Computermodul-Standard für ARM und x86

Qseven - Brücke zwischen Prozessor-Architekturen

13. April 2012, 12:11 Uhr | Von Zeljko Loncaric
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ARM und Standardisierung

Bisher wurden ARM-Systeme meist projektorientiert eingesetzt und für jedes Projekt ein eigenes SoC entwickelt. Dies ist bei hohen und höchsten Stückzahlen in der Konsumwelt auch nach wie vor das wirtschaftlichste Verfahren. Bei vielen industriellen Projekten in Maschinenbau, Medizintechnik, Verkehrstechnik sowie Luft- und Raumfahrttechnik ist das jedoch anders. Hier liegt das Know-how des Herstellers in der Anwendung, die Elektronik - speziell der Prozessor - ist eher eine technische Herausforderung und nur sehr selten Kernkompetenz. Hier wird vorintegriert und schnell einsetzbare Hardware benötigt. Natürlich würde man gerne die Vorzüge der ARM-Technologie nutzen, jedoch waren diese in der Vergangenheit aufgrund ihrer Vielfalt (zu viele Signale, kein einheitliches Interface) nicht für eine Standardisierung geeignet. Schlüssel für eine mögliche Standardisierung ist die Verfügbarkeit einheitlicher Schnittstellen und Signale.

Die großen Chiphersteller haben dies erkannt, und so gibt es von den großen Herstellern wie Freescale, Texas Instruments, Nvidia und weiteren inzwischen einige mehr oder weniger brauchbare Ansätze. Was die Gemeinde der Embedded-Hersteller immer wieder entzweit, ist die Frage, wie viele Signale denn ein Modulstecker wirklich braucht (und auch verträgt) und welche Signale denn in einen ARM-fähigen Standard übernommen werden sollten. Und auch die Frage, wie viele so genannte Standards der Markt bzw. der Anwender verträgt. Letztendlich ist Qseven in seiner Version 1.20 der einzige im Markt etablierte Standard, der ARM und x86 unterstützt.

Dabei hat sich auch gezeigt, dass die bestehenden Standardisierungsgremien im Laufe der Jahre viel zu träge geworden sind und eine rasche, dem technologiegetriebenen Markt folgende Weiterentwicklung kaum möglich ist. In Konsequenz haben sich die marktführenden Technologieunternehmen zur SGET-Allianz (Standardization Group for Embedded Technology) zusammengeschlossen. SGET bietet den passenden Rahmen, neue Technologien im Umfeld der Embedded-Branche zu standardisieren. Das können Board- oder Moduldefinitionen, aber auch Software- oder Mechanik-Standards sein. Die bisher von einer einfachen Industriegruppe gepflegte Qseven-Spezifikation wird zukünftig im Rahmen der SGET gepflegt und weiterentwickelt.

ARM und x86: Gemeinsamkeiten und Unterschiede

Für Congatec als Mitbegründer des Qseven-Standards einschließlich der Erweiterungen der Version 1.20 lag ein wesentlicher Schwerpunkt auf der Austauschkompatibilität der Module auch zwischen den unterschiedlichen CPU-Plattformen von ARM, AMD und Intel. Schnittstellen für folgende I/Os sind übergreifend vorhanden:

  • Gigabit-Ethernet,
  • 5 × USB 2.0,
  • 2 × SATA II (3 Gbit/s),
  • 1 × SDIO,
  • 1 × PCI Express 2.0,
  • I2C-Bus (Multi-Master, mit Fast-Mode-Interface bis 400 kHz),
  • 1 × USB OTG Client und
  • CAN-Bus.

Der LPC-Bus ist nur für die x86-Plattformen verfügbar und wird dort häufig zur Realisierung von Adress- und Interrupt-kompatiblen RS-232-Ports verwendet - diese Rückwärtskompatibilität ist bei ARM-Plattformen nicht notwendig.

Als Grafikschnittstelle wird entsprechend der Qseven-Spezifikation HDMI V1.4 unterstützt; einmal direkt und einmal gemeinsam mit dem LVDS-Kanal #0 sowie 24 bit LVDS Dual Channel bis zu 1920 × 1200  und HD1080. Der zweite LVDS-Port unterstützt 18 bit und 24 bit Dual Channel bis zu 1920 × 1200.

Als Sound-Schnittstellen dienen I2S und SPDIF. Weiter sind ein JTAG-Debug-Interface und ein optionales Kamera-Interface MIPI CSI-2 über Folienstecker vorhanden. Die Position des Zusatzsteckers ist ebenfalls in der Qseven-Spezifikation festgelegt, um eine maximale Austauschbarkeit zu gewährleisten. Das conga-QMX6 (Qseven-Modul mit i.MX6-Prozessor) enthält einen universellen Bootloader (U-boot) und unterstützt derzeit Android, Windows CE 7.0, Linux und optional QNX. Die maximale Verlustleistung des gesamten Moduls hängt vom verwendeten CPU-Typ ab (Anzahl der Cores und Grafik) und liegt im Bereich von rund 2 W für einen Single Core bis ca. 5 W für einen Quad Core mit maximaler Grafiknutzung.

Freescale hat mit der i.MX6-Familie das derzeit am besten zu Qseven passende Produkt auf den Markt gebracht. Es erfüllt alle Anforderungen an die Skalierbarkeit (1 bis 4 Cores, Grafikvarianten), lange Verfügbarkeit (10 bis 15 Jahre), Qualität, industriellen Temperaturbereich und bringt alle wichtigen Interfaces mit. Freescale war ja als Motorola bereits vor mehr als 30 Jahren im Embedded-Markt etabliert. Hilfreich ist sicherlich auch, dass Freescale bereits mit der Vorgängerfamilie i.MX5 auf Basis des Cortex-A8 sehr erfolgreich ist. Auch der attraktive Preis dürfte für eine schnelle Verbreitung im Embedded-Modulmarkt sorgen. Die verfügbaren Signale sorgen für eine hundertprozentige Austauschkompatibilität bei den meisten Anwendungen auch über die CPU-Plattform (ARM, AMD oder Intel) hinweg.

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  2. ARM und Standardisierung
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