Um Todesfälle durch Dehydrierung in Entwicklungsländern zu reduzieren, entwickelt ein Forscherteam um ETH-Professor Walter Karlen mit Ambica ein mobiles und günstiges Gerät, mit dem sich der Wassergehalt bei Kleinkindern messen lässt.
Ambica (Accurate Model for Bio-Composition Analysis) ist auf die Begebenheiten in Entwicklungsländern ausgerichtet und lässt sich intuitiv bedienen. Den Prototypen haben ETH-Masterstudenten in Maschinenbau zusammen mit einer Bachelorstudentin in Industriedesign der Zürcher Hochschule der Künste (ZHdK) entwickelt. Im Juni wurde das Gerät an der ZHdK erstmals ausgestellt: Zwei identische blaue Manschetten für Hand und Fuß mit je zwei eingelassenen Elektroden, die durch ein Kabel verbunden sind. Über die Elektroden wird ein schwacher Stromkreislauf am Körper angelegt und anschließend der Widerstand bestimmt.
Die so gemessene bioelektrische Impedanz erlaubt Rückschlüsse auf die Wasserkonzentration im Körper. Ein Sensor auf der Handmanschette signalisiert durch rote und grüne Striche, ob der Wassergehalt des Körpers zu- oder abnimmt und schlägt Alarm, wenn zum Beispiel eine Infusion nötig wird. Die Überwachung geschieht in Echtzeit und ohne dass dafür medizinisches Personal anwesend sein muss Die Manschetten bestehen aus leichtem EVA-Kunststoff. Zwar müssen die Kontakte der Elektroden aus hygienischen Gründen bei jedem Einsatz ersetzt werden, das Kabel aber ist wiederverwendbar, wodurch sich Kosten sparen lassen. Laut Karlen ist es möglich, dass sich Ambica in Serie für weniger als hundert Schweizerfranken produzieren lassen könnte.
Das Team um Karlen forscht derzeit außerdem an einer Plattform, mit der sich die erhobenen Gesundheitsdaten großflächig auswerten lassen. „Die kleinen Sensoren in den Handmanschetten sind ziemlich intelligent“, so Karlen. „Sie lassen sich zu einem `Internet der medizinischen Dinge` verbinden.“
Der Sensor kann Daten visualisieren, speichern, auswerten und an andere Geräte senden. Anhand von Big Data-Analysen könnte sich so genau bestimmen lassen, wann Dehydrationsfälle in welchen Regionen stark zunehmen. Basierend auf diesen Daten könnten Informations- und Hygienekampagnen effektiver organisiert werden. Auch epidemiologische Langzeitstudien sind mit Ambica denkbar.Ambica ist derzeit noch ein Prototyp, im Dezember soll eine erste Feldstudie stattfinden. Die Wissenschaftler wollen das System in der Provinz Western Cape in Südafrika in der heißen Saison über drei bis vier Monate testen.
Dehydrierung bei Kleinkindern ist im Westen eine seltene Todesursache. Mit zunehmenden Hitzewellen infolge des Klimawandels könnte ein Dehydrierungs-Warnsystem aber auch in nördlichen Ländern für ältere, vergessliche Menschen sinnvoll sein. Eine solche Anwendung sieht Karlen aber erst, nachdem sich das System in Entwicklungsländern etabliert hat.
Finanziert wurde das Projekt von der Sawiris Foundation for Social Development über das ETH Engineering for Development-Programm.