekommunikation, Sicherheit) zu einer nahtlosen Integration der neuartigen Technologien in bestehende Sicherheitstechnologien. Dies macht es Endnutzern leicht, die Technologie in bestehende Infrastruktur zu übernehmen. 

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Fraunhofer IPMS (Institut für Photonische Mikrosysteme)