Messtechnik & Sensorik

Der Inhalator denkt mit

28. Februar 2023, 11:35 Uhr | Von Dr. Andreas Alt, Sensirion
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Fortsetzung des Artikels von Teil 1

Die Messung des Luftflussprofils

Sensirion Asthma Sensorik Inhalator Messtechnik Medikamente Abgabe
Bild 1: Das Luftflussprofil einer Inhalation. Die vertikale Achse zeigt die kalibrierte Flussrate in Standardlitern pro Minute und die horizontale Achse zeigt die Inhalationszeit in Sekunden.
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Mit einer zeitaufgelösten Messung des Inhalationsflussprofils lässt sich feststellen, ob der Inhalator zum optimalen Zeitpunkt ausgelöst wurde oder nicht (Bild 1). Denn nur, wenn dies der Fall ist, kann der Wirkstoff auch tief in die Bronchien getragen werden und dort wirksam werden. Bei verzögerter Auslösung oder zu schwacher Inhalation bleibt dieser besonders wichtige Teil der Lunge unbehandelt.

Neben der zeitlichen Abstimmung zwischen Flussprofil und Wirkstofffreisetzung ist auch das Flussprofil selbst sehr aufschlussreich. Daraus lassen sich Parameter ableiten, die Einblick in den Inhalatorgebrauch und den Gesundheitszustand des Patienten geben können. Folgende aus der Spirometrie entlehnten Werte sind von besonderem Interesse:

  • Tiefe und Dauer der Inhalation
  • Vollständige Ausatmung bzw. Entleerung der Lunge vor der Inhalation
  • Langsame und kontinuierliche Inhalation entsprechend den Anweisungen
  • Lungenfunktion und ihre zeitliche Entwicklung
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Bild 2: Ein gemessenes Inhalationsprofil durch einen MDI. Aus dem Flussprofil lassen sich das inspiratorische Volumen (IV) und der inspiratorische Maximalfluss (PIF) ableiten.
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Mit präzisen und kalibrierten Echtzeitmessungen des Inhalationsprofils lässt sich bestimmen, ob ein Patient die Inhalation korrekt durchgeführt und eine entsprechend hohe Wirkstoffdeposition die gesamte Lunge erreicht hat. Weitere interessante Parameter, die sich aus gemessenen Inhalationsprofilen ableiten lassen, sind das inspiratorische Volumen (Inspired Volume, IV) und der inspiratorische Maximalfluss (Peak Inspiratory Flow, PIF). Diese Größen sind aus der Spirometrie entlehnt. Bild 2 zeigt beispielhaft ein gemessenes Inhalationsprofil und die daraus abgeleiteten Parameter.
Auch Untergruppen von Parametern, wie das Inspirationsvolumen in der ersten Inhalationssekunde (IV1) oder der Atemwegswiderstand (Airway Resistance, RAW), lassen sich anhand des Atemflussprofils der Inhalation ermitteln. Die Bestimmung von letzterem ist in Bild 3 dargestellt.

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Bild 3: Neben dem inspiratorischen Maximalfluss (PIF) kann auch der Atemwegswiderstand (RAW) anhand der Atemflusscharakteristik der Inhalation ermittelt werden. Hierfür ist es notwendig, dass der Atemfluss mit ausreichend hoher Zeitauflösung und Genauigkeit gemessen wird.
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Parameter wie der Atemwegswiderstand (RAW) können bei Patienten mit COPD von besonderem Interesse sein, da sie in direktem Zusammenhang mit dem Erkrankungszustand stehen. Demzufolge hat es einen großen zusätzlichen Wert, den Inhalator mit dieser Spirometriefunktionalität auszustatten. Die Inhalationsflussmessung im Inhalator bietet ebendiesen Mehrwert ohne eine zusätz­liche Belastung des Patienten. Sie begleitet also nicht nur den korrekten Gebrauch des Inhalators, sondern kann auch Informationen zur Wirksamkeit der Medikation und zum fortschreitenden Krankheitsverlauf liefern (Bild 4). Patienten aber auch Ärzte und Versicherungen sollten besonders daran interessiert sein, Erfolge und Misserfolge in der Therapie messbar zu machen und frühzeitig zu erkennen. Für den Patienten kann eine solche Rückmeldung zusätzlich zur Steigerung der Adhärenz beitragen.

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Bild 4: Typisches Spirogramm, in dem die Flussrate gegenüber dem inhalierten Volumen aufge­tragen ist. Das inspiratorische Volumen (IV) bezeichnet hierbei das inhalierte Gesamtvolumen. Die Flussrate geht bei Erreichen des IV auf null zurück.
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Cohero Health stellt Patienten genau aus diesem Grund ein zusätzliches Spirometer zur Verfügung. Die Patienten sollen ihre Lungenfunktion während des Behandlungsverlaufs regelmäßig vermessen. Anhand der gesammelten Daten können die Patienten und ihre Ärzte den Behandlungsfortschritt einschätzen. Eine solche Langzeitüberwachung ermöglich dazu das von Krankenkassen präferierte Modell der ergebnisorientierten Vergütung. Diese lässt sich bereits in der Insulin- und Schlafapnoetherapie beobachten: Hersteller, die hier auf vernetzte Geräte gesetzt haben, konnten ihren Marktanteil in den vergangenen Jahren ausbauen und gleichzeitig Behandlungskosten senken. Zudem hat die Kombination aus Medikamentenabgabe und Diagnoseeinheit dazu bei­getragen, Therapieergebnisse maßgeblich zu verbessern.

Bild 5 zeigt schematisch den möglichen Verlauf von PIF, IV und RAW während der Behandlung. Zu Beginn ist der positive Effekt der Medikation deutlich
zu erkennen. Regelmäßiger und korrekter Gebrauch des Inhalators führt zu einer stabilen Behandlungsphase. Unterbrechungen im Gebrauch des Inhalators verschlechtern PIF, IV und RAW.

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Bild 5: Die fortlaufende Kontrolle von inspiratorischem Maximalfluss (PIF), inspiratorischem Volumen (IV) und Atemwegswiderstand (RAW) liefert wertvolles Feedback für Arzt und Patient.
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Intelligente Inhalatoren, die während der Verwendung zusätzlich den Inhala­tionsfluss messen und auswerten, bieten auf drei Ebenen einen Mehrwert: Erstens begleiten sie den Einsatz und weisen auf Fehler hin. Zweitens messen sie die Lungenfunktion und quantifizieren die Wirksamkeit der Medikation. Zusätzlich steigern sie die Adhärenz durch wertvolle Rückmeldungen an den Patienten. Zukünftig könnten Flussmessungen darüber hinaus zur Wirkstofffreisetzung genutzt werden – voll automatisiert und optimal an die individuellen Bedürfnisse des Pa­tienten angepasst.


  1. Der Inhalator denkt mit
  2. Die Messung des Luftflussprofils
  3. Nachrüstung ohne erneute Zertifizierung

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