Memristive Speicherzellen

Neue Vorgänge in ReRAMs entschlüsselt

3. November 2015, 10:26 Uhr | von Dr. Ilia Valov
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Neue Vorgänge entschlüsselt

Bild 1: Von links: Im OFF-Zustand hat die resistive Zelle einen hohen elektrischen Widerstand. Beim Anlegen einer Spannung lösen sich positiv geladene Ionen (grau) aus der Kupfer-Elektrode und wandern zur Platin-Elektrode, wo sie durch Elektronenaufn
Bild 1: Von links: Im OFF-Zustand hat die resistive Zelle einen hohen elektrischen Widerstand. Beim Anlegen einer Spannung lösen sich positiv geladene Ionen (grau) aus der Kupfer-Elektrode und wandern zur Platin-Elektrode, wo sie durch Elektronenaufnahme wieder zu Atomen (grün) werden. Zwischen den beiden Elektroden entsteht ein elektrisch leitendes Filament. Somit hat die Zelle einen niedrigen Widerstand (ON-Zustand). Wird eine ausreichende Spannung umgekehrter Polarität angelegt, löst sich das Filament wieder auf.
© Forschungszentrum Jülich

Wie nunmehr festgestellt wurde, sind in Valenzwechsel-Zellen (VCM) neben negativ geladenen Sauerstoff-Ionen – genau wie in elektrochemischen Metallisierungszellen (ECM) – auch positiv geladene Metall-Ionen aktiv. Der Effekt ermöglicht es, die Schalteigenschaften gezielt anzupassen und die beiden Konzepte ineinander zu überführen, wie die Forscher in den Fachzeitschriften »Nature Nanotechnology« und »Advanced Materials« aufzeigen.

Lange Zeit dachte die Forschung, dass sich VCMs und ECMs in ihrer Funktionsweise deutlich unterscheiden. Bei ECMs wird der ON- bzw. OFF-Zustand erreicht, indem sich metallische Ionen bewegen und faserartige Filamente bilden. Das passiert, in dem eine elektrische Spannung angelegt wird (Bild 1). Dadurch wächst ein solches Filament zwischen den beiden Elektroden der Zelle. Die Zelle wird praktisch kurzgeschlossen – der Widerstand sinkt schlagartig.

Durch die gezielte Steuerung des Vorgangs lassen sich dann die Informationen speichern. Die Schalteigenschaften sogenannter VCMs wurden dagegen in erster Linie mit der Verschiebung von Sauerstoff-Ionen in Verbindung gebracht. Im Gegensatz zu den Metall-Ionen sind sie negativ geladen. Durch das Anlegen einer Spannung bewegen sich die Ionen aus einer sauerstoffhaltigen Metallverbindung heraus. Das Material wird schlagartig leitfähiger. Auch hier geht es darum, diesen Prozess gezielt zu steuern.

Allerdings entdeckten die Jülicher Forscher gemeinsam mit ihren Partnern von der Chonbuk National University in Jeonju, dem National Institute for Materials Science in Tsukuba und dem Massachussetts Institute of Technology (MIT) in Boston bei den VCMs einen unerwarteten zweiten Schaltprozess: Auch in VCMs tragen nämlich Metall-Ionen auch zu der Filamentbildung bei. Der Vorgang wurde erst sichtbar, weil die Wissenschaftler die Bewegung der Sauerstoff-Ionen unterdrückten.

Bild 2: Bildung eines Tantalum-Filaments (Ta) in einer Ta/TaO(x)/Pt-ReRAM-Speicherzelle: Sauerstoffleerstellen und positiv geladene Ta(5+)-Ionen sind an dem Prozess beteiligt
Bild 2: Bildung eines Tantalum-Filaments (Ta) in einer Ta/TaO(x)/Pt-ReRAM-Speicherzelle: Sauerstoffleerstellen und positiv geladene Ta(5+)-Ionen sind an dem Prozess beteiligt
© Forschungszentrum Jülich

Dazu modifizierten sie die Oberflächen, indem sie eine dünne Kohlenstoff-Schicht direkt über dem Elektrodenmaterial anbrachten. In einem Fall verwendeten sie dafür das auch als »Wundermaterial« bekannte Graphen, das nur aus einer einzigen Lage Kohlenstoff besteht. Graphen soll den Transport von Sauerstoff-Ionen durch die Phasengrenze unterdrücken, und die Reaktionen von Sauerstoff bremsen. Die Wissenschaftler konnten plötzlich eine Schaltcharakteristik beobachten, die der einer ECM-Zelle gleicht und gehen daher davon aus, dass auch in VCMs bewegliche Metall-Ionen aktiv sind. Dies wurde durch zusätzliche Experimenten mit Rastertunnelmikroskop (STM) und Diffusionsexperimente bestätigt. Offensichtlich unterstützen die Metall-Ionen den Schaltprozess zusätzlich (Bild 2).

Der Einbau einer derartigen Zwischenschicht aus Kohlenstoff würde es erlauben, bei VCMs vom einen zum anderen Schaltprozess zu wechseln. Daraus würden sich neue Möglichkeiten ergeben, ReRAMs zu konstruieren. Je nach Anwendung kann man sich diese Erkenntnisse zunutze machen, indem der Effekt bewusst verstärkt oder gezielt unterdrückt wird.

Die Ergebnisse werfen jedoch auch Fragen auf: Die bisherigen Modelle und Untersuchungen müssen auf Grundlage dieser Erkenntnisse nochmal überarbeitet und angepasst werden. Weitere Tests sollen zudem klären, wie sich neuartige Bauelemente, die auf den Erkenntnissen aufbauen, in der Praxis verhalten. Die Forschungsarbeiten wurden zum Teil vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) finanziert.

Über den Autor:

Dr. Ilia Valov arbeitet am Peter Grünberg Institut für Elektronische Materialien (PGI-7).


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