HMIs in der Medizintechnik

Berühren ohne Hautkontakt

12. April 2023, 8:59 Uhr | Steven Kluge, Seco
Dermadrop TDA verbindet ohne Injektionen und Skalpell Tiefenwirkung mit einer angenehmen Behandlung. Das HMI dient beim TDA medical als zentrale Kommunikationsschnittstelle.
© Seco

Meddrop BioMedical hat gemeinsam mit CogniMed ein berührungsloses dermatologisches Therapiegerät entwickelt – das TDA medical. Die wesentlichen, individuellen HMI-Anpassungen erfolgten dabei von Seco auf Basis seines HMIs Santaro.

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Sicherheit und Qualität sind die wichtigsten Parameter für hochwertige und verlässliche Produkte in der Medizintechnik. Der Einsatz von Human Machine Interfaces (HMIs) in medizinischen elektrischen Geräten und Systemen stellt somit sehr hohe Anforderungen an die Hersteller. Die Geräte müssen komfortabel und präzise bedienbar sein, Keimfreiheit und einfache Reinigung ermöglichen, eine optimale Ablesbarkeit der Parameter sicherstellen sowie Ausfallsicherheit und Langzeitverfügbarkeit bieten.

Bei der Bedienung medizinischer Geräte sind Touchscreens immer öfter eine wichtige Komponente und ihre Verwendung nimmt seit einigen Jahren stetig zu. HMI samt Display nehmen dabei die wichtige Rolle des zentralen Bedienelementes medizintechnischer Geräte ein. Die Funktionen lassen sich darüber präzise steuern, zudem erhält der Benutzer auf Berührung aktuelle Informationen, wie zum Beispiel Behandlungsabläufe oder aktuelle Messergebnisse.

Dermatologische Behandlungen mit TDA

Lange Zeit konnte bei dermatologischen Behandlungen nur mit invasiven Methoden in die tieferen Schichten der Haut vorgedrungen werden. Die neuen TDA (Transdermale Applikations)-Systeme hingegen arbeiten ohne direkten Hautkontakt. So ist es möglich, die Wirkstoffe mithilfe topischer Zerstäubung von Substanzen auf dem Behandlungsareal (zum Beispiel Gesicht, Hals, Hände etc.) ohne direkten Hautkontakt zu transportieren. Sie dringen in die tiefsten Haut- und Gewebeschichten ein und bilden dort Wirkstoffdepots, die die Haut von innen heraus regenerieren lassen. Alles, was die Patienten und Patientinnen spüren, ist ein angenehm kühlender Massagedruck auf der Hautoberfläche.
Das Hamburger Life-Science-Unternehmen Meddrop BioMedical Technologies bietet ein Behandlungsgerät auf Basis der TDA-Methode an. Es kommt vorrangig im medizinisch-ästhetischen Bereich und bei dermatologischen Behandlungen zum Einsatz, kann aber auch in der Orthopädie verwendet werden.

Aufgrund neuer und erhöhter Performance-Anforderungen war ein Re-Design des bisherigen Gerätes erforderlich. Ziel war es, das System auf den aktuellen technischen Stand zu bringen und für kosmetische Anwendungen zu optimieren. Auch das Design sollte komplett überarbeitet werden und dadurch ein moderneres und ansprechenderes Äußeres erhalten. Mit dieser Zielsetzung wandte sich Meddrop an den Hard- und Software-Entwicklungsspezialisten für medizinische Geräte CogniMed. Das Unternehmen aus Reinfeld in Schleswig-Holstein schlug seinem Auftraggeber als zentrale Komponente für die Bedieneinheit des Produktes eine HMI-Lösung seines langjährigen Partners Seco vor.

Vom Konzept zum Produkt

Um keine vollständig neue Eigenentwicklung eines HMIs vornehmen zu müssen, entschied sich Meddrop für ein »Proven Concept«-HMI von Seco. Dieser Ansatz hat den Vorteil, dass auf Basis des bewährten Konzepts von Seco, lediglich Anpassungen vorgenommen werden müssen. So lassen sich die Entwicklungskosten niedrig halten und auch die Dauer von der Produkt­entwicklung bis zur Platzierung am Markt wird verkürzt.
Im ersten Schritt wurde das Gerät in Komponenten gegliedert, sodass sich eine klare Aufgabenteilung und Zuständigkeit von CogniMed und Seco festlegen ließ. Der HMI-Spezialist war für das Bedienelement, bestehend aus Recheneinheit mit Display und Touch-Schnittstellen, verantwortlich. In enger Abstimmung mit dem Kunden
erfolgte dann die konkrete Umsetzung der Kundenanforderungen.

Im Vordergrund der Entwicklung des TDA medical stand die einfache und sichere Bedienung. Das Gerät sollte da­rüber hinaus neben einem neuen Design über ein modernes und gleichzeitig robustes Bedien-Interface verfügen und klare Grafikanzeigen bieten, die auch aus unterschiedlichen Betrachtungswinkeln gut lesbar sind. Auch eine hohe Langlebigkeit durch Liefersicherheit von Baugruppen war gefordert. Zudem musste das Gerät leichter als die alte Lösung sein, da es oft als mobile Anwendung zum Einsatz kommt. Aus technischer Sicht sollte die Recheneinheit über verschiedene Schnittstellen, anpassbare Module und erweiterbare Speicher verfügen. Die Anforderungen an das Display waren eine klare grafische Darstellung mit sattem Farbprofil und eine Touch-Bedienung, die auch mit Handschuhen möglich sein musste. Das System sollte zudem über eine Sound-Ausgabe verfügen und softwareseitig Updates per Bootloader erlauben.

Angepasste HMI-Standardlösung

Die für das TDA medical eingesetzte HMI-Lösung Santaro x2 10.1 by Garz & Fricke wurde speziell an die Kundenbedürfnisse angepasst. Es besteht aus einem Santaro Single Board Computer (SBC) mit 10,1 Zoll großem kapazitiven IPS-Multitouchscreen in Full-HD-Auflösung, mit Sound-Ausgabe, einer customized Coverlens und einer kundenspezifischen Glasfront. Das robuste HMI ist mit einem leistungsfähigen ARM-
Cortex-Prozessor, einer Vielzahl an Schnitt­stellen und einem erweiterbaren 4 GB großen eMMC-Flash-Speicher ausgestattet. Es arbeitet mit einem optimierten Yocto-Linux-Betriebssystem. Yocto ist dabei kein eigenständiges Linux-System, sondern vielmehr ein Baukasten, aus dem sich die Entwickler bedienen können. Das HMI zeichnet sich zudem durch seine standardisierte Architektur und hohe Anpassbarkeit aus, was den Entwicklern von CogniMed entgegenkam. Zudem passte das Displaymodul aufgrund der optimierten kompakten Form samt Elektronik optimal in das TDA-Medical-Gehäuse.

Kundenspezifische Glasfront

Zwar war das eingesetzt Santaro als Standardprodukt verfügbar, musste aber auf die speziellen Anforderungen von Meddrop adaptiert werden. Das galt vor allem für das Frontpanel des HMIs. Dafür wurde das Glas speziell geschliffen und konnte so optimal an das Gehäusedesign des Geräts angepasst werden. Da keine Kanten entstehen, in denen sich Schmutz sammeln kann, erzielte man einen extrem hohen Hygieneschutz.

Eine speziell für das TDA medical wichtige Anpassung erfolgte beim verwendeten Glas. Denn die Glasfront musste als mobiles Gerät für den Transport besonders robust sein. Dafür wurde thermisch gehärtetes Glas eingesetzt. Das Ergebnis: eine besondere Widerstandsfähigkeit, bei der Absplitterungen des Glases reduziert werden. Aufgrund der vom Kunden gewünschten Hinterdruckung und eines Leuchtbandes zur Hinterleuchtung, das später vom Kunden an den Rändern des Frontglases angebracht wurde, war eine spezielle Flush-Mount-Variante nötig, die für eine optimale Integration des Frontpanels in das Design sorgte. Die Bedruckung erfolgte dafür auf der Rückseite des Schutzglases. Zudem wurde ein spezieller Sperrlack eingesetzt, der verhindert, dass Licht von dem integrierten Lichtband von hinten durchscheint und so die Lesbarkeit des Displays beeinträchtigt.

Kurze Time-to-Market

Die gesamte Entwicklung, einschließlich Gerätekonzipierung, Modellskizzierung und Prototypenerstellung, dauerte circa ein dreiviertel Jahr. Das maßgeschneiderte HMI von Seco dient nun als zentrale Kommunikationsschnittstelle, mit der Anwender die dermatologische Applikation TDA medical steuern und bedienen. Das dafür verwendete reaktive Touchsystem des Displays ermöglicht eine präzise Bedienung auch mit Handschuhen. Eine klare Darstellung aller Informationen ist durch das große IPS-Touchdisplay mit hoher Auflösung gewährleistet und zeigt dem Nutzer detaillierte Informationen zur Interaktion. Dabei erlaubt es einen Betrachtungswinkel von 85 Grad in jede Richtung. Durch den Einsatz eines Proven-Concept-Gerätes mit Linux-Betriebssystem konnte man mit dem Santaro zudem eine erhebliche Reduktion der Time-to-Market erzielten.

Auch die Meddrop BioMedical Technologies GmbH war von der Zusammenarbeit und dem Resultat bei der Entwicklung des TDA medical sehr zufrieden. »Das Engineering-Team von Seco hat uns mit wertvoller und fachlich äußerst kompetenter Beratung und Umsetzung in allen Punkten rund um die Bedien­einheit hervorragend unterstützt«, so Kevin Ruf von Meddrop. Gemeinsam mit CogniMed sei es Seco gelungen, das Re-Design genau nach den Vorstellungen mit sehr transparenten Entwicklungsschritten innerhalb kürzester Zeit zu realisieren. »Wir verfügen nun über ein Produkt, das unsere Anforderungen bis ins kleinste Detail erfüllt und hoffen, dass es zukünftig Gelegenheiten für eine weitere Zusammenarbeit mit Seco gibt.« (me)

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