Vorzeige-AG nach Penny-Stock

Chip-Hersteller Infineon ist einer der gesündesten DAX-Konzerne

6. August 2013, 9:57 Uhr | Frank Riemenschneider

Eine Untersuchung der Bilanzen der 30 DAX-Konzerne durch das Wirtschaftsmagazin “Wirtschaftswoche” hat Bemerkenswertes ergeben: Der Chip-Hersteller Infineon, der Ende 2008 zum Penny-Stock mutierte und unter hohen Schulden ächzte, weist mittlerweile zusammen mit BMW und zwei anderen Firmen die gesündeste Bilanz auf.

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Peter Bauer, Infineon: »Mit unseren Schwerpunkten auf Energieeffizienz, Mobilität und Sicherheit haben wir uns von den starken Konjunkturschwankungen der reinen Consumer-Märkte abgekoppelt.«
Unter dem ehemaligen CEO Peter Bauer glückte Infineon die wirtschaftliche Trendwende
© Infineon

Wenn man Top-Manager am Campeon über das Verhältnis des ehemaligen Finanzvorstandes Dr. Marco Schröter und Ex-CEO Peter Bauer befragt, bekommt man neben den üblichen Floskeln wie “zerrüttet” auch schon einmal drastische Aussagen wie “die Beiden waren wie zwei ICE-Züge, die ungebremst aufeinander zugerast sind”, zu hören.

Was Bauer und Schröter bei allen – diplomatisch ausgedrückt – Meinungsverschiedenheiten jedoch zweifelsfrei geeint hat, war ihre Fähigkeit und Ihr Willen, Infineon aus seiner existentiellen Krise Ende 2008/Anfang 2009 herauszuführen.

Die Wirtschaftswoche hat in ihrer aktuellen Ausgabe 32/2013 die Bilanzen der 30 deutschen DAX-Konzerne auf Risiken in den Bereichen “Goodwill”, “Leasing-Verträge” und “Pensionszusagen” durchleuchtet, die starken negativen Einfluß auf künftige, wichtige Bilanz- und Gewinnkennziffern haben können. In allen drei Bereichen wurde Infineon mit der Bestnote bewertet (grün=relative geringer Einfluß), daneben gab es noch die Noten Gelb (bereits deutlich negative Einfluß) und Rot (stark negative Einfluß).

Der Posten “Goodwill” betrifft Übernahmeprämien, die Unternehmen in der Regel bei dem Erwerb einer Firma bezahlen. Er bemisst sich aus der Differenz zwischen gezahltem Kaufpreis und dem bewertbaren Vermögen des erworbenen Unternehmens. Diese muss über die Zeit abgeschrieben werden. Bei Infineon befanden sich Ende 2012 lediglich 21 Mio. Euro “Goodwill” in der Bilanz, gerade mal 1 % des Eigenkapitals. Zum Vergleich: Bei Siemens finden sich 17 Mrd. Euro (55 % des Eigenkapitals), bei SAP 13 Mrd. Euro (94 %) und bei der deutschen Post mit 12 Mrd. Euro sogar 99 % des Eigenkapitals.

Leasingobjekte und die damit verbundenen Schulden konnten bisher trickreich aus der Bilanz herausgehalten werden. Ab 1. Januar 2017 soll dies nach Wunsch des IASB (International Accounting Standards Board, ein 16-köpfiges Gremium, das die internationalen Bilanzregeln IFRS festlegt) anders werden. Bei Infineon warten dann laut Wirtschaftswoche 405 Mio. Euro neue Schulden, bei der Telekom fast 13,5 Mrd. Euro, Daimler wäre mit 8,4 Mrd. Euro dabei, die Post mit 5 Mrd. Euro. Und Siemens mit 2,6 Mrd. Euro.

Bleiben noch die Pensionsverpflichtungen für Mitarbeiter. Dank niedriger Zinsen an den Kapitalmärkten fehlen z.B. der Allianz aktuell mehr als 4 Mrd. Euro, Damiler sogar mehr als 6,6 Mrd. Euro und einmal mehr der Post 2,5 Mrd. Euro. Die Relevanz für den Aktienkurs wird daher als “hoch” eingestuft. Infineon fehlen nach Berechnung der Wirtschaftswoche genau 0,0 Euro.

Wer hätte Ende 2008 gedacht, dass dem ehemaligen - in Infineon ausgegründeten - Halbleiter-Bereich von SIEMENS eine gesündere Bilanz attestiert würde, als der ehemaligen Konzernmutter: Siemens bekam statt 3x "Grün" einmal "Rot" und zweimal "Gelb" (Daimler übrigens 2x Rot und die Post sogar 3x Rot). Auch wenn Peter Bauer und Marco Schröter alles andere als gute Freunde waren – gute Arbeit im Interesse Ihres Arbeitgebers haben offensichtlich Beide geleistet. Der Aktienkurs stieg jedenfalls seit dem Tiefststand am 9.3.2009 bis heute um mehr als 1800 %.


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