Peter Oaklander und Susan J. Hardman sind als Senior Vice Presidents beim Analog-Hersteller Intersil zusammen für mehr als 40 Produktlinien verantwortlich. Bei einem Treffen in Intersils Hauptsitz im kalifornischen Milpitas gaben Sie der Elektronik Einblick in Intersils Produktstrategie und erklärten, warum man sich beim digitalen Power-Management ganz weit vorne sieht.
Elektronik: Der Anteil von Intersils Umsatz im Industriegeschäft betrug 2009 20 %, im 1. Halbjahr 2010 schon 32 %, während Konsumelektronik und PC-Geschäft abnahmen. Heißt das, dass sich Intersil wie einige Wettbewerber auf Geschäftsbereiche mit hohen Margen konzentrieren wird?
Peter Oaklander: Nein, sicher nicht. Wenn Sie sich ausschließlich auf die Bereiche mit hohen Margen konzentrieren, bremst das Ihr Wachstum. Sie brauchen einen ausgewogenen Mix Ihrer Geschäftsbereiche. Ich möchte in diesem Zusammenhang darauf hinweisen, dass wir weltweit die Nr. 1 bei der Lieferung von Power- und Analogchips für Net- und Notebooks sind.
Selbst Intel erwartet bei den PCs kein signifikantes Wachstum mehr, wie wollen Sie denn da noch Wachstum generieren?
Oaklander: Das sehen wir genauso wie Intel. Bei dem Wachstumssegment Notebooks haben wir über 50 % Marktanteil bei den Power-Lösungen…
Die Wachstumschancen sind dann ja dort wohl sehr limitiert…
Oaklander: Wir wollen unseren Marktanteil trotz harter Konkurrenz verteidigen, der Markt der mobilen Computer wächst ja als solcher sehr stark.
Sehen Sie eine Schlüsseltechnologie, die zukünftig Ihren Erfolg im Analog-Geschäft beeinflussen wird?
Susan J. Hardman: Da sehe ich nicht nur eine. Nehmen Sie z.B. Annäherungssensoren, die nicht nur im Handy sondern auch zunehmend in der Industrie zum Einsatz kommen oder Lichtsensoren.
Wie sieht das mit digitalem Power-Management aus?
Hardman: Wir glauben definitiv, einer der Marktführer zu sein…
Irgendwo habe ich das schon mal gehört, welcher Ihrer Wettbewerber behauptet das nicht?
Hardman: Nein, im Ernst, wir haben 2008 eine Firma mit dem Namen Zilker Labs gekauft. Dieses Startup hat eine extrem starke Position bei digitaler Power, sie belieferten z.B. 6 oder 7 OEMs im Kommunikations-Geschäft und im Industriegeschäft. Durch den Kauf durch Intersil konnten dann noch die typischen Vorbehalte gegenüber Startups wie z.B. mangelnde Lieferzuverlässigkeit über lange Zeiträume ausgeräumt werden und heute wächst das Geschäft mit dieser Produktfamilie wesentlich schneller als die restliche Firma. Es gibt viele Kunden, die den Wirkungsgrad ihrer Power-Lösung überwachen wollen und mit unseren Produkten können sie genau das tun.
Was macht Ihre Regler besser als die Ihrer Konkurrenz?
Oaklander: Zilker Labs war einer der Pioniere in digitalem Power-Management, wir haben da einfach einen Wissens- und Entwicklungsvorsprung eingekauft.
Es gibt ja einen globalen Trend zu mehr Energieeffizienz, wie beeinflusst der Ihrer Meinung nach die Chipindustrie insgesamt und Intersil?
Oaklander: Ohne Zweifel wird das sowohl das Analog- als auch das Mixed-Signal-Geschäft signifikant beeinflussen. Ich habe mich letzte Woche mit einem bekannten Hersteller von Kopierern getroffen, der hat das Ziel, im Stand-by-Betrieb eine Leistungsaufnahme von unter 1 Watt zu erreichen. Neben einem Prozessor, der sehr schnell wieder aufgeweckt werden kann, wenn jemand eine Taste drückt, brauchen Sie dazu Analog-Komponenten mit hohem Wirkungsgrad und geringer Leistunsgaufnahme. Desweiteren müssen Sie das Power-Management immer weiter verbessern, um das letzte Milliwatt aus dem Prozessor herausquetschen zu können.
In Europa gibt ja den EnergyStar oder die EuP-Initiative, galuben Sie, dass Sie hierdurch teurere Chips wie z.B. Schaltregler verkaufen können, weil Ihre Kunden diese Vorgaben sonst nicht erreichen?
Oaklander: Wir stellen diese Frage jedem unserer Kunden und die erste Antwort ist stets „Nein, wir bezahlen nicht mehr“ – und später sagen Sie dann „Na, ja, vielleicht“ weil sie dann glauben, ihre Premium-Produkte besser gegen die Billig-Konkurrenz aus Asien platzieren zu können. Also die wahre Antwort ist „Ja“. Davon abgesehen, wenn Sie den Preis auf Systemebene anschauen, kostet kostet ein Digital-Power-Chip etwas mehr, aber dafür können Sie ja viele andere Schaltkreise einsparen wodurch Sie wieder Geld einsparen.
Ist das Analog-Geschäft immer noch ein reines Chip- oder mehr ein Lösungsgeschäft? Haben z.B. Referenz-Designs Einfluss auf Ihre Verkäufe?
Hardman: Absolut. Besonders in Asien, wo die Ingenieure noch nicht die Erfahrung wie bei Ihnen in Deutschland oder bei uns in den USA haben, werden Referenzdesigns stark nachgefragt. Die schon erwähnte Firma Zilker Labs hatte z.B. eine komplette Lösung für Digital-Power entwickelt. Ein anderes Beispiel sind Überwachungskameras. Sie müssen ja auch mal sehen, dass viele Kunden in Asien nur 1-2 % ihres Umsatzes in Forschung&Entwicklung investieren, da müssen Sie schon mehr als nur einen Chip liefern.
Die Analog-Expertise in vielen Firmen sinkt ja tatsächlich, d.h. die Kunden fragen immer mehr nach hochintegrierten Lösungen wie die µModules von Linear Technology nach. Sehen Sie das auch so?
Oaklander: Sicher, nehmen Sie nur mal unsere voll integrierten Power-Module. Eine Zielgruppe sind z.B. kleine Firmen, die keine eigenen Analog-Ingenieure mehr finden bzw. sie sich nicht mehr leisten können. Unsere Module sind im Vergleich zu den Chips von Linear Technology in Bezug auf den Wirkungsgrad sehr wettbewerbsfähig und in den nächsten Monaten werden Sie noch ein paar wirkliche Innovationen sehen, die erstmalig in dieser Art am Markt verfügbar sein werden.
Nächste Monate heisst Ende 2010?
Oaklander: Richtig.
Ebenso gibt es einen Trend zu voll integrierten DC/DC-Wandlern, die einschließlich Spule und Kondensator in einem Package angeboten werden…
Oaklander: Mit unserem brandaktuellen ISL8201M können Sie die Anzahl der externen Komponenten von bis zu 41 auf nur noch 3 reduzieren: Einen Widerstand und zwei Kondensatoren.
Sehen Sie sogenannte „Game-Changer“ in ihrem Geschäft, also Technologien, die die heute Aufstellung von Ihnen und Ihrer Konkurrenz total durcheinanderwirbeln könnte?
Oaklander: Ein Game-Changer wird sicher Galliumnitrid sein…
Haben Sie da schon Produkte entwickelt, die Sie in Kürze ausliefern werden?
Oaklander: Nichts, was wir Ihnen erzählen würden. Nein Fakt ist ja, dass die Vorteile besonders bei diskreten FETs ersichtlich sind, Intersil bietet ja im Gegensatz zu anderen Firmen wie Infineon oder IRF keine diskreten FETs an, das wird mit Sicherheit die erste Welle für Galliumnitrid-Produkte sein. Wir haben Produkte die die FETs treiben oder steuern und insofern wird unser Geschäft auch beeinflusst.
Wo bekommen Sie eigentlich Ihre Analog-Ingenieure her?
Oaklander: Na ja, neben den Universitäten werben wir auch gute Leute von der Konkurrenz ab, wir werden nächstes Jahr übrigens ein neues Design-Center bei Ihnen in Ismaning (bei München, Anm. der Red.) eröffnen.
Das ist ja mal wirklich praktisch, Linear Technology sitzt auch in Ismaning und Texas Instruments in Freising ist ja auch nicht weit weg...
Oaklander: Wenn Sie das sagen (lacht)
Meine letzte Frage betrifft Ihren Aktienkurs. In den letzten Jahren entwickelte sich Ihr Aktienkurs schlechter als der Marktindex. Wie kommt das?
Hardman: Wir haben in den letzten Jahren sehr viel Geld für Entwicklungen für Märkte ausgegeben, in denen wir noch fast oder überhaupt keinen Umsatz erzielt haben, konkret 40 %. Beispiele sind LED-Treiber oder Chips für den Spannungsausgleich in Batteriezellen. Wir haben sozusagen in die Zukunft investiert. Die Aktienmärkte belohnen ja eher die kurzfristigen Maßnahmen.