OLED-Forschung

»Der Kyoto-Preis ist eine große Ehre für mich«

17. Februar 2020, 15:02 Uhr | Kathrin Veigel
© Dr. Karlheinz Blankenbach

Ende 2019 erhielt Prof. Dr. Ching W. Tang von der HKUST für seine Forschung zu OLEDs den Kyoto-Preis. Im Interview spricht er mit Prof. Dr. Karlheinz Blankenbach von der Hochschule Pforzheim über die Auszeichnung, seine langjährige Forschung sowie aktuelle und zukünftige Entwicklungen bei OLEDs.

Dr. Karlheinz Blankenbach: Dr. Tang, wann und wie haben Sie von diesem renommierten Preis erfahren? Und was waren Ihre ersten Reaktionen?

Dr. Ching W. Tang: Nun, es war eine überraschende Geschichte: Ich erhielt im Juni 2019 eine E-Mail vom Geschäftsführer der Inamori Foundation, Herrn Himono. Darin stand, dass ich zum Kandidaten für den Kyoto-Preis gewählt worden bin. Er bat um ein zeitnahes persönliches Treffen in Hongkong. Wir sind dann für mehr als zwei Stunden zusammen gesessen, er hat mir die Geschichte des Kyoto-Preises beschrieben und mir offiziell mitgeteilt, dass ich der endgültige Kandidat für den Kyoto-Preis 2019 für technologische Innovationen sei. Herr Himono erklärte mir die Bedingungen für den Erhalt des Preises: Teilnahme an der Zeremonie in Kyoto im November und im folgenden Jahr auch an den Veranstaltungen der Inamori Foundation in Oxford und San Diego. Natürlich bekräftigte ich, dass ich mich sehr geehrt fühlen und selbstverständlich an all diesen Events teilnehmen würde. Das war also ein höchst interessanter und überraschender Anfang.

Blankenbach: Sie wurden für die Erfindung der OLED-Technologie für den Kyoto-Preis nominiert.

Tang: Ich wusste, dass der Kyoto-Preis sehr angesehen ist; und fühlte mich zutiefst geehrt, dass er mir für meine Arbeit an OLEDs verliehen wurde. Der Preis betrifft ja eine sehr große Bandbreite von Technologien und nicht nur Displays. Ich freue mich deshalb sehr, dass die OLED-Technologie ausgewählt wurde. Dies folgt auf die LCD-Technologie, für die George Heilmeier im Jahre 2005 ausgezeichnet wurde.

Blankenbach: Der Kyoto-Preis ist der aktuellste in einer langen Reihe von Preisen, die Sie gewonnen haben, und die bisher höchste Auszeichnung. Haben sich diese Ehrungen auf die Zeit ausgewirkt, die Sie im Labor oder mit Ihrer Familie verbracht haben?

Tang: Für mich ist es ein großes Glück, den Kyoto-Preis und andere Auszeichnungen verliehen bekommen zu haben. Aber dies hat sich nicht wirklich auf meine Tätigkeiten ausgewirkt. Ich arbeite weiterhin oft und gerne mit meinen Mitarbeitern und Studenten im Labor. Mein Antrieb war nie, große Ehrungen wie den Kyoto-Preis zu erhalten. Meine Familie freut sich natürlich auch über diesen Preis, und alle sind nach Kyoto gereist, auch meine beiden Enkelkinder. Der Gewinn des Kyoto-Preises sagt ebenfalls etwas über die Auswirkungen der OLED-Technologie aus. Ich habe mit OLEDs bei Kodak in den USA gestartet, mit Recherchen zu Materialien und deren Aufbau in Stacks für organische Solarzellen. Jahre später haben wir mit einem Team von Forschern und Ingenieuren begonnen, OLED-Displays herzustellen. Dann griffen die großen Display-Hersteller die Technologie auf und bauten Produktionsstätten. Damit OLEDs für die Massenproduktion tauglich wurden, waren Fachkräfte aus den Bereichen Chemie, Physik, Elektrotechnik, Maschinenbau und Materialwissenschaften gefragt. Wenn ich auf die Preise zurückblicke, die mir verschiedene Gesellschaften aus verschiedenen Ländern, auch aus Deutschland, verliehen haben, bin ich sehr dankbar für die Anerkennung, die mir persönlich zuteil wurde sowie die positiven Auswirkungen der OLED-Technologie auf die Menschen auf der ganzen Welt.

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Bild 1: Dr. Karlheinz Blankenbach von der Hochschule Pforzheim im Gespräch mit dem OLED-Pionier Dr. Ching W. Tang von der Hong Kong University of Science and Technology.
© Dr. Karlheinz Blankenbach

Blankenbach: Wie begannen Sie in den 1980er Jahren die Erforschung organischer Materialien und OLEDs?

Tang: Ich wurde 1975 Forschungsmitarbeiter der Eastman Kodak Company. Meine Forschungsarbeiten zu OLEDs fasste ich 1987 in einem Applied Physics Letter Paper zusammen. Meine erste Aufgabe bei Kodak war jedoch die Herstellung und Optimierung von organischen Solarzellen, die zu dieser Zeit sehr ineffizient waren. Mein Fokus lag auf der Steigerung der Effizienz um das 10- bis 100-fache. Nach drei oder vier Jahren harter Arbeit hatte ich das Ziel im Grunde nicht erreicht. Jedoch habe ich dabei etwas ganz Wichtiges entdeckt: die organische PN-Junction. Durch Stapeln einer Schicht vom p-Typ (Anm. d. Red.: Löcher-Transportmaterial) und einer Schicht vom n-Typ (Anm. d. Red.: Elektronen-Transportmaterial) entdeckte ich, dass der zwischen den beiden Schichten gebildete Übergang bei der Erzeugung von Ladungen bei der Absorption von Licht wirksam war. Die zweischichtigen organischen Dünnfilme absorbieren jedoch nicht genug Sonnenlicht, um eine nennenswerte Nutzleistung erzeugen zu können. Somit blieb der Wirkungsgrad niedrig. Folglich gab ich nach einigen Jahren auf. Zu diesem Zeitpunkt entdeckte ich, dass einige der von mir hergestellten organischen Solarzellen mit pn-Übergang Licht emittieren, wenn ich eine Bias-Spannung in Durchlassrichtung anlegte. Mir war klar, dass ich diesen pn-Übergang nutzen kann, um Licht zu erzeugen. Im Gegensatz zu organischen Solarzellen benötigte ich für die Lichtabsorption keinen dicken Film, sondern nur einen extrem dünnen pn-Übergang zur Lichterzeugung. Dies ist der Hauptunterschied zwischen der Anwendung von organischen pn-Übergängen in organischen Solarzellen und in OLEDs.

Blankenbach: Bitte erklären Sie das genauer!

Tang: Bei OLEDs wird der pn-Übergang verwendet, um die strahlungslose Rekombination entgegengesetzter Ladungen zu reduzieren. In gewisser Hinsicht ist es bei OLEDs viel einfacher, einen hohen Wirkungsgrad zu erreichen als bei einer organischen Solarzelle. Die Entdeckung von OLED war zum Teil Glück und zum Teil logische Konsequenz eingehender Beobachtungen. Ich erkannte, dass der organische pn-Übergang bei organischen Solarzellen für die Ladungserzeugung wichtig ist. Als ich Solarzellen herstellte, die sichtbares Licht emittierten, war meine Neugier geweckt. Bei einer rasch durchgeführten Literatur-Recherche stellte sich heraus, dass die Phänomene der organischen Elektrolumineszenz zu dieser Zeit bereits bekannt waren. Der einzige Unterschied zwischen meiner Beobachtung und früheren Arbeiten ist die angelegte Spannung, die zum Betreiben der Licht emittierenden Materialien erforderlich ist. In meinem Fall beträgt die erforderliche Spannung nur wenige Volt im Vergleich zu vielen hunderten Volt, die in früheren Arbeiten angegeben wurden. Aufgrund der ultradünnen Filme und des von mir verwendeten pn-Übergangs konnte ich meine Muster mit sehr niedriger Spannung betreiben. Die Entdeckung von OLED war im Nachhinein der leichtere Teil. Die Entwicklung, Optimierung und Herstellung immer effizienterer und stabilerer OLEDs für praktische Anwendungen war dagegen der schwierige Teil. Es dauerte noch viele Jahre und benötigte noch viele weitere Forscher und Ingenieure, um OLEDs als Display-Technik zu realisieren und zum Durchbruch zu verhelfen.

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Bild 2: Für Dr. Ching W. Tang, Professor an der Hong Kong University of Science and Technology, war es eine große Freude, für seine langjährige Forschung an OLEDs mit dem angesehenen Kyoto-Preis ausgezeichnet zu werden
© Dr. Karlheinz Blankenbach

  1. »Der Kyoto-Preis ist eine große Ehre für mich«

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