Wie kann das Glas auf der Rolle in der Elektronikindustrie weiterverarbeitet werden?
Mit ihrer Dimensionsstabilität sowie ihren Lithographie- und Druckeigenschaften eignen sich die Dünnglasfilme für den Schaltungsdruck. Derzeit drucken wir noch keine Schaltungen, sondern bringen diese zusammen mit Partnern in konventionellen Prozessen zusätzlich auf dem Glas auf. Mit dem Ziel, hierfür eine Methode zu finden, engagieren wir uns aktuell aber im Georgia Tech Konsortium. Gemeinsam mit den Wissenschaftlern entwickeln wir momentan die Einbringung von zusätzlichen Funktionalitäten passiver Bauelemente ins Glas. So ist es denkbar, in der Zukunft Impedanz-Anpassungen durch Induktivitäten für diverse Bauelemente bereits im Glas unterzubringen.
Auch ein interessanter Punkt: Glas zeichnet sich durch eine extrem hohe Homogenität aus, besitzt gute Hochfrequenzeigenschaften und eine unter dem Nanometerbereich liegende Rauigkeit. Damit ist es ein potenzielles Material für 5G-Anwendungen.
In welchen Industrien findet flexibles Glas noch Anwendung?
Ultradünne Gläser können Polymere überall dort ersetzen, wo extreme Anforderungen an das Material gestellt werden – sei es in der Halbleiterindustrie, der gedruckten oder rigiden Elektronik, oder aber in Solaranwendungen, der Photonik, der Sensorik oder in optischen Bauteilen. Ganz konkrete Anwendungen, in denen flexibles Ultradünnglas bereits eingesetzt wird, sind OLEDs und flexible Displays, optische Bauteile für Kameras, Schutzglas für Fingerprint- oder Öldrucksensoren, Deckgläser in Mikroskopen.
Was sind Herausforderungen für die Anwender von Glas auf Rollen?
Die größte Hürde ist die nahtlose Implementierung von Glas auf Rolle in bestehende Prozesse. Denn Glas stellt ganz andere Anforderungen an die Produktionsumgebung als Kunststoffe oder Polymere. Beim Umstieg auf Glas ist in Anbetracht des aktuellen Entwicklungsstands von „Glas auf Rolle“ ein langer Atem notwendig bis der Werkstoff letztlich massenfertigungstauglich integriert ist. Glasbrüche beim Abrollen oder der Verarbeitung des ultradünnen Glases müssen unbedingt vermieden werden, um keinen unnötigen Stillstand der Produktionslinien zu provozieren. Aus diesem Grund liegt der Fokus auf der Optimierung der Glasfestigkeit sowie der Qualität.
Wie sieht die Zukunft von flexiblem Glas auf Rolle aus?
Im Moment betreiben wir Anwendungsentwicklung und forschen aktiv an der Weiterentwicklung. Im Fokus stehen leitfähige Materialien in der Optoelektronik, Antireflexbeschichtungen und Mehrfachschichtsystemen für optische Elemente sowie komplexe optische Filter. Natürlich ist Schott auch kontinuierlich dabei, die Gläser noch dünner und biegsamer zu machen.
Mit Blick auf zukünftige Anwendungsgebiete kann man erkennen, dass flexibles Glas die voranschreitende Miniaturisierung elektrischer Schaltungen begünstigt und vorantreibt. Themen wie flexible Displays und faltbare Smartphones gewinnen so zunehmend an Relevanz. Auch Entwicklungen im Bereich Energiespeicher hängen damit zusammen: Obwohl Dünnfilmbatterien nie die Kapazitäten aktueller Akku-Technologien haben werden, sind doch die Aufladungszyklen um den Faktor 1000 besser. Nicht zuletzt eröffnet flexibles Glas auch neue Möglichkeiten bei Innovationen rund um Virtual, Mixed und Augmented Reality. Hier wird das Dünnglas von Schott beispielsweise schon in MEMS-Projektoren eingesetzt – denkbar wären jedoch auch diverse andere Komponenten. Unsere Vision ist es jedenfalls, die Elektronik von Morgen biegsam zu machen ohne das Aussehen und die Haptik von Glas zu verlieren. Wir sind auf einem guten Weg, das zu erreichen.
DESIGN&ELEKTRONIK – Vielen Dank für das angenehme Gespräch!