Es gibt zahlreiche weitere Single-Event-Effekte, aber aus der Sicht der Anwendung sind die hier beschriebenen Phänomene die größten Ausfallursachen bei Analog-Multiplexern. Bild 2 beschreibt den Testverlauf des 16-Kanal-Multiplexers ISL71830SEH bei einem SET für linearen Energietransfer (LET).
Wie beeinträchtigt jeder dieser Effekte das Verhalten eines Analog-Multiplexers? Treffen hochenergetische Teilchen den Level-Shifter-Teil des Bausteins, kann dies zu einem Shoot-Through-Strom führen, der einen Single-Event Burnout (SEB) oder Single-Event Latch-up verursachen kann – wenn dies während der Entwurfsphase des ICs nicht ordnungsgemäß berücksichtigt wurde. Ein Teilcheneinschlag im Decoder-Bereich kann zu einer vorübergehenden Änderung des gewählten Kanals führen. Ist z.B. Kanal 5 adressiert, kann sich Kanal 6 für kurze Zeit einschalten, bevor der Normalbetrieb wieder hergestellt ist.
Trifft ein Teilchen einen der Aus-Schalter, entsteht für die Dauer der Transiente ein Leitungspfad zwischen den zwei Eingängen. Alle diese Szenarien sind unerwünscht, das letztere erweist sich sogar als der problematischste. Die ersten beiden Szenarien betreffen nur den Multiplexer, während letzteres möglicherweise Sensoren beschädigen kann, die an den Eingängen angeschlossen sind.
Die Gesamtdosis ionisierender Strahlung (total ionizing dose: TID) hat eine kumulative Wirkung und braucht länger, um ein IC zu beeinflussen (relativ zu einem SEE). TIDs beeinträchtigten CMOS-Bausteine in der Art, dass sie eine eingeschlossene Ladung in den Oxidschichten erzeugen. Bewegt sich ein ionisierendes Teilchen oder ein Photon durch den Baustein, erzeugt es entlang seines Weges Elektronenloch-Paare. Da Elektronen über eine sehr hohe Mobilität im Oxid verfügen, werden sie durch ein beliebiges elektrisches Feld aus der Oxidschicht gelöst. Die Löcher-Mobilität ist wesentlich geringer, so dass ein wesentlich größerer Anteil an Löchern vorherrscht, was zu einer positiven Nettoladung in der Oxidschicht führt. Die eingeschlossene Ladung kann die Schwellenwerte von CMOS-Bausteinen verschieben. So kann sich die NMOS-Schwellenspannung verringern und die PMOS-Schwellenspannung erhöhen. Diese Schwellenwertverschiebungen können für einen Analog-Multiplexer verheerend sein.
Die Abweichung der Schwellenspannung hängt von der Dicke des Gate-Oxids ab. Bausteine mit dickerem Gate-Oxid weisen bei Strahlungseinwirkung eine größere Abweichung auf. Hierin liegt die Herausforderung bei der Entwicklung strahlungsfester Analog-Multiplexer. Multiplexer mit höheren Spannungen benötigen ein dickeres Gate-Oxid, das macht sie aber empfindlicher gegenüber ionisierender Strahlung. Ein Analog-Multiplexer basiert auf digitaler Steuerung, um den richtigen Schalter auszuwählen. Bei langen TID-Expositionszeiten kann sich die Schwellenspannung ändern und den Decoder-Betrieb unterbrechen, was zu einem nicht funktionierenden Bauteil führt.
Ändern sich andererseits die Schwellenwerte des Schalters, kann sich ein gewählter Kanal einfach abschalten. In Multiplexern mit CMOS-Schaltern für Rail-zu-Rail-Betrieb kann der PMOS-Schalter aufgrund der Schwellenwertverschiebung ausfallen und den positiven Bereich der Gleichtakt-Spannungsschwankung verlieren. Die NMOS-Schwelle kann auch so weit verschoben werden, dass der Multiplexer ständig eingeschaltet ist – unabhängig davon, ob der Decoder einen bestimmten Kanal auswählt, um aktiv zu sein.