In vielen Unternehmen steht das Thema Einsparungen wieder ganz oben auf der Tagesordnung. Nicht nur in der siechenden Halbleiterbranche, sondern fast überall in der Industrie- und Consumer-Elektronik. Oder liefert die von Panik in die Knie gezwungene Konjunktur den Unternehmen nur einen guten Vorwand, um Anfragen nach Gehaltserhöhungen abblitzen zu lassen?
»Nein.« Gleich mit dem ersten Wort erstickt der Personalberater jeglichen Verdacht, die Finanz- und Wirtschaftskrise käme notorisch geizigen Führungskräften insgeheim ganz gelegen. »Schauen Sie sich doch bei den Bauelementen um. Zum Beispiel in Amerika.« Von dort ist Dietrich Graf von Reischach, Inhaber und Chef von Interconsult, soeben zurückgekehrt. Wer reist, kann viel erzählen. »In den USA läuft dieser Markt alles andere als toll«, sorgt sich der Branchenkenner.
»Aktive Bauteile verkaufen sich extrem schlecht. Bei SRAM und DRAM passiert nicht viel. Diskrete Bauelemente dümpeln vor sich hin. Das wird ein mieses erstes Halbjahr für die Elektronikindustrie«, orakelt er in hörbarem Moll, »und nicht nur in den USA.«
Man ist versucht, sich höflich für das Gespräch zu bedanken und leise den Hörer aufzulegen. Doch dann der Hoffnungsschimmer: Bei den analogen Bauelementen sähe es etwas besser aus. Gute Gewinne versprächen auch die erneuerbaren Energien. »In Kalifornien passiert da augenblicklich ganz viel«, begeistert sich von Reischach: Photovoltaik, LED, Windenergie, Energiesparmaßnahmen. »Einer unserer Kunden hat damit in den letzten Jahren einen Zuwachs von 30 Prozent erzielt.« Die amerikanische Automobilwirtschaft hingegen sei kräftig angeschlagen. »Nur die Japaner verdienen mit ihren Hybridautos noch richtig Geld.« Womit wir beim Thema wären.
Wie jedes Jahr hat sich die Personalberatung im Stuttgarter Speckgürtel in der Elektronikbranche umgehört und die Entwicklung der Gehälter in jüngster Zeit abgefragt. Daraus ziehen die Experten ihre Schlüsse für die Steigerungsraten im laufenden Jahr. Und die sehen, alles in allem, ziemlich mau aus. Im Durchschnitt werden es gerade mal 2,7 Prozent mehr sein, die ein Elektroingenieur nach Hause tragen kann. Mit dem folgenden Satz werden in den kommenden Monaten fast alle Branchenberichte überschrieben sein: »Die abflauende Konjunktur führt zu moderaten Lohnzuwächsen.«
Zähne zusammenbeißen
Wer im gerade erst zurückliegenden Aufschwung 8-, 9- oder 10-prozentige Steigerungsraten für sich aushandeln konnte, darf sich anerkennend auf die Schulter klopfen. Diese Zeiten sind erstmal vorbei. Auch wenn die Frühlingssonne bald für äußere Wärme sorgen wird, heißt die Devise wenigstens bis zum Herbst 2009: Zähne zusammenbeißen, sich und seinen Job warm einpacken und tapfer überwintern. »Mit wenigen Ausnahmen sind wirklich interessante Tätigkeiten nicht leicht zu haben«, stellt Graf von Reischach fest. Zu den wenigen gesuchten Kräften gehörten Key Account Manager, erfahrene Vertriebler, Applikationsingenieure und Spezialisten für die IT-Security.
Eher auf der Verliererseite sieht er Mitarbeiter in der Computer-Hardware und im Support. Noch die besten Chancen auf einen überdurchschnittlichen Gehaltssprung haben Ingenieure im Bereich ASICs, Mikroprozessorsysteme, EDA, ATE, in Anwendungen und Automatisierungstechnik sowie Diplomierte, Bachelor und Master in Marketing und Vertrieb. Sie können mit einem Plus von etwa 3,5 Prozent rechnen. Für Hardwaretechniker dagegen schaut es grottenduster aus. »Plus null Prozent«, schätzt der Berater.
Auch bei den Standorten klafft die Einkommensschere wieder weiter auseinander. »In den östlichen Bundesländern wird immer noch etwas schlechter bezahlt als in den westlichen«, sagt der Personalberater. Am besten – wohlgemerkt: im Durchschnitt – verdienen Elektroingenieure in und rund um die baden-württembergische Landhauptstadt, am zweitbesten in München und am drittbesten im Rhein-Main-Gebiet. Danach verschwimmen die lokalen Gehaltsunterschiede.
Eigentlich keinen Grund zur Klage haben Hochschulabsolventen: Vor fünf Jahren begann ein Berufseinsteiger mit einem Jahresgehalt von etwa 31.000 Euro. Heute liegt die Diplom-, Bachelor- oder Master-Prämie bei rund 40.000 Euro. »Auch schon mal darüber, wenn gesuchtes Fachwissen oder Praxiserfahrung angeboten werden«, so von Reischach. »Ein Doktor der Ingenieurwissenschaft, der im Forschungslabor gearbeitet hat, kann einem Unternehmen durchaus seine 60.000 Euro im Jahr wert sein.«
Berufserfahrung zählt am meisten
Denjenigen, die in diesem Jahr frisch aus der Hochschule kommen, rät der Berater vor allem zum schnellen Einstieg in die Unternehmenswelt. »Mehr als alles andere zählt die Berufserfahrung. Wer sechs oder neun Monate lang gearbeitet hat, kann ganz anders auftreten als einer, der außer dem Audimax, dem Labor und dem Seminarraum nichts gesehen hat.« Im Umkehrschluss bedeutet das allerdings nicht, dass einer, der im Laufe einer langjährigen Berufstätigkeit vieles gesehen hat, nun seine Erfahrung in bare Münze verwandeln kann.
Den Gehaltsvergleich in der Hi-Tech-Industrie 2009 für die Gruppen ASICs, Automatisierungstechnik, Computer-Hardware und Netztechnologie finden Sie ab Seite 3...