Sie scheinen mit der bisherigen Entwicklung sehr zufrieden zu sein. Was haben Sie sich als Geschäftsführer vorgenommen?
Ja, gerade was als Firmenkultur bei der Art und Weise der Zusammenarbeit mit unseren Partnern entstanden ist, freut mich sehr. Das möchten wir so weiterführen und gerne auch weiter ausbauen. Weil es zwischen Jochen Semmelbauer und mir einen großen Konsens gibt, spreche ich einfach in der Wir-Form. Wir sind gerade auf Wachstumskurs und haben uns vorgenommen, das Wachstum richtig zu steuern. Das wird die Hauptaufgabe der nächsten Jahre sein. Wir müssen dabei ein gewisses Tempo vorlegen, dürfen uns aber auch nicht übernehmen, um nachhaltig zu sein.
In Zukunft wollen wir auch Märkte stärker bedienen, die wir schon lange beliefern, unser Engagement dort aber aus Kapazitätsgründen immer gut dosiert haben. Damit sind vor allem Medizintechnik, Luftfahrt, Industrie und E-Mobilität gemeint. Bei E-Mobilität geht es uns um die HMI-Entwicklung für die Ladesäulen von E-Fahrzeugen. Das sind alles Bereiche, in denen es besondere Anforderungen gibt, die nicht mit Standardprodukten abgedeckt werden können. Hier sehen wir unsere Stärke, und die möchten wir natürlich bestmöglich ausspielen. Die Entwicklungen bei unserem Kernmarkt, der Automobilbranche, gehen wir selbstverständlich mit. Kürzlich haben wir die IATF-16949-Zertifizierung erlangt und arbeiten daran, demnächst nach TISAX-Standard für Datensicherheit qualifiziert zu werden. Das sind beides Normen, die in der Automobilbranche Voraussetzung sind.
Bremst die stockende Automobilindustrie nicht Ihren Wachstumskurs?
Nein, wir spüren eher das Gegenteil. Es werden gerade in vielen Fahrzeugreihen Entwicklungsprojekte angestoßen, um neue HMIs zu integrieren, die sich in Form und Funktion stark von dem abheben, was man bisher kennt. Und da sind die hiesigen Automobilhersteller und Zulieferer froh, dass sie einen lokalen Partner für die HMI-Entwicklung haben. Normalerweise müssten sie dafür nach Asien gehen. Daher wollen uns die Kunden bei ihren Projekten ins Boot holen und wir müssen dafür sorgen, dass wir dafür genügend Kapazitäten schaffen, uns dabei aber nicht überheben und neuen Mitarbeitern genügend Zeit verschaffen, um sich das nötige Fachwissen anzueignen, damit wir unseren Qualitätsstandard halten können.
Das ist sehr wichtig und steht auf unserer Prioritätenliste weit oben, denn letztlich ist der Erfolg unserer Kunden unser Erfolg und schlägt sich nicht nur in Folgeprojekten nieder, sondern auch in solchen Kooperationsmöglichkeiten, die ich vorher genannt habe.
Im Frühjahr wurde ein zweiter Standort im tschechischen Brünn eröffnet, ein dritter in Cham in der Oberpfalz soll Ende des Jahres eröffnet werden. Wie viel haben Sie in die neuen Standorte investiert und was genau ist bzw. wird dort entstehen?
Genaue Summen möchte ich nicht nennen. Wir sind dabei stark in Vorleistung gegangen, um Möglichkeiten zu schaffen, die später genutzt werden können. Für Tschechien haben wir uns aufgrund der Kostenvorteile und der gut ausgebildeten Ingenieure am Universitätsstandort Brünn entschieden. Entsprechend haben wir dort unser Kompetenzzentrum für Folientechnologie, Laminieren, Bedrucken und Glasschneiden errichtet.
Cham ist auch ein Bekenntnis zum Fertigungsstandort Deutschland. Hier liegen unsere Wurzeln und wir sind überzeugt, dass Forschung, Entwicklung und Fertigung in Deutschland kein Widerspruch zur internationalen Wettbewerbsfähigkeit sind. In Cham haben wir ebenfalls gute finanzielle Bedingungen. Nach Fertigstellung wird es mit 3000 m2 Fertigungsfläche unser größter Standort sein und auch der mit dem höchsten Automatisierungsgrad. Dort findet die HMI-Fertigung mit automatisierten Fertigungslinien statt und es werden neue Reinräume mit innovativster Fertigungstechnik aufgebaut. Mittelfristig sollen dort 25 Mitarbeiter arbeiten.
Wird sich für Ihren Heimatstandort Garching etwas ändern?
Nein. Die Entwicklungs- und Fertigungsarbeit wird weiterhin in Garching stattfinden. Vom Prinzip wird es so sein, dass die Innovation aus Garching kommt. Die Prozesse und Technologien werden in Garching entwickelt und verbessert und dann, je nach Art des Produktes, nach Cham zur Serienfertigung transferiert oder kopiert.
Wie blicken Sie generell auf die Liefersituation in der Display- und HMI-Branche?
Wir hätten gehofft, dass sich die Lage in Asien früher entspannen würde. Es gibt aber nach wie vor Knappheit – nicht nur bei den Halbleiterbausteinen. In dieser angespannten Lage helfen uns die Lieferanten, wo sie nur können, und auch unsere Kunden unterstützen uns, z. B. bei der Suche nach Ersatz von nicht lieferbaren Bausteinen.
Wie wollen Sie Ihre Display- und HMI-Systeme weiterentwickeln?
Wir sehen 3D-geformte HMIs, Local Dimming, künstliche Intelligenz und eine höhere Integrationsdichte von Bedienung und Sensorik als große Trends, die wir in Zukunft auch anbieten wollen. Gekrümmte Displays, also „curved“, fertigen wir schon. Ein weiterer Bereich sind smarte Oberflächen, bei denen die Bedienfunktion vom Display losgelöst wird. Ein Beispiel ist eine Mittelarmlehne im Fahrzeug mit Touch-Eingabe und haptischem Feedback.
Welche Weiterentwicklungen Ihrer Zulieferer brauchen Sie dafür?
Um mehr Funktionen im HMI zu integrieren, benötigen wir leistungsfähigere Prozessoren. Bei den Touch-Sensoren und den Displays hätten wir gerne flexiblere Materialien, mit denen sich zwei- und dreidimensional geformte Designs umsetzen lassen. Hier gibt es auch schon interessante Ansätze, die sich aber noch im frühen Stadium befinden. Für die HMI-Entwicklung würden wir uns generell Baukastenmodelle wünschen, bei denen wir einzelne Komponenten individuell tauschen könnten und bei den verwendeten Materialien größere Wahlfreiheit hätten.
Wo wollen Sie in zwei Jahren stehen?
Dann möchten wir unsere neuen Fertigungsstandorte ausgelastet sehen. Auch unser Consulting-, Projektleitungs- und Prototypen-Bereich wird weiterhin ein wesentlicher Teil des Kerngeschäfts sein. Mein Ziel ist, dass dann die Firmenstrukturen soweit geschaffen sind, dass wir ab dann solide wachsen können, ohne weitere Änderungen in der Firmenstruktur vornehmen zu müssen.