Diabetes ist eine sehr lästige Krankheit, an der weltweit etwa 366 Millionen Menschen leiden. Um sie in den Griff zu bekommen, muss sich der Patient in regelmäßigen Zeitabständen in den Finger stechen, Blut entnehmen und den Blutzuckerspiegel messen - eine immer wiederkehrende, schmerzliche und damit belastende Prozedur. Eine bewährte Hochfrequenztechnik könnte die Blutentnahme in Zukunft überflüssig machen.
Medizintechnikhersteller untersuchen derzeit das Potenzial von winzigen, NFC-fähigen Blutzuckersensoren, die den Patienten direkt unter die Haut implantiert werden. NFC steht für »Near Field Communication« und ist ein HF-Protokoll für den Datenaustausch zwischen Geräten, die weniger als 10 cm voneinander entfernt sind oder einander berühren. Da die Nahfeldkommunikation von zahlreichen Smartphones und Tablets mit »Android«-Betriebssystem unterstützt wird, könnte sie sich auf breiter Front durchsetzen. Der Patient könnte dann jederzeit seinen Blutzuckerspiegel abfragen, indem er einfach sein Smartphone oder seinen Tablet, auf dem eine entsprechende App läuft, in die Nähe des Implantates bringt.
Bei Bedarf könnte das Host-Gerät den Messwert automatisch zum behandelnden Arzt senden. Die App könnte den Patienten auch regelmäßig daran erinnern, dass es Zeit ist zu messen, und gegebenenfalls medizinische Hilfe anfordern, wenn der Patient nicht in der Lage ist, die Messung durchzuführen.
Ein NFC-fähiger Sensor eignet sich besonders für diese Anwendung, denn
Das Beispiel eines implantierbaren Blutzuckersensors soll zeigen, welche Möglichkeiten in einem NFC-fähigen Sensor stecken - doch dieser Bauteiltyp eignet sich nicht nur für medizinische Anwendungen, sondern für viele weitere Anwendungen in den unterschiedlichsten Marktsegmenten (siehe auch Kasten »Weitere Anwendungsbeispiele für den NFC-fähigen Sensor SL13A«).
Weitere Anwendungsbeispiele für den NFC-fähigen Sensor »SL13A« |
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→ Lieferkettenüberwachung mit Alarm bei Überschreitung der zulässigen Lagerdauer: Der Baustein eignet sich zur Überwachung des Zustands von Waren und der Umgebungsbedingungen während des Transports und der Lagerung. Die zulässige Lagerdauer verderblicher Waren wie z.B. Lebensmittel, Getränke oder Medikamente ist wegen der Temperaturabhängigkeit chemischer Reaktionen von der Lagertemperatur bestimmt. Einige Sensor-Tags verwenden einen Algorithmus, der anhand von Temperaturmessdaten dynamisch die zulässige Lagerdauer berechnet und einen Alarm auslöst, wenn diese überschritten werden. |
→ Gebäudeüberwachung: SL 13A kann in Verbindung mit geeigneten Sensoren an Gebäuden, Brücken, Überführungen oder sonstigen Bauwerken die lokalen Umgebungsbedingungen (Temperatur, Luftfeuchtigkeit, Druck, Vibration usw.) aufzeichnen; diese können dann mit einem NFC-Reader abgefragt werden. |
→ Prozessüberwachung: Im Rahmen der Fabrikautomatisierung können Sensor-Tags Prozesse und deren Qualität überwachen. Eine solche kontinuierliche Überwachung sämtlicher Prozessschritte ist effizienter als eine einzige Qualitätskontrolle am fertigen Produkt. |
→ Fernmessungen: Sensor-Tags mit dem SL 13A können in ein Gerät eingebaut werden, das über eine drahtlose Verbindung verfügt, beispielsweise WLAN oder GSM. So lassen sich Gegenstände oder Umgebungsbedingungen aus der Ferne verfolgen und überwachen. |
Architektur NFC-fähiger Sensoren
Ein NFC-fähiger Sensor ist ein RFID-Tag (Funketikett) mit einer Sensorschnittstelle (zur Aufbereitung und Digitalisierung des Sensor-Eingangssignals). Wie jedes andere RFID-Tag besitzt auch ein NFC-fähiger Sensor eine eindeutige ID, sodass der Benutzer die Identität eines etikettierten Objekts feststellen kann.
Aber er könnte auch die Umgebungsbedingungen überprüfen, denen das Objekt ausgesetzt war (Bild 1), oder sonstige Messungen durchführen, beispielsweise biologische Daten mit implantierten Sensoren abfragen. Die Sensorsignalverarbeitung im NFC-Tag ändert nichts an der grundlegenden Kommunikationsmethode: Die eindeutige ID und die Sensordaten können gelesen werden, sobald das Tag in die Nähe eines RFID-Reader oder eines NFC-fähigen Mobiltelefons mit entsprechender App gelangt.
Natürlich gibt es noch andere Technologien, mit denen sich drahtlose Sensoren realisieren lassen. Es ist heute überhaupt kein Problem mehr, einen Sensor an ein Objekt zu befestigen, ihn an einen Mikrocontroller und einen HF-Transceiver anzuschließen und somit eine drahtlose Kommunikation zwischen dem »intelligenten« Sensor und einem Lesegerät herzustellen. Warum ist NFC für Anwendungen, die eine Funkkommunikation über kurze Entfernungen mit relativ geringer Datenrate erfordern, besonders attraktiv?
NFC ermöglicht eine intuitive Interaktion zwischen zwei Geräten - es genügt, die beiden Geräte nebeneinander zu halten. Der Aufbau einer NFC-Verbindung dauert nur Bruchteile einer Sekunde - andere Systeme brauchen dafür in der Regel mehrere Sekunden. NFC-Lösungen brauchen wenig Strom, das führt zu sehr langen Batterielaufzeiten oder ermöglicht Implementierungen ganz ohne Batterie. Die Systemkosten einer NFC-Anwendung sind geringer, weil die Technologie einfacher ist als konkurrierende Technologien wie »ZigBee« oder »Bluetooth Low Energy«. Weil die NFC-Übertragung nur über sehr kurze Entfernungen funktioniert, ist sie relativ abhör- und störsicher. NFC-Systeme können auf existierende Infrastruktur aufgesetzt werden - in vielen Fällen genügt es, eine geeignete App für das Host-Gerät zu entwickeln.
Voll-passive oder semi-passive Tags
Im voll-passiven oder batterielosen Modus bezieht der NFC-fähige Sensor die zur Speisung der Sensorschnittstelle und des HF-Senders benötigte Energie aus der HF-Strahlung des Readers. Im semi-passiven (batterieunterstützten) Modus ermöglicht der NFC-fähige Sensor Anwendungen mit autonomem Betrieb, zum Beispiel für die Langzeitüberwachung. Als Option kann die Batterie vom Benutzer gezielt ein- oder ausgeschaltet werden. Zudem ist der Betriebsfall vorstellbar, in dem ein NFC-fähiger Sensor zu Beginn seines Einsatzes im semi-passiven Modus arbeitet und in den voll-passiven Modus wechselt, sobald die Batterie erschöpft ist. Die bis dahin erfassten Sensordaten sind jedoch in einem nichtflüchtigen Speicher abgelegt und gehen nicht verloren, wenn dem Tag keine Energie mehr zugeführt wird.
RFID-Systeme basieren auf dem Konzept, dass das Tag die gesamte benötigte Energie aus der HF-Strahlung des Readers bezieht. Bei einem NFC-fähigen Sensor kann diese »geerntete« Energie (mit einer typischen Leistung von 4 mA an 3,3 V) zusätzlich auch zur Speisung des Sensors verwendet werden. Sollte die geerntete Energie nicht für den Sensor ausreichen, beispielsweise weil das Tag eine besonders kleine Antenne hat oder relativ weit vom Reader entfernt ist, besteht die Möglichkeit, einen Pufferkondensator zu verwenden, der vor der Messung aufgeladen wird und während der Messung den Sensor speist.
Die Lebensdauer voll-passiver Tags ist theoretisch unbegrenzt, und sie können drahtlos abgefragt werden. Daher können diese Sensoren beispielsweise in Wände oder hermetisch dichte Produkte eingebaut werden. Es ist beispielsweise denkbar, in der Nähe von Wasser- oder Abwasserleitungen, die in der Wand oder im Fußboden eines Gebäudes verlegt sind, NFC-fähige Feuchtigkeitssensoren einzubauen. So könnte man Lecks in Zukunft frühzeitig erkennen, die man heutzutage meist erst bemerkt, wenn sie bereits beträchtliche Schäden verursacht haben.
Semi-passive Tags enthalten eine eigene Energiequelle, normalerweise eine Batterie, um die Tag-Elektronik und den Sensor zu speisen. Die Datenübertragung erfolgt, ähnlich wie bei der voll-passiven Variante, durch Rückstreuung des von einem Lese-
gerät ausgesendeten Signals. Benutzeraktivierte semi-passive Sensor-Tags sind die meiste Zeit im Ruhezustand, in dem sie so gut wie keinen Strom verbrauchen. Die Sensorwerterfassung wird bei Bedarf vom Benutzer aktiviert, indem das Tag mit dem HF-Signal von einem Reader oder einem NFC-fähigen Gerät beaufschlagt und damit »geweckt« wird.
Autonom arbeitende, semi-passive Sensor-Tags, die zu Zwecken der Langzeitüberwachung verwendet werden (sogenannte Datenlogger) können durch externe Ereignisse aktiviert oder periodisch durch eine integrierte Echtzeituhr (RTC, Real-Time Clock) getriggert werden. Solche Anwendungen entnehmen der Batterie zur Speisung der Echtzeituhr oder der auf externe Ereignisse reagierenden Trigger-Schaltung einen typischen Dauerstrom von etwa 2 µA. NFC-fähige Sensor-Tags dieser Art, die externe Zustände überwachen, könnten beispielsweise an Waren angebracht werden, die besonders sorgfältig transportiert werden müssen - zum Beispiel Laborproben oder Transplantate. Am Ende der Lieferkette kann das Sensor-Tag mit einem NFC-fähigen Lesegerät ausgelesen und Alarm ausgelöst werden, wenn die vorgeschriebenen Transportbedingungen nicht eingehalten wurden, beispielsweise die zulässige Maximaltemperatur überschritten wurde. Da die Sensordaten einen Zeitstempel tragen, lässt sich der gesamte Transportverlauf zurückverfolgen (Bild 1).
Implementierungen NFC-fähiger Sensoren
Die beschriebenen und ähnliche Anwendungen NFC-fähiger Sensoren erfordern eine Energy-Harvesting-Lösung, eine Sensorschnittstelle, eine Power-Management-Schaltung und eine Echtzeituhr. Der »SL13A«, ein von ams entwickelter Transponder für NFC-fähige Sensoren, vereint diese Funktionen in einem einzigen Chip (Bild 2). Dieser Chip (Listenpreis 2,59 US-Dollar pro Stück bei Abnahme von 1000 Stück) ist mit dem NFC-V-Standard (ISO 15693) konform und enthält außer den oben genannten Funktionsblöcken noch einen Temperatursensor. Das Sensor-Tag kann sowohl voll- als auch semi-passiv betrieben werden.
Für autonome Datenlogging-Anwendungen, die von der integrierten Echtzeituhr Gebrauch machen, ist eine Batterie erforderlich. Die Sensor-daten inklusive der Erfassungszeiten werden im chipinternen EEPROM gespeichert und durch Passwörter zum Schutz vor unbefugtem Zugriff und Manipulation gesichert. Im passiven Modus entnimmt das Tag seine Betriebsenergie dem HF-Signal eines Lesegeräts (Reader oder NFC-fähiges Mobiltelefon); die Zeiterfassung zum jeweils erfragten Sensorwert erfolgt nunmehr im Lesegerät.
Der SL13A eignet sich für eine Vielzahl von Anwendungen, welche die Erfassung und drahtlose Übertragung von Sensordaten erfordern, beispielsweise zur Überwachung medizinischer Behandlungspläne. Tablettenspender und Blisterpacks mit eingebauten Sensor-Tags können die Einnahme von Pillen überwachen und mitsamt Zeitstempel aufzeichnen. So kann medizinisches Personal überprüfen, ob ein Patient sich an die ärztliche Verordnung hält.
Über den Autor:
Oluf Alminde ist Senior Marketing Manager für Power & Wireless bei ams.