Massive-MIMO-Antennen für 5G

Messtechnik für dreidimensionale Antennendiagramme

17. Januar 2018, 13:29 Uhr | Von Dr. Corbett Rowell und Reiner Stuhlfauth
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Fortsetzung des Artikels von Teil 1

Nah- und Fernfeldmessungen

OTA-Messsysteme für Antennen lassen sich entsprechend dem Teil des gestrahlten Feldes klassifizieren, das gerade abgetastet wird. Bild 4 zeigt die Nah- und Fernfelder eines Antennen¬arrays einer Basisstation mit acht Patch-Antennen, gespeist über Mikrostreifenleitungen bei 2,7 GHz mit einheitlicher Erregung. Die Nahfeld- und Fernfeldbereiche sind durch den Fraunhofer-Abstand R = 2 × D2/λ definiert, wobei D die maximale Antennenapertur bzw. -größe ist und λ die Wellenlänge. Bei Abständen kleiner als R besteht das Nahfeld sowohl aus reaktiven als auch aus gestrahlten Komponenten; wogegen das Fernfeld einer Antenne nur die gestrahlte Komponente enthält.

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Nah- und Fernfeld eines Antennenarrays (acht Patch-Antennen, gespeist über Mikrostreifenleitungen und einheitlich erregt) einer Basisstation
Bild 4. Nah- und Fernfeld eines Antennenarrays (acht Patch-Antennen, gespeist über Mikrostreifenleitungen und einheitlich erregt) einer Basisstation, das bei 2,7 GHz arbeitet.
© Rohde & Schwarz

Exakte Phasen- und Betragsmessungen über eine dreidimensionale Oberfläche, die das Messobjekt umgibt, sind für eine mathematische Transformation in den Fernfeldbereich erforderlich und ergeben 2D- und 3D-Antennenverstärkungsdiagramme. Eine Messung im Fernfeldbereich erfordert nur den Betrag der Empfangsleistung, um das Strahlungsdiagramm der Antenne zu berechnen, und kann bei Bedarf an einem einzigen Punkt im Raum gemessen werden.

Für kleine Messobjekte – in Bezug auf die Wellenlängen – wie Endgeräte wird die erforderliche Größe der Messkammer für Fernfeldbedingungen vorwiegend durch die bei der Messung verwendeten Wellenlänge bestimmt. Für größere Geräte wie Basisstationen, Antennenarrays und Massive MIMO steigt die erforderliche Größe der Messkammer möglicherweise stark an. Diese lässt sich aber deutlich reduzieren, solange das Messsystem die Phase und den Betrag des elektromagnetischen Feldes auf der gesamten umschließenden Oberfläche exakt abtastet.

Nahfeld-Messkammern für Fernfeldmessungen

Messungen im Fernfeldbereich erfordern eine direkte Leistungsmessung der ebenen Wellen. Die erforderlichen Messkammern sind im Allgemeinen ziemlich groß, wobei sich die Länge aus der Kombination der Größe des Messobjekts und den Messfrequenzen ergibt.

Obgleich das Fernfeld normalerweise mit einem geeigneten Abstand zum Messobjekt gemessen wird, kann man die elektromagnetischen Felder so manipulieren, dass sich eine Nahfeldkammer dazu verwenden lässt, um direkt die Beträge der ebenen Wellen zu messen. Es gibt zwei Techniken:

  • In Compact-Range-Kammern wird mit Hilfe eines Reflektors bzw. Spiegels die Distanz zwischen Messantenne und Messobjekt vergrößert. Diese Methode eignet sich gut für große Messobjekte wie Flugzeuge und Satelliten.
  • Alternativ kann mit einem Plane Wave Converter (PWC) am Messobjekt eine planare Welle erzeugt werden. Dabei dient ein Antennenarray als Messantenne. Ähnlich wie bei Linsen in einem optischen System baut das Antennenarray in der Zielzone am Messobjekt ein planares Fernfeld auf.

Nahfeldmessungen

Messungen im Nahfeldbereich erfordern, dass in dem Bereich sowohl die Phase als auch der Betrag über eine geschlossene Oberfläche – kugelförmig, linear oder zylindrisch – abgetastet werden, um den Betrag des Fernfeldes mit Hilfe der spektralen Fourier-Transformation zu berechnen.
 

Die gleichzeitige, aktive Reflexionsdämpfungsmessung von zwölf Antennenelementen ist mit dem Vektornetzwerkanalysator R&S ZNBT20 möglich
Bild 5. Die gleichzeitige, aktive Reflexionsdämpfungsmessung von zwölf Antennenelementen ist mit dem Vektornetzwerkanalysator R&S ZNBT20 möglich.
© Rohde & Schwarz

Diese Messung wird üblicherweise mit einem Vektornetzwerkanalysator wie dem R&S ZNBT20 (Bild 5) durchgeführt, wobei ein Messtor mit dem Messobjekt und das andere Messtor mit der Messantenne verbunden sind. Für aktive Antennen oder Massive MIMO existieren oftmals keine dedizierten Antennen- oder HF-Messtore, sodass das OTA-Messsystem in der Lage sein muss, die Phase zu ermitteln, um die Transformation in das Fernfeld abzuschließen. Für aktive Antennensysteme gibt es zwei Verfahren zur Ermittlung der Phase:

  • Interferometrisch: In diesem Fall verwendet das Messsystem eine zweite Antenne mit einer bekannten Phase als Referenz. Das Referenzsi¬gnal wird mit dem Signal des Messobjekts mit unbekannter Phase gemischt. Durch Nachbearbeitung lässt sich die Phase des Messobjektsignals extrahieren und für die Nahfeld-Fernfeld-Transformation nutzen.
  • Mehrere Oberflächen oder Tastköpfe: Alternativ kann ein zweites Oberflächenvolumen als Phasenreferenz verwendet werden, wobei der Abstand zwischen zwei Messradien mindestens eine Wellenlänge betragen muss. Anstelle von mehreren Oberflächen kann der Anwender zwei Tastköpfe mit unterschiedlichen Antennenfeld-Charakteristiken nutzen. Die beiden Tastköpfe müssen mindestens eine halbe Wellenlänge Abstand haben, um eine wechselseitige Kopplung zu minimieren.

Bei der Wahl des Vektornetzwerkanalysators (VNA) sind vor allem bei Messungen mit gekoppelten Antennenelementen echte Multiport-VNAs wie der R&S ZNBT20 im Vorteil. Da mehrere Empfänger – anstelle der Verwendung von Schaltern – zur Verfügung stehen, um die Tests simultan durchzuführen, verkürzt sich die Testzeit. Zudem lassen sich mit mehreren Empfängern vollständige und aktive wechselseitige Kopplungsmessungen leichter durchführen.

5G fordert und beflügelt die HF-Messtechnik

Antennenarrays werden eine wichtige Rolle im zukünftigen Mobilfunk einnehmen. Aufgrund der Herausforderungen bei Entwicklung, Konstruktion und Produktion sind gründliche Tests unabdingbar, um eine optimale Leistung zu erzielen. Der Wegfall von HF-Messtoren und die Nutzung von Frequenzen im Zentimeter- und Millimeter-Wellenbereich machen OTA-Messungen zu einem idealen Werkzeug für die Charakterisierung der Leistungsfähigkeit – nicht nur von Massive-MIMO-Antennenarrays, sondern auch für die internen Transceiver. Dies wird eine große Nachfrage nach OTA-Messkammern und -Messtechnik nach sich ziehen, um Transceiver und die strikten Abstrahleigenschaften von Antennen testen zu können.

Hersteller mit einer breiten Palette an entsprechenden Absorberkammern, Messantennen und Messgeräten (Spektrumanalysatoren, Signalgeneratoren und Netzwerkanalysatoren) und dem nötigen Know-how können hierzu umfassende OTA-Messsysteme anbieten, ausgelegt für die zukünftigen Anforderungen des Marktes.

 

Die Autoren

 

Herr Dr.-CorbettRowell von Rohde & Schwarz
Dr. Corbett Rowell von Rohde & Schwarz
© Rohde & Schwarz

Dr. Corbett Rowell

ist Senior Expert für OTA- und Antennenmesssysteme bei Rohde & Schwarz in München. Seit 1996 arbeitet er in der Antennen- und Funkbranche. Dr. Rowell begann als HF-Ingenieur bei Allgon in Schweden, wo er die ersten in Mobiltelefonen integrierten Antennen entwickelte. Danach gründete er zwei Unternehmen, arbeitete bei JP Morgan in der Wall Street und war fast ein Jahrzehnt lang F&E-Leiter des staatlichen Forschungsinstituts in Hongkong. Nach Hongkong entwickelte er für China Mobile in Peking neue Antennen und Funktechniken für 5G. Zudem war er als Professor an der Nazarbayev Universität in Astana (Kasachstan) sowie als außerordentliches Mitglied der Fakultät für Elektronik und Computer an der Universität Hongkong tätig und engagiert sich als Technical Program Co-Chair im Lenkungsgremium des International Wireless Symposium (IWS) der IEEE Microwave Theory and Techniques Society (MTT-S).

corbett.rowell@rohde-schwarz.com

Reiner-Stuhlfauth von Rohde & Schwarz
Reiner Stuhlfauth von Rohde & Schwarz
© Rohde & Schwarz

Dip.-Ing. Reiner Stuhlfauth

studierte Nachrichtentechnik an der TU Kaiserslautern und ist seit Mitte 1999 bei Rohde & Schwarz in München tätig, zuerst als Trainingsingenieur für Mobilfunksysteme und seit 2013 als Technology Marketing Manager im Marktsegment Wireless. Dabei unterstützt er Kunden in technisch komplexen Themen aus den Bereichen Funkvernetzung und Mobilfunk, von 2G bis hin zu 5G.

reiner.stuhlfauth@rohde-schwarz.com


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