Die Angaben in Datenblättern sind in der Regel sehr genau. Für einen IC-Hersteller ist es schon aus wirtschaftlichen Gründen nicht ratsam, Leistungskennzahlen zu veröffentlichen, die von seinen Produkten nicht erfüllt werden. In seltenen Fällen kann es natürlich vorkommen, dass ein Baustein nicht den spezifizierten Werten entspricht. Als Kunde hat man in diesem Fall Anspruch auf einen entsprechenden Ersatz oder auf Rückerstattung des Kaufpreises. Häufiger geschieht es jedoch, dass der Anwender einen Parameter anders interpretiert, als er vom IC-Hersteller ursprünglich gedacht war.
Alle seriösen IC-Hersteller garantieren die angegebenen Minimal- und Maximalwerte. Während der Schaltungsentwicklung sollten diese Grenzwerte bei allen kritischen Parametern beachtet werden. Typische Werte sind nicht garantiert, aber statistisch gesehen kann für die meisten ICs als sicher angesehen werden, dass sie dem typischen Wert nahe kommen. Wie nahe genau, hängt vom Hersteller, von dem konkreten IC und dem jeweiligen Parameter ab. Der Wert lässt sich aber einigermaßen genau abschätzen, wenn man berücksichtigt, wie die Spezifikation für einen Baustein zustande kommt.
Um profitabel fertigen zu können, muss ein IC-Hersteller sicherstellen, dass der größte Teil der produzierten Bausteine den Spezifikationen entspricht. ICs, die aussortiert werden müssen, sind verlorenes Geld. Das Ausbeuteziel liegt normalerweise im oberen 90-%-Bereich. Dabei genügt es schon, wenn nur bei einem einzigen Parameter eine Abweichung von der Spezifikation festgestellt wird, und der komplette Chip muss weggeworfen werden. Die Einhaltung jedes einzelnen Parameters muss also genau überwacht werden.
Um dennoch eine hinreichend gute Ausbeute bei der IC-Herstellung zu gewährleisten, werden typischerweise die unteren und oberen Grenzwerte der meisten Parameter mithilfe von Six- Sigma-Werten festgelegt. Das bedeutet, dass Bausteine, die die Fabrik verlassen, der in Bild 2 dargestellten Parameterverteilung entsprechen.
Anhand dieser Darstellung kann der Schaltungsentwickler abschätzen, wie nahe die Bausteine dem typischen Wert vermutlich kommen und ob es sich möglicherweise lohnt, aus einem typischen Los die „guten“ Bausteine auszuwählen.
Mitunter werden Parameter vom IC-Hersteller bei den abschließenden Tests nachgeregelt. In diesem Fall ergibt sich für den jeweiligen Parameter zwischen den spezifizierten Mindest- und Höchstwerten ein rechteckiges Muster, d.h. eine flache Verteilung. Bei Schaltwandler-ICs bespielsweise sind die Referenzspannung und die Strombegrenzung solche korrigierten Parameter.
In manchen Fällen sind im Datenblatt auch Kurven zur Häufigkeitsverteilung der wichtigsten Parametern angegeben (Bild 3). Das ist ein großer Vorteil, da der Entwickler nicht mehr auf Spekulationen zur statistischen Verteilung des Parameters angewiesen ist, sondern diese aus der jeweiligen Grafik ablesen kann.
Die richtige Interpretation der Datenblattangaben ist entscheidend für eine erfolgreiche Schaltungsentwicklung. Sie sorgfältig zu lesen – insbesondere das Kleingedruckte –, erfordert Zeit. Wenn Angaben oder Werte im Datenblatt nicht eindeutig sind, sollte man beim Hersteller des ICs nachfragen. Das erspart eine Menge Zeit und Geld.
Der Autor:
Nigel Smith |
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ist Systemingenieur in der Display-Power- Gruppe bei Texas Instruments. Nach dem Abschluss seines Elektronikstudiums an der Universität in Salford (UK) im Jahr 1986 war er einige Jahre als Entwickler von Stromversorgungssystemen für Raumfahrtapplikationen tätig, ehe er zu Texas Instruments wechselte. |
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