Planung von Stromversorgungen

An alles gedacht?

29. September 2015, 11:24 Uhr | von Florian Eitel
© Magic Power Technology

Eigentlich könnte die Welt so einfach sein, es kommt ja nur Spannung raus. So oder zumindest so ähnlich beginnt manches Design-in von Netzteilen mit der Folge, dass einige Monate später nachgearbeitet werden muss oder sogar ein Redesign ansteht. Der folgende Bericht stellt die wichtigsten Hürden beim Design-in vor und gibt Tipps für eine professionelle Planung von Stromversorgungskonzepten.

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Am Anfang steht die zugrundeliegende Zulassung: Im Zuge der 3rd Edition der EN/IEC 60601 wurde darauf geachtet, bei verschiedenen Anwendungen einfachere Netzteile einsetzen zu können. Diese Isolationsklassen werden in der Norm als MOOP (Means Of Operator Protection), also sinngemäß Schutz des Anwenders, bezeichnet und sind Geräte, bei denen sichergestellt ist, dass der Patient nicht mit dem System in Berührung kommen kann. Hier kann unter bestimmten Umständen auch auf ein IT-Gerät zurückgegriffen werden.

Die Mehrzahl der Medizinanwendungen sind jedoch Geräte der Isolationsklasse MOPP (Means Of Patient Protection), also Geräte, mit denen der Patient in Berührung kommt. Diese Geräte weisen im Allgemeinen eine höhere Isolation auf als MOOP-Geräte. Im Zuge der MOPP wird dann noch unterschieden, welcher Strom über den Patienten gegen Erde abfließen darf. Im Extremfall ist dies bei einer Anwendung am Herzen ein Strom von maximal 10 µA. Ist die Applikation dazu gedacht beim Patienten zu Hause oder in kleinen Arztpraxen eingesetzt zu werden? Dann sollte hier die EN 60601-1-11 Berücksichtigung finden, mit der herausstechenden Anforderung eines SK-II-Eingangs ohne Erde. Zu guter Letzt sollte noch die Auswahl der entsprechenden zulassenden Körperschaft, beispielsweise UL, bedacht werden. Diese ergibt sich aus den geplanten Absatzmärkten des Endprodukts.

Tipp: Zulassungen bereits im Vorfeld mit dem prüfenden Testhaus abklären!

Aber auch technisch gibt es Fallstricke, die zu beachten sind. Die Auswahl der passenden Stromversorgung richtet sich im ersten Schritt primär nach der Anzahl der entsprechenden Ausgangsspannungen, unter Berücksichtigung sowohl der jeweiligen Ausgangsleistungen der einzelnen Spannungen als auch der Summenleistung. Um hier ein optimales Netzteil auszuwählen, ist es von Vorteil, seine Lasten in Bezug auf die zeitliche Verteilung detailliert zu vermessen, denn oftmals ist es so, dass nicht alle Lasten zur gleichen Zeit mit hoher Leistung auftreten. Falls bei Mehrfachspannungen eine Mindestlast seitens des Netzteils gefordert ist, kann dies direkt mit geprüft werden.

Tipp: Bei Mehrfachspannungen den zeitlichen Verlauf der Ausgangsleistungen berücksichtigen!

Vorausgesetzt die zur Auswahl stehenden Netzteile sind von der Baugröße und den Anschlüssen her geeignet, wäre nun zu prüfen, ob Temperatur und Eingangsspannungsbereich passend sind.

Ein Wort zur Einbaulage: Die meisten konvektionsgekühlten Netzteile sind für eine waagerechte Einbaulage, mit den Komponenten nach oben und entsprechend freier Konvektion, ausgelegt. Bei anderem Einbau empfiehlt es sich, mit dem Hersteller entsprechend Kontakt aufzunehmen, um die Einbaulage entsprechend prüfen zu lassen. Lüftergekühlte Netzteile sind hier unempfindlicher.

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Bild 1: Vergleich des »MPE-S065« (2 x 4 Zoll, 65 W) mit einem Vergleichsgerät gleicher Ausgangsleistung
Bild 1: Vergleich des »MPE-S065« (2 x 4 Zoll, 65 W) mit einem Vergleichsgerät gleicher Ausgangsleistung
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Wie jedes Bauteil unterliegt ein Netzteil einem entsprechenden Temperaturverlauf, der jedoch je nach Hersteller ganz unterschiedlich ausfallen kann. Als Beispiel in Bild 1 ein Vergleich des »MPE-S065« (2 Zoll x 4 Zoll, 65 W) mit einem Vergleichsgerät gleicher Ausgangsleistung. Bis zu +50 °C Umgebungstemperatur ist es möglich, beiden Netzteilen eine Leistung von permanent 60 W zu entnehmen. Von +50 °C bis zu +70 °C muss bei dem Vergleichsgerät eine Reduktion von 2,5%/K eingerechnet werden, während die Leistung des MPE-S065 nur mit 0,75%/K sinkt. Somit kann das Vergleichsgerät bei +70°C nur noch 30 W liefern, während das MPE-S065 noch mit 51 W belastet werden kann. Diese entsprechenden Reduktionen müssen seitens der Kundenkonstruktion bereits in die Auswahl mit eingerechnet werden, da das Netzteil selbst keine aktive Leistungsreduktion durchführt. Dies führt dazu, dass je nach Auswahl des Netzteils und der entsprechenden Innentemperaturen der Kundenapplikation, ein leistungsstärkeres Netzteil berücksichtigt werden muss. Ähnliches gilt für die Eingangsspannung. Bei manchen Netzteilserien ist es notwendig, für niedrige Eingangsspannung unter 110 V die Ausgangsleistung zu begrenzen, was in Verbindung mit der Temperatur dazu führen kann, dass ein anderes Netzteil ausgewählt werden muss.

Tipp: Bei der Auswahl des Netzteils Derating unbedingt beachten!

Ein Schaltnetzteil erzeugt bedingt durch sein Konzept eine wellige Ausgangsspannung mit einer Restwelligkeit von typischerweise etwa 0,5% bis 1% (Peak-Peak) bei Volllast. Ist nun seitens des Kunden eine geringere Restwelligkeit vonnöten, so bietet es sich an, dies über zusätzliche Elektrolytkondensatoren mit parallelgeschalteten Folienkondensatoren abzufangen. Diese sind idealerweise nahe zum Verbraucher zu setzen. Generell gilt aber, falls keine untypisch hohen Anforderungen an die Restwelligkeit gestellt werden, sind keine zusätzlichen Komponenten seitens des Netzteils erforderlich.

Tipp: Zusätzliche Sieb-Elkos sind nur in Ausnahmefällen erforderlich!

EMV und elektrische Sicherheit sind wichtige Themen, weil beides zumeist erst am Ende der Entwicklung geprüft wird und hier Kleinigkeiten große Unterschiede verursachen können. Generell gilt, falls möglich, das Netzteil nahe zum Eingang des Netzkabels zu platzieren und die Schutzerde (sofern vorhanden) direkt am Netzkabelzugang auf das Gehäuse niederohmig als Punkt zu kontaktieren. Aber auch die Führung der Ausgangsleitungen sowie die Leitungen der Applikation können zu Problemen führen, sofern diese nahe am Netzteil oder sogar darüber geführt werden. Der Grund dafür liegt in der gegenseitigen Beeinflussung beider Systeme. So kann es durchaus vorkommen, dass das Ausgangskabel, falls nahe am Eingangskabel geführt, hier einkoppelt und bei der Emissionsmessung (leitungsgeführte Störspannung oder Abstrahlung) die Ergebnisse deutlich verschlechtert. Aber auch umgekehrt ist dies durchaus möglich. Ein Beispiel ist die Beaufschlagung des Prüflings mit einem Surge-Impuls (IEC 61000-4-5). Diese energereiche Transiente auf der Zuleitung kann durchaus mehrere Kilovolt mit entsprechend hohem Strom haben. Diese Störungen werden im Netzteil entsprechend gefiltert, jedoch besteht das Risiko einer magnetischen oder kapazitiven Koppelung der Störung auf die Kundenelektronik, je näher die Niederspannungsleitung zur Primärseite des Netzteils verlegt sind.

Tipp: Trennen, trennen und nochmals trennen von AC-Leitungen bzw. Netzteil zu Niederspannungsleitungen ist der Grundstock für eine erfolgreiche EMV-Prüfung!

Diese und noch einige andere Punkte sind wichtig, um ein erfolgreiches Design-in von Netzteilen zu gewährleisten. Magic Power Technology unterstützt seine Kunden sowohl durch erfahrene Vertriebsingenieure als auch durch ein hauseigenes Elektronik- und EMV-Labor.

Über den Autor:

Florian Eitel ist im Vertrieb bei der Magic Power Technology tätig.


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