Der Messaufbau (Bild 5) besteht aus einem Red Pitaya, zwei SMA-zu-BNC-Adaptern, zwei BNC-T-Stücken, einem kurzen BNC-Kabel zur Verbindung von Generator-Ausgang mit Oszilloskop-Eingang und einem 50-Ω-Abschlusswider-stand, damit das Signal am Ende des kurzen Kabels nicht reflektiert wird. Ausgangspunkt für die Messung ist die Zeitdifferenz zwischen dem Aussenden des Signals und dem Eintreffen des reflektierten Signals.
Das Signal passiert die gesamte Kabellänge zweimal, da es zunächst bis zum Ende läuft, reflektiert wird und wieder zurück läuft. Bedingt durch die maximale Abtastrate des Red Pitaya kann die Kabellänge mit einer Auflösung von etwa 80 cm bestimmt werden.
Für das Projekt wurde mit Python ein Programm erstellt, das auf dem PC läuft und über SCPI-Kommandos mit dem Red Pitaya kommuniziert. Zur Erzeugung eines Impulses wird der Arbiträrsignal-Generator verwendet. Der kürzeste Impuls, den der Red Pitaya erzeugen kann, ist ein einziges Sample mit einer Amplitude von 1 V, der Rest des Signals ist Null. Anschließend warten wir auf das Eintreffen eines Trigger Event und erfassen das Signal. Im folgenden Programmausschnitt sehen Sie die SCPI-Kommandos zur Konfigurierung des Red Pitaya für Signalausgabe und -erfassung (s. Listing).
Nach dem zweiten Receive-Kommando wird der Speicherinhalt gelesen, der 16.384 Werte umfasst (Bild 6). Die Triggerverzögerung von 8000 Samples verschiebt den Triggerpunkt von der Mitte an den Anfang des Ringpuffers. Damit erhalten wir den hinlaufenden Impuls 192 Samples nach dem Start.
Impulsauswertung
Nachdem die Daten aus dem Pufferspeicher des Red Pitaya ausgelesen wurden, berechnet das Programm aus den ersten 100 Werten den Offset und subtrahiert diesen vom Signal, sodass das Signal um die Nulllinie schwankt. Das Programm findet den hinlaufenden Impuls durch Ermittlung des globalen Maximums. Aufgrund der Überschwinger werden die ersten 20 Werte verworfen, bevor die Reflexion ermittelt wird. Die Reflexion wird durch die Suche nach dem globalen Maximum und Minimum ermittelt. Ausschlaggebender Faktor, ob der reflektierte Impuls positiv oder negativ ist, ist lediglich, welches der globalen Extrema den niedrigeren Index hat. Wenn es der Maximalwert ist, der vor dem Minimum auftrat, dann ist der reflektierte Impuls mit Sicherheit positiv und umgekehrt.
Falls die Leitung mit ihrem Wellenwiderstand terminiert ist, entsteht keine Reflexion. Diesen Fall erkennt das Programm daran, dass kein Sample nach dem ausgesendeten Impuls und Überschwingern den Wert der Signalabweichung um das Vierfache übersteigt. Die Signalabweichung wird aus den ersten 150 Werten berechnet. Für verbesserte Auflösung wird das Signal aus zehn Messungen interpoliert. Dadurch können Differenzen in der Kabellänge von 8 cm unterschieden werden. Aufgrund von Überschwingern können Reflexionen auf Kabeln, die kürzer als 7 m sind, nicht erkannt werden. In diesem Fall wird ein Trick genutzt, um die Reflexion zu ermitteln. Wenn kein Kabel am Red Pitaya angeschlossen ist und ein Impuls generiert wird, erhält man immer die gleiche Antwort. Dieses “No Cable Response”-Verhalten (NCR, Bild 7) kann in einer CSV-Datei abgespeichert und für weitere Messungen verwendet werden. Das konstante NCR-Signal wird vom Signal der Messung mit angeschlossenem Kabel abgezogen. Nach der Subtraktion bleibt die Reflexion zurück, falls eine vorhanden ist. Auf diesem Weg kann die Verzögerung zwischen hinlaufendem und reflektiertem Signal berechnet werden.
Messergebnisse
Bild 8 zeigt die Ergebnisse einiger Beispielmessungen. Man erkennt deutlich die unterschiedlichen Fälle: die positive Reflexion bei Messungen an Koaxialkabeln mit offenem Ende oder die negativen Reflexionen bei kurzgeschlossenem Kabelende. Wenn man das Kabelende mit einem Abschlusswiderstand versieht, gibt es keine Reflexion, und das Kabel erscheint unendlich lang.
Zur Messung kurzer Kabel wird das konstante NCR-Signal vom Signal der Messung mit angeschlossenem Kabel subtrahiert. Kabel mit mehreren Störungen können auch zu ungewöhnlichen Impulsantworten führen (wie die Messung unten links). Man sieht mehrere Reflexionen im Kabel. Man geht davon aus, dass die Reflexion am offenen Ende die stärkste Amplitude hat. Daher wird diese für die Messung der Länge verwendet. Zur Messung eines ungeschirmten Twisted-Pair-Kabels (unten rechts) kann im Messprogramm eine andere Wellen-Ausbreitungsgeschwindigkeit eingestellt werden. Diese wurde vorher mit einem Referenz-Twisted-Pair-Kabel bekannter Länge bestimmt. Mit den Grundlagen der Netzwerktheorie, etwas Programmierkenntnissen und der Red Pitaya Hardware kann man die Länge eines Kabels wesentlich eleganter bestimmen als mit einem Metermaß. Allerdings muss man beachten, dass mit steigender Kabellänge die Amplitude des reflektierten Impulses abnimmt. Dies ist den Verlusten im Kabel geschuldet. Es können stark unterschiedliche Antwortzeiten beobachtet werden. Während kürzere Kabel eine Antwortzeit von nur wenigen Nanosekunden haben, benötigt das reflektierte Signal bei langen Kabeln mehr als 1 µs.
Die Autoren
Josef Reicherzer |
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ist bei Alldaq zuständig für Pressearbeit und technische Dokumentation. |
josef.reicherzer@alldaq.com
Zumret Topcagic |
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ist Produktmanager bei Red Pitaya in Ljubljana. Er beschäftigt sich mit der praktischen Anwendung des Red Pitaya, entwickelt dafür Algorithmen, verfasst Applikationsberichte und ist beim Design neuer Benutzeroberflächen für die Red Pitaya Apps involviert. |