Um aussagekräftige Messergebnisse zu erhalten, muss der Anwender vor der Jitter-Analyse eruieren, ob sich sein Oszilloskop überhaupt für die geplante Jitter-Analyse eignet. Entscheidend sind dabei die Bandbreite und die Abtastrate des digitalen Oszilloskops. So muss auf jeden Fall das Nyquist-Kriterium berücksichtigt sein, die Abtastrate also mindestens der doppelten Signalbandbreite entsprechen. Doch das ist nicht alles. Auch digitale Signale mit niedriger Datenrate oder Taktfrequenz können sehr steile Flanken aufweisen, die durch hochfrequente Signalanteile erzeugt wurden. Deshalb sollte die Bandbreite des analogen Oszilloskopeingangs deutlich über der Signalbandbreite liegen.
Ein weiterer Aspekt für die Messgenauigkeit ist das Eigenrauschen des Oszilloskopeingangs und die Genauigkeit der Zeitbasis. Wenn der Signalpegel klein und der Übergang sehr lang ist, kann das Eingangsrauschen VN des Analogeingangs des Oszilloskops die Ergebnisse der Jitter-Analyse dominieren (Bild 6).
Die Zeitbasis beruht auf einem Oszillator, der als Referenztakt verwendet wird. Seine Schwankungen verursachen Langzeit-Veränderungen. Das Aufmultiplizieren des Referenztaktes zur Abtastfrequenz des A/D-Wandlers mittels PLL führt zusätzlich zu kurzzeitigen Schwankungen.
Somit stellen das Eingangsrauschen, die Flankensteilheit des Signals und die Stabilität der Zeitbasis die intrinsischen Begrenzungen eines Oszilloskops bei Jitter-Messungen dar. Sie werden im Jitter Noise Floor (JNF) zusammengefasst. JNF wird auch als Time-RMS-Wert bezeichnet und taucht bei der Berechnung als tJNF in der zugehörigen Formel auf. Dort stehen außerdem
In dieser Formel repräsentiert der erste Term die Effekte, die durch das Rauschen und die Flankensteilheit des Signals hervorgerufen werden, und der zweite Term die kurzzeitigen Schwankungen des Abtasttaktes. Wird ein Oszilloskop R&S RTO1024 beispielsweise für die Messung eines 2-GHz-Sinussignales mit einer Amplitude von 480 mV verwendet, bietet er bei 50 Ω und einer vertikalen Skalierung von 100 mV pro Teilung ein VN von 2,39 mV. Die Timebase-Abweichung tj liegt bei ±5 ppm mit dem Standard-VCXO (Voltage Controlled Crystal Oscillator) und 0,02 ppm mit der Hardware-Option R&S RTO-B4 OCXO (Oven-controlled Crystal Oscillator). Bei der Messkonfiguration mit dem Standard-VCXO erzielt das Oszilloskop ein JNF von nur 440 fs. Das ist außergewöhnlich niedrig.
Man kann letztlich also feststellen, dass Jitter in digitalen Systemen eine signifikante Beeinträchtigung des High-Speed-Datentransfers darstellt, so dass eine detaillierte Analyse und Charakterisierung erforderlich ist. Mit einem Oszilloskop lassen sich in der Regel nur zeitbasierte Analysen durchführen. Das hier genannte Oszilloskop der Familie RTO kann aber auch eine Fourier-Transformation auf die Zeitfunktion der Messwerte durchführen, so dass mit diesem Oszilloskop sogar eine spektrale Betrachtung möglich ist. Der Anwender kann somit Phasenrauschen, Nebenschwingungen und zufälligen Jitter schnell aufspüren. Die Jitter-Analyse-Option für das Oszilloskop bietet einen umfassenden Satz an Messfunktionen für die Entwicklung sowie für Konformitätstests. Vorteilhaft für aussagekräftige Messergebnisse ist auch der außergewöhnlich niedrige intrinsische Jitter des RTO.
Literatur
[1] Howe, T.A; Tasset, T.N.: Clock Jitter Estimation based on PM Noise Measurements. Boulder, CO 80305, 2003.
[2] Chatwin, A. M. S. ; Lansdowne, A.: Measurement Techniques for Transmit Source Clock Jitter for Weak Serial RF Links, Big Sky. Manuskript der Aerospace Conference, IEEE, 2011.
Der Autor
Dr. Mathias Hellwig |
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ist seit 2012 Senior Application Engineer bei Rohde & Schwarz in München. Davor war er System Architect Manager bei Emerson Network Power im Bereich Embedded Computing. Er arbeitete auch schon in leitenden Positionen in der Entwicklung für Motorola und bei Chip-Herstellern wie Intel, Multilink und Infineon. Er studierte an der Ruhr-Universität Bochum Elektrotechnik und schloss das Studium mit einem Dr.-Ing. ab. |