Seit der Einführung breitbandiger Volldifferenzverstärker im Jahr 1999 kommt dort bei Single-zu-Differenziell-Anwendungen ein Widerstand gegen Masse als Teil des eingangsseitigen Anpassungsschaltkreises zum Einsatz - und zwar auf Kosten einer höheren eingangsbezogenen Rauschspannung. Würde dieser Widerstand entfernt - mit einer Eingangsimpedanz-Anpassung, die nur über den Pfad in den Summierpunkt eingestellt wird - ergibt sich wesentlich geringeres Eingangsrauschen. Wie lässt sich das realisieren?
Eine der nützlichsten Funktionen der immer häufiger anzutreffenden, breitbandigen Volldifferenzverstärker (FDA; Fully Differential Amplifier) ist die Wandlung einer unsymmetrischen Quelle (single ended) in einen differenziellen Ausgang, der von allen Eingängen moderner A/D-Wandler gefordert wird. Dies können DC- oder AC-gekoppelte Designs sein. Bei einer DC-Kopplung ist der Eingangsgleichtaktbereich zu beachten. Hier können bipolare Versorgungen hilfreich für viele FDAs sein. Sind hohe Geschwindigkeiten gefordert, ist eine einzelne Versorgung gefragt, und oft ist eine Eingangsanpassung zu einer Quellenimpedanz gewünscht, um Reflexionen und/oder SFDR-Verluste (Spurious Free Dynamic Range, störungsfreier Dynamikbereich) zu begrenzen.
Während FDAs mit massebezogener Spannungsquelle (single supply) einen DC-gekoppelten Pfad bieten, wird im Folgenden ein AC-gekoppelter Ansatz aufgezeigt, um Erwägungen hinsichtlich des Eingangsgleichtaktbereichs zu beseitigen. Die gleichen Ergebnisse gelten für DC-gekoppelte Designs, solange die Eingänge im Betriebsbereich bleiben.
Bild 1 zeigt eine AC-gekoppelte Implementierung eines doppelt abgeschlossenen 50-Ω-Eingangs für ein Design, das auf eine Verstärkung von 5V/V eingestellt ist. Wir beginnen mit einem Rückkopplungswiderstand mit 499 Ω und verwenden einen kostenlosen Spice-Simulator zur Schaltkreiserstellung [1].
Verschiedene Überlegungen zu dieser Art von Schaltkreis sind:
Mit der AC-Kopplung an den Eingängen gehen die DC-I/O-Betriebsspannungen auf die intern entstandene Vcm-Referenz (1,2 V bei diesem IC mit einer einzigen Versorgungsspannung von 3,3 V). Diese Vcm steuert die Gleichtaktspannung am Ausgang. Da aber kein DC-Strompfad zurück zum Eingang vorliegt, wird damit auch die DC-Eingangsgleichtaktspannung festgelegt. Dieses Beispiel verwendet den »ISL55210«, einen rauscharmen FDA von Intersil mit 4 GHz Verstärkungsbandbreite.
Das Design beginnt mit der Wahl von Rf und der Berechnung von Rt und Rg1. Wie diese Eingangsanpassung zwischen Rt und Rg1 aufgeteilt ist, ist nur schlecht dokumentiert. Der Nachteil ist, dass bei niedrigeren Werten von Rg1 (Rt höher) das Eingangsrauschen sinkt und die Bandbreite höher wird (bei FDAs mit Spannungsrückkopplung). Dabei muss die Gleichtakt-Regelkreisbandbreite die Eingangsanpassung in den Rg1-Pfad festlegen [2]. Da die meisten Berechnungen der Widerstandswerte im Schaltkreis in Bild 1 entweder iterativ erfolgen oder geschätzt werden, kann ein Rf für eine Zielverstärkung (Av) und Eingangsimpedanz (Rs) in eine quadratische Lösung für Rt überführt werden (Gleichung (1) [3]).
(1) Löst man den Nenner des Koeffizienten auf null, ergibt sich ein Mindestwert für Rf, der Rt gegen unendlich gehen lässt und nur noch vom Rg1-Eingangspfad für die Anpassung abhängt (Gleichung (2).
(2)
In unserem Beispiel ergibt sich ein Wert von 160,71 Ω. Da Rf auf diesen Rf,min verringert wird, erhöhen sich die Rg-Werte und Rt geht gegen ∞. Mit Gleichung (1) zur Bestimmung von Rt (bei steigendem Rf), werden die beiden anderen Widerstände durch die Gleichungen (3) und (4) berechnet.
(3)
(4)
Sind alle Widerstandswerte anhand der Gleichungen ermittelt, lassen sich diese in einen Rauschanalyse-Schaltkreis einbringen, um das differenzielle Gesamtrauschen am Ausgang zu erhalten. Alle Bauelemente tragen zum Rauschen bei (Bild 2). Die Rauschwerte sind als Spot-Rauschspannungen und -Rauschströme, also auf 1 Hz normalisiert, dargestellt.
Rauschanalyse für den FDA
In dieser Situation (Rf und Rg sind gleich, wie auch die Stromrauschwerte) lässt sich das Gesamtrauschen am Ausgang einfach ermitteln: In Gleichung (5) ist NG, die Rauschverstärkung, gleich 1 + Rf/Rg [4].
(5)
Jeder auf Spannungsrückkopplung basierende Breitband-FDA kann diesen Design-Flow verwenden, um die Widerstandswerte auf das in Gleichung (2) erlaubte Minimum zu senken. Tabelle 1 listet einige Breitband-FDAs mit sehr geringem Rauschen von verschiedenen Herstellern auf, die dieser Analyse entsprechen.
Baustein | eni (nV/√Hz) | in (nV/√Hz) | GPB (MHz) |
---|---|---|---|
ISL55210 | 0,85 | 5,00 | 4000 |
LTC6406 | 1,60 | 2,50 | 3000 |
ADA4930 | 1,20 | 3,00 | 2800 |
LTC6409 | 1,10 | 8,80 | 10 000 |
Tabelle 1: Moderne FDAs und deren wesentliche Kennzahlen
Immer kleinere Werte für Rf für das Design in Bild 1, die Neuberechnung der anderen Widerstandswerte und das eingangsbezogene Rauschen ergeben die Werte in Tabelle 2.
Rf (Ω) | Rt (Ω) | Rg1 (Ω) | Rg2 (Ω) | NG (1) | ISL55210 (nV/√Hz) | LTC6406 (nV/√Hz) |
ADA4930 | LTC6409 (nV/√Hz) |
---|---|---|---|---|---|---|---|---|
500,00 | 71,18 | 88,11 | 117,48 | 5,26 | 2,16 | 2,51 | 2,27 | 2,50 |
462,31 | 73,79 | 80,43 | 110,23 | 5,19 | 2,07 | 2,44 | 2,19 | 2,39 |
424,63 | 77,14 | 72,70 | 103,06 | 5,12 | 1,98 | 2,36 | 2,10 | 2,27 |
386,94 | 81,60 | 64,97 | 95,97 | 5,03 | 1,88 | 2,27 | 2,01 | 2,16 |
349,25 | 87,81 | 57,16 | 89,02 | 4,92 | 1,77 | 2,18 | 1,92 | 2,03 |
311,56 | 97,09 | 49,26 | 82,26 | 4,79 | 1,66 | 2,07 | 1,82 | 1,90 |
273,88 | 112,49 | 41,22 | 75,83 | 4,61 | 1,54 | 1,96 | 1,70 | 1,76 |
236,19 | 142,95 | 32,95 | 69,99 | 4,37 | 1,41 | 1,82 | 1,57 | 1,61 |
198,50 | 223,38 | 24,21 | 65,39 | 4,04 | 1,25 | 1,65 | 1,41 | 1,43 |
160,81 | 67658,77 | 14,32 | 64,28 | 3,50 | 1,06 | 1,41 | 1,20 | 1,21 |
Tabelle 2: Bereinigte Tabelle für Widerstandswerte und resultierendes Eingangs-Spot-Rauschen für verschiedene Differenzverstärker
Die Widerstandswerte (hier exakt) wären für diese vier Beispiel-FDAs die gleichen, um eine Verstärkung von 5 V/V aus dem Eingang von Rt mit 50 Ω Eingangsanpassung zu erhalten [5]. Ein Eingang mit Bezug auf das Ausgangsrauschen aus (5) mit einer Verstärkung um den Faktor 5 ergibt das geschätzte Eingangs-Spot-Rauschen die Bauteile in Tabelle 2 (dabei ist weiterhin das angenommene 50-Ω-Quellrauschen von Rg in Bild 2 enthalten).
Wird Rf verringert, sinkt proportional auch das Rauschen, da das anteilige Widerstandsrauschen abnimmt, wie auch NG. Der Mindestwert von 160,71 Ω lässt Rt gegen unendlich gehen, womit sich die geringstmöglichen Werte für das Eingangsrauschen und NG ergeben. Das geringere Verstärkungsrauschen NG (= 1 + Av/2, wenn Rt offen ist) erhöht auch die Bandbreite für die Bauteile in der Spannungsrückkopplung. Niedrigere Widerstandswerte verschlechtern die Fähigkeit des Gleichtakt-Regelkreises, die Bandbreite der aktiven Eingangsanpassung hoch zu halten, während gleichzeitig der Wert von Rg1 akzeptabel nahe an dem von Rs liegt. Mit dem Grenzfall Rt gegen unendlich wird der Wert 14,3 Ω für Rg1 in der letzten Reihe von Tabelle 2 durch den Gleichtakt-Regelkreis in eine aktive Eingangsimpedanz mit 50 Ω umgewandelt. Ein weiteres Problem kann die höhere Ausgangsstufenbelastung aufgrund des niedrigeren Rf sein. Sie kommt zur eigentlichen differenziellen Last hinzu und beeinträchtigt wahrscheinlich den Klirrfaktor.
Eine grafische Darstellung des eingangsbezogenen Rauschens über Rf aus Tabelle 2 zeigt Bild 3. Als vorteilhaft erweist sich, dass das Rauschen mit geringeren Werten von Rf abnimmt, soweit dies im Einklang mit dem gewünschten Frequenzbereich der Eingangsanpassung und den Lastbedingungen steht. Nimmt man als ersten Wert für Rf 500 Ω und senkt ihn für dieses Design schrittweise auf den Minimalwert 161 Ω, fällt mit dem ISL55210 das gesamte Eingangs-Spot-Rauschen von 2,15 nV/√Hz auf 1,06 nV/√Hz. Filtert man die Rauschspannung der 50-Ω-Quellenimpedanz zum angepassten Eingang heraus (die sich noch im Minimalwert 1,06 nV/√Hz befindet), erhält man für die Verstärkerstufe ein eingangsbezogenes Rauschen von 0,96 nV/√Hz.
Nur aktive Anpassung verwenden
Bringt man diese Analyse an ihre Grenze und beseitigt Rt durch Anbindung an Masse, ergeben sich die erforderlichen Widerstandswerte sofort. Die Lösung für den erforderlichen Rf bei einer Ziel-Eingangsimpedanz, die an Rs angepasst ist und einer Verstärkung von Rg1 an den differenziellen Ausgang, ergibt die vereinfachten Gleichungen (6) und (7), wobei (6) nur den Rf,min-Ansatz aus (2) wiederholt. Aus (6) und (7) ergibt sich Rg2 = Rs + Rg1.
(6)
(7)
Werden die Ergebnisse in die Berechnung für das Ausgangsrauschen mit (5) und NG = 1 + Av/2 in dieses vereinfachte Designs eingebracht, und wird eine Rauschzahl NF (Noise Figure) hinzugefügt, ergibt sich Gleichung (8).
(8)
Ausgehend von der Verstärkung 14 dB (zuvor 5 V/V) und der stufenweisen Erhöhung in 2-dB-Schritten bei einer festen Eingangsimpedanz von 50 Ω, und mit 0,85 nV/√Hz mit 5 pA/√Hz Stromrauschen des ISL55210 aus Tabelle 1, ergeben sich die erforderlichen Widerstandswerte und resultierenden Rauschzahlen in Tabelle 3.
Gain (dB) | Gain Av (V/V) | Rf (Ω) | Rg1 (Ω) | Rg2 (Ω) | NG (1) | E0 (nV/√Hz) | NF (1) |
---|---|---|---|---|---|---|---|
14 | 5,01 | 161,04 | 14,26 | 64,26 | 3,51 | 5,32 | 7,51 |
16 | 6,31 | 195,71 | 12,03 | 62,03 | 4,15 | 6,36 | 7,06 |
18 | 7,94 | 238,53 | 10,06 | 60,06 | 4,97 | 7,67 | 6,68 |
20 | 10,00 | 291,67 | 8,83 | 58,33 | 6,00 | 9,30 | 6,36 |
22 | 12,59 | 357,88 | 6,85 | 56,85 | 7,29 | 11,3 | 6,08 |
24 | 15,85 | 440,62 | 5,60 | 55,60 | 8,92 | 13,9 | 5,86 |
26 | 19,95 | 544,26 | 4,56 | 54,56 | 10,98 | 17,1 | 5,57 |
28 | 25,12 | 674,28 | 3,69 | 53,69 | 13,56 | 21,2 | 5,51 |
30 | 31,62 | 837,60 | 2,97 | 52,97 | 16,81 | 26,3 | 5,39 |
32 | 39,81 | 1042,88 | 2,39 | 52,39 | 20,91 | 32,7 | 5,28 |
34 | 50,12 | 1301,05 | 1,92 | 51,92 | 26,06 | 40,8 | 5,20 |
Tabelle 3: Werte für eine aktive Anpassung an 50 Ω und Rauschanalyse am ISL55210
Die erste Reihe entspricht weitgehend den früheren Ergebnissen der letzten Reihe in Tabelle 2. Diese Widerstandswerte wären für jeden Spannungsrückkopplungs-FDA korrekt, während das Ausgangsrauschen und die Rauschzahl über das Eingangs-Spot-Rauschen des ISL55210 vorausberechnet sind. Bei höherer Verstärkung verringert sich normalerweise das eingangsbezogene Rauschen auf Kosten einer geringeren Bandbreite, wie es die gestiegene Rauschverstärkung NG (V/V) beweist.
Führt man die Verstärkung des 5-V/V-Designs aus Bild 1 fort, beseitigt aber Rt und setzt die Werte aus der ersten Reihe aus Tabelle 3 ein, ergibt sich der Simulationsschaltkreis in Bild 4.
Mit einer Rauschverstärkung von 3,5 V/V in dieser Schaltung sollte sich eine Bandbreite von über 1 GHz für diesen Baustein mit 4 GHz Verstärkungsbandbreite ergeben. Dieser Schaltkreis kann über verschiedene Verstärkungen und Eingangsimpedanzen mit dem Aktiv-Balun-Evaluierungsboard »ISL55210-ABEV1Z« getestet werden [7].
Bild 5 zeigt den simulierten Frequenzgang der Schaltung aus Bild 4. Man beachte die extrem feine Skala dieser Simulation, mit unter 0,3 dB Roll-off von 1 MHz bis 1 GHz, wobei der Roll-off bei niedrigen Frequenzen durch die Blocking-Kondensatoren bestimmt wird.
Abschließend ist die Eingangsimpedanz zu prüfen, ob die Gleichtakt-
Rückkopplungsschleife tatsächlich den Wert für Rg1 mit 14,3 Ω in einen Wert nahe 50 Ω umwandelt.
Ändert man den Simulationsschaltkreis in Bild 4 in einen Stromquelleneingang mit einem 50-Ω-Shunt-Widerstand und legt man die Eingangsspannung auf eine AC-Simulation, sollten sich in etwa 25 Ω ergeben, wenn der Schaltkreis korrekt arbeitet.
Die Änderung dieser Daten in die Impedanz in Richtung Rg1 ergibt Bild 6. Die simulierte Reaktion entspricht den erwarteten 50 Ω - mit steigender Impedanz bei höheren Frequenzen, wenn der Rolloff der Gleichtakt-Schleifenbandbreite beginnt. Die Anpassung übertrifft 34 dB Rückflussdämpfung durch 1 GHz, was eine viel höhere Frequenz als bei früheren FDAs ergibt. Dies entspricht fast der gemessenen Eingangsimpedanz des Schaltkreises [8].
Breitband-FDAs bieten einen nützlichen Schaltungsblock für die Single-zu-Differenz-Umwandlung in Signalverarbeitungsdesigns mit hohem Dynamikbereich. Eine geschlossene Lösung für den Abschlusswiderstand gegen Masse bietet eine einfache Möglichkeit, einen Kompromiss bei der Aufteilung zwischen diesem und dem Serienwiderstand in den Summierknoten zu bilden. Wird Rt erhöht, sinkt der andere Widerstandswert (bei einer festen Eingangsanpassung und Verstärkung), was die Bandbreite erhöht und das Rauschen verringert. Als Grenzfall wird Rt entfernt, und nur abhängig von Rg1 und dem Gleichtakt-Regelkreis, der die Eingangsimpedanz regelt, ergeben sich das geringste Rauschen und die größte Bandbreite für jeden beliebigen Spannungsrückkopplungs-FDA.
Diese Lösung funktioniert am besten mit FDAs, die Gleichtakt-Regelschleifen mit sehr hoher Bandbreite bieten. Dies dient als Ersatz einer unsymmetrischen I/O- und Balun-Lösung für einen HF-Verstärker mit der aktiven Balun-Konfiguration des ISL55210. Im Gegensatz zu Balun-Designs besteht der Vorteil darin, dass die Last von der Quellenimpedanz isoliert ist. Die hier aufgeführten Rechengleichungen bieten hohe Designflexibilität für die Eingangsimpedanz und Verstärkung, indem nur vier Widerstandswerte geändert werden.
Über den Autor:
Michael Steffes ist Senior Applications Manager im Bereich High Speed Signal Path bei Intersil.