Wichtig für die Auswahl von Displays

Displays und Datenblätter

15. Dezember 2016, 9:25 Uhr | Von Prof. Karlheinz Blankenbach
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Fortsetzung des Artikels von Teil 5

LCD-Blickwinkel: Schwarz-Weiß-Malerei

Die Grenzwerte für den Blickwinkel sind praktisch immer anhand des Kontrastverhältnisses definiert. Es wird der Winkel angegeben, ab dem das Verhältnis der Leuchtdichten eines weißen und eines schwarzen Pixels kleiner als 10:1 wird. Das ist bei farbigen Bildinhalten aber weniger relevant als die Veränderung der Graustufen- und der Farbwiedergabe. Der Gammawert, der die zu einer Graustufe gehörende Leuchtdichte beschreibt, wird überhaupt nicht aufgelistet. Er muss aber für qualitativ hochwertige Mensch-Maschine-Schnittstellen festgelegt sein.

Entgegen den Verhältnissen bei den photometrischen Parametern sind die elektrischen Eigenschaften der Displays in der Regel vergleichsweise gut spezifiziert.

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Ein konkretes Beispiel zur Veranschaulichung

Die Lebensdauer ist ein gutes Beispiel, um die Schwierigkeiten von Display-Spezifikationen deutlich zu machen. Im Gegensatz zu anderen Bauteilen fällt ein Display am Ende seiner spezifizierten Lebensdauer nicht vollständig aus. Die Lebensdauer eines Display ist üblicherweise als die Zeitdauer definiert, nach der die anfängliche Weiß-Leuchtdichte auf die Hälfte abgesunken ist. Dieser Wert wird für +25 °C angegeben. Klar ist jedoch, dass die Lebensdauer bei höheren Display-Temperaturen sinkt – auf welchen Wert, das muss der Anwender in Eigenregie evaluieren. Hinzu kommt noch, dass gerade bei höheren Temperaturen (>+75 °C, was bei direkter Sonneneinstrahlung durchaus möglich ist) die Polfilter degradieren. Das gilt auch für OLED-Displays. Somit sollte bei LCDs dann auch das Kontrastverhältnis bei Lebensdauertests mit hohen Temperaturen gemessen werden, da ein degradierter Polfilter die Weiß-Leuchtdichte kaum beeinflusst.

Vorsicht vor statischen Bildinhalten

Beispiel Burn-in-Effekt im OLED und Sticking Image im LCD
Bild 4. (Links) Burn-in-Effekt: Da die Pixel eines OLED-Displays selektiv altern, bleiben statische Bildinhalte als dunklere Pixel zurück. Auf LCDs kann temporär ein "Sticking Image" zurckbleiben (Schachbrettstruktur, rechts).
© K. Blankenbach | Hochschule Pforzheim

Ein weiterer, für professionelle Anwendungen sehr wichtiger Punkt ist, dass hier oftmals statische Bildinhalte angezeigt werden. Das kann beispielsweise eine Bildschirmmaske mit Festtext oder eine Radioskala im Auto sein. Im praktischen Gebrauch wird offenkundig, dass hier benachbarte Pixel von OLEDs unterschiedlich altern, was bei einem Bildinhalt mit gleichen Graustufen dann bemerkbar wird (Bild 4 links).

Dieser Effekt ist als Burn-in bekannt und kann einen Austausch des Display bereits deutlich vor Erreichen der spezifizierten Lebensdauer erforderlich machen. Die klassischen Kathodenstrahlröhrenbildschirme hatten die gleiche technische Schwäche, der die Entwickler mit der Einführung von Bildschirmschonern begegneten. Dieser Effekt kann bei AMLCDs so nicht auftreten, jedoch können Bildinhalte sozusagen hängen bleiben (Bild 4 rechts). Dieser Effekt (Sticking Image) rührt von DC-Anteilen in der Pixelansteuerspannung in Kombination mit freien Ionen in der Flüssigkristall-Schicht her. Dieser Effekt tritt verstärkt bei höheren Temperaturen auf und kann beispielsweise mit einem Schachbrettmuster, das für 1 bis 2 Stunden dargestellt und anschließend mit einem mittleren Vollbild-Grau begutachtet wird, untersucht werden.

Die nutzbare Lebensdauer bei industriellen Anwendungen kann auch aus diesen Gründen signifikant kleiner als die im Datenblatt angegebene sein. Maßnahmen zur Verlängerung der Lebensdauer sind ein ausgeklügeltes Thermomanagement zur Vermeidung hoher Temperaturen und die Vermeidung statischer Bildinhalte z.B. durch Orbiting (Verschieben des Bildinhaltes um 1–2 Pixel in horizontaler und vertikaler Richtung) und bei LCDs der sorgfältige Abgleich der Pixelspannungen (z.B. VCOM).

Schlussbetrachtung

Der Teufel steckt im Detail – das gilt bei elektronischen Displays umso mehr, da hier neben Elektronik (Schnittstellen) noch optische Eigenschaften hinzukommen. Da ein Display typischerweise die teuerste Einzelkomponente ist, sollte der Design-Prozess von Systemen mit Displays sorgfältig erfolgen. Der eher auf Endverbraucher-Anwendungen ausgerichtete Display-Markt macht die Angelegenheit nicht einfacher. Wichtig: Der erste Eindruck bei einem neuen Gerät ist durch nichts zu ersetzen – und das ist meist der aufs Display und HMI!

Literatur

[1] Chen, J.; Cranton, W.; Fihn, M. (Hrsg.): Handbook of Visual Display Technology. Springer, 2012 (Neuauflage erscheint im September 2016).
[2] Chen, J.; Cranton, W.; Fihn, M. (Hrsg.): ebenda, S. 2275–2383.
[3] Lee, J.-H.; Liu, D. N.; Wu, S-T.: Introduction to Flat Panel Displays, Wiley, 2008.
[4] ISO 9241 Ergonomic requirements for office work with visual display terminals (VDTs); new: Ergonomics of Human System Interaction.
[5] ISO 13406 Ergonomic requirements for work with visual displays based on flat panels. Part 2: Ergonomic requirements for flat panel displays.
[6] ISO 15008 Road vehicles – Ergonomic aspects of transport information and control systems – Specifications and test procedures for in-vehicle visual presentation.
[7] IEC 62341 Organic light emitting diode (OLED) displays.
[8] Blankenbach, K.; Marsal, A.; Sycev, A.: Ablesbarkeit verbessern. Elektronik 2015, Sonderheft Displays, S. 42–43.
[9] IEC TC 100 Audio, video, and multimedia equipment and systems
[10] IEC TC 110 Flat panel display devices
[11] EC TC 159 Ergonomics

 

Prof. Dr. Karlheinz Blankenbach

forscht und lehrt seit 1995 an der Hochschule Pforzheim. Sein Spezialgebiet sind elek­tronische Displays und zunehmend (O)LEDs vom Systemdesign über Hard- und Software bis hin zur Messtechnik. Er ist Vorsitzender des Konferenzbeirates der Electronic Displays Conference und Vorstand beim Deutschen Flachdisplay-Forum.

 

Nicht vergessen: Am 15. und 16. März 2017 öffnet zum 31. Mal die Electronic Displays Conference ihre Tore. Der Experten-Treff für Forscher, Entwickler und Entscheider findet parallel zur Embedded World auf dem Messegelände in Nürnberg statt. Wer sich bis zum 1. Februar 2017 anmeldet, erhält einen Frühbucherrabatt. Das Konferenzprogramm und die Anmeldung zum Kongress finden Sie auf der Website zur Electronic Displays Conference.


  1. Displays und Datenblätter
  2. Auswahl aus drei Blickwinkeln
  3. Merkmale von professionellen und Endverbraucher-Displays
  4. Geläufige Display-Techniken im Überblick
  5. Datenblätter: elektronische Parameter ok, optische meist nicht
  6. LCD-Blickwinkel: Schwarz-Weiß-Malerei

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