Start-ups in der Medizin

Erfolgreiche Gründer fallen nicht vom Himmel

1. Februar 2019, 16:00 Uhr | Melanie Ehrhardt
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Erschwerter Markteintritt

Nach Angaben des Magazins Gründerszene ist der deutsche E-Health-Markt rund 343 Millionen US-Dollar schwer, viel Potential für Startups, die sich hierzulande an der Branche versuchen. Doch ein Einhorn, also eine Start-up mit einer Marktbewertung von einer Milliarde US-Dollar, ist noch nicht dabei. Das liegt nicht nur an den strengen Datenschutzbestimmungen, sondern auch an dem schweren Marktzugang. Da kann ein global agierender Partner helfen und die ein oder andere Türe öffnen. »Der Marktzugang in Deutschland wurde für uns definitiv beschleunigt durch den gemeinsamen Piloten, und wir freuen uns, dass wir weiter gemeinsam an dem Thema arbeiten, sogar in weiteren Ländern«, so Verena Kretschmann vom Medicus.ai.

»Für den Erfolg eines jungen Unternehmens ist es unter anderem wichtig, die zukünftigen Kunden frühzeitig im Rahmen von Entwicklungspartnerschaften mit in den Entstehungsprozess des Produktes einzubinden« ergänzt Maria Driesel von Inveox. Denn das stelle von Beginn an eine Nähe zum Markt her, fokussiere und schärfe den Blick für den tatsächlichen Kundenbedarf, den es schließlich zu erfüllen gilt. Startups aus der Medizin-Branche rät sie daher, rechtzeitig und intensiv das Thema Zertifizierungen anzugehen, um von Beginn an Klarheit über Erfordernisse und voraussichtliche Zeitrahmen zu haben. »Das kann sich später sowohl aus strategischer als auch finanzieller Sicht als entscheidender Vorteil erweisen.«
Und selbst wenn der Markteintritt gelingt, ist das keine Garantie für Erfolg. Das merken Start-ups vor allem beim Versuch in andere Märkte vorzudringen. Ob Europa, Asien oder die USA  – jedes Gesundheitssystem hat seine ganz eigenen Gesetze und Zulassungsvoraussetzungen. Global agierende Unternehmen könnten hier das Zünglein an der Waage sein. »Sie kennen den jeweiligen Markt und sprechen die Sprache des aktuellen Gesundheitssystems. Sie können entsprechend helfen, das Produkt richtig zu platzieren«, so Kretschmann. Zudem könnten Sie aufgrund Ihres Marktvolumens einen Multiplikator für die Unternehmen darstellen.

Interne Probleme

Google, Apple und Facebook haben vorgemacht, wie es geht: von den Garagen-Nerds zu Milliardären. Das schaffen bei weitem nicht alle Start-ups, etwa 9 von 10 gelingt es nicht, sich im Massenmarkt zu etablieren. Viele unterschätzen, dass der Start viel Geld kostet. Denn selbst das frühe Finden von Investoren finanziert meist nur die ersten Ergebnisse wie etwa einen Prototypen. In diesem Fall ist oft eine Eigenfinanzierung nötig. Spätestens hier wenden sich viele potenzielle Gründer von ihrer Idee ab und bleiben lieber auf der sicheren Seite.

Doch nicht nur der schwere Markteintritt und die Finanzierung stellen die jungen Unternehmer vor Herausforderungen, oft scheitern sie auch an sich selbst. Gründer sollten daher »neben Offenheit, Unternehmergeist, einer gehörigen Portion Selbstreflexion, Resilienz und Ausdauer auch die Bereitschaft mitbringen, Interdisziplinarität und Diversität sowohl innerhalb des Gründerteams als auch bei den Mitarbeitern zu begrüßen und zu fördern«, sagt Dries. Für Kretschmann ist es außerdem die Fähigkeit, sich nicht nur auf einen Markt oder ein Segment zu fokussieren. »Vielmehr sollten Gründer ihr Risiko diversifizieren und sich genau überlegen, welche Marktgegebenheiten am besten zu ihrem Produkt und ihrer momentanen Produktreifephase passt.«

Patientenorientierte Verbindung

»Die Verbindung von Medizin und Technik erschließt ein riesiges Innovationspotential und wird perspektivisch in der Entwicklung der Healthcare-Branche eine immer größere Rolle spielen«, sagt Dries.  Sich auf Interdisziplinarität und die Verknüpfung beziehungsweise integrierte Wertschöpfung verschiedener Fachbereiche einzustellen werde– sowohl für Unternehmen als auch das Gesundheitswesen – essentiell wichtig.

Wenn diese Hürden überwunden sind, kann aus einer Idee nicht nur ein Unternehmen entstehen, das Gewinne erzielt, sondern das im hartumkämpften Medizinmarkt Vorreiter beim Thema Medizin 4.0 ist. Zum einen bringen sie als »Digital Natives« das nötige Grundverständnis für die Digitalisierung mit und zum anderen profitieren sie von den fortgeschrittenen Transformationen anderer Branchen. » Impulse und Erkenntnisse aus anderen, bereits stark digitalisierten Bereichen, wie Mobility oder E-Commerce zu übersetzen und für Anwendungsgebiete in der Medizin nutzbar zu machen, birgt ein riesiges Potential, das es zu erschließen gilt«, sagt Dries. Und Kretschmann ergänzt: » Wenn old und new economy es schaffen, zusammenzuarbeiten, wird vor allem der Patient extrem profitieren.«

Lesetipp: »Innovation heißt auch Verfügbarkeit«
In der Medizin+elektronik 1/2019 finden Sie einausführliches Interview mit Dr. Jochen Hurlebaus, Projektleiter bei Roche. Er sprach mit uns über die Ergebnisse des »Batch Zero«, die Rolle von Start-ups in der Medizin und darüber, wie aus einer Idee ein erfolgreiches Geschäftsmodell werden kann. 

 


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