congatec hat sich mit seinem immensen Portfolio an High-Performance-Computer-on-Modules einen Namen gemacht. Industriekunden möchten jedoch immer mehr auf Komplettlösungen zurückgreifen – am besten inklusive Software-Applikation.
Wie der neue CEO Dominik Reßing congatec auf diese veränderten Marktanforderungen ausrichtet, erklärt er exklusiv im Markt&Technik-Interview.
Herr Reßing, seit November 2023 sind Sie CEO bei congatec. Wie waren die ersten Monate als neuer CEO für Sie? Konnten Sie bereits erste konkrete Maßnahmen umsetzen?
Dominik Reßing: congatec ist ein gut aufgestelltes, spannendes Unternehmen mit einer klar definierten Wachstumsstrategie. Wir haben diese weiterentwickelt und werden sie in den kommenden Monaten am Markt etablieren. Insgesamt wollen wir unser Leistungsangebot an applikationsfertigen integrierten Hardware- und Software-Bausteinen kontinuierlich ausbauen.
Bei Antritt des Postens haben Sie angegeben, die Lösungskompetenz des Unternehmens weiter stärken zu wollen. Können Sie mir anhand eines Beispiels erklären, was genau Sie darunter verstehen?
congatec ist in den letzten Jahren durch einen ausschließlichen Fokus auf Computing-Module zum Marktführer im Bereich des High-Performance Computing (HPC) aufgestiegen. Um die Technologie optimal zu nutzen, benötigen Kunden heute oberhalb der Modulebene jedoch weitere Softwarebausteine beziehungsweise »Building-Blocks«. Ein konkretes Beispiel sind unsere Virtualization-Ready-Module. Sie integrieren den Hypervisor als Standard-Firmware-Feature und ermöglichen moderne multifunktionale Embedded-Systeme, wie sie zum Beispiel für moderne Roboter erforderlich sind.
Wie kann man sich das in einer realen Applikation vorstellen?
Embedded-Robotik-Systeme sollten neben der Echtzeitsteuerung ebenfalls eine Human-Machine-Interface(HMI)-Instanz für die Benutzer, eine KI-Inferenz-Matrix zur visuellen Mustererkennung sowie zumeist eine IoT-Anbindung auf einer Hardwareplattform konsolidieren. Zentrales Element ist hierbei die Fähigkeit, Programmelemente und Daten sicher in und von den Edge-Systemen zu übertragen. Wir können Module inklusive Hypervisor-Technologie und IoT-Konnektor passgenau zur Anforderung des Kunden konfigurieren und ausliefern.
Welche weiteren Ziele möchten Sie in den nächsten Jahren mit congatec erreichen?
Unsere Marke steht heute für eine hohe Qualität, besten technischen Support und kontinuierliche Innovationen offener Computer-on-Module-Standards. Wir möchten zukünftig darüber hinaus als Partner für komplexe Embedded-Computing-Anforderungen im Automations-, Robotik-, Medizin- und Infrastrukturbereich stehen. Zudem möchten wir die Nummer Eins für performante Computing-Applikationen im Embedded-Markt sein. Außerdem wollen wir mit dem Einsatz von modernen Rechenmethodiken dazu beitragen, die wesentlichen Aufgaben der Gesellschaft wie Arbeitskräftemangel, Ressourceneffizienz oder CO2-Vermeidung mit innovativen Produkten zu lösen.
Gibt es darüber hinaus bestimmte Umsatz- und Gewinnziele für die nächsten fünf bis zehn Jahre?
Wir wollen deutlich über dem Markt wachsen, indem wir mit unserem erweiterten Angebot neue Applikationen erschließen und somit den adressierbaren Markt erweitern. Wir gehen davon aus, dass wir unseren Umsatz im Fünfjahresfenster mehr als verdoppeln können. Natürlich können Kunden bei uns weiterhin einfach nur Module erhalten. Hier wollen wir unsere Marktführerschaft beibehalten, denn Module sind unsere DNA.
congatec bietet ein breites Portfolio an Computer-on-Modules für verschiedene Branchen an. In welchen Märkten sehen Sie die größten Wachstumschancen?
In den USA wird die Adaption der Möglichkeiten aus den neuen Technologien am schnellsten voranschreiten. Deswegen hat dieser Markt derzeit sehr gute Wachstumsaussichten. Im DACH-Raum sind wir bereits sehr stark. Mit unseren High-Performance-Angeboten sehen wir allerdings speziell in Nordeuropa große Wachstumspotenziale – und ebenfalls im japanischen Raum. Treiber sind unsere Fokus-Industrien Robotik, industrielle Automation, Medizintechnik und smarte Infrastrukturen für Kommunikation, Networking, Energie und Transport.
Gerade der Markt an KI-Applikationen ist ein großer Wachstumsmarkt. Wie bereiten Sie congatec darauf vor?
Wir gestalten den KI-Markt aktiv mit, indem wir die nötige Infrastruktur zur Implementierung der Technologie auf unseren Modulen anbieten. Bereits 2019 haben wir zusammen mit den japanischen KI-Experten von Hacarus ein Embedded-Computing-Kit für künstliche Intelligenz vorgestellt. Weiterhin sind unsere Module Bestandteil der Heterogeneous-Extensible-Robot-Open(HERO)-Plattform von Intel Labs China. KI soll in Zukunft ein wichtiger Bestandteil unserer High-Performance-Landschaft sein, sei es durch Kooperationen oder mit Aufkäufen. Genaueres kann ich Ihnen zum heutigen Zeitpunkt allerdings nicht mitteilen.
Auch im Hardware-Markt wird Software immer wichtiger. Kunden möchten mehr und mehr »Komplettlösungen« von der Stange. Das umfasst ein Betriebssystem, Board-Support-Package (BSP), eine Programmierschnittstelle (API) bis hin zur fertigen Software. Wie können Sie hier Ihren Kunden einen Mehrwert bieten?
Mit unserer erweiterten »Application-Ready«-Strategie, die wir »aReady.« nennen, bieten wir unseren Kunden applikationsfertige Hardware- und Softwarebausteine passgenau zu ihren individuellen Anforderungen an. Mit diesen Building-Blocks können wir alle Embedded-Computing-Layer direkt unterhalb der Kunden-IP abdecken. Hierdurch können sich Kunden ganz auf ihre Kernkompetenzen fokussieren, um die immer kürzeren technologischen Lebenszyklen bei zunehmender Komplexität wirksam zu bewältigen. Das besondere bei »Ready.« ist der durchgehend modulare Ansatz der eng verzahnten Software- und Hardwarekomponenten. Kunden erhalten damit eine holistische Lösungsplattform, die sich aber gleichzeitig agil auf neue Marktanforderungen einstellen lässt.
congatec treibt innerhalb der PICMG und SGET die Standardisierung weiter voran. Gerade COM-HPC nimmt hierbei eine Vorreiterstellung ein. Auf welche Produkte, basierend auf den neuen Standards, können wir uns in nächster Zeit freuen?
Bei COM-HPC bieten wir bereits eines der leistungsstärksten x86-Ökosysteme im Marktumfeld an, das wir kontinuierlich ausbauen. So feiern auf der diesjährigen embedded world COM-HPC-Server-Module mit den neuen Intel-Xeon-D1800- und D2800-Prozessoren sowie ein applikationsfertiges Carrierboard für Edge-Server-Installationen Premiere. Unser COM-HPC-Mini-Ökosystem stärken wir mit einem neuen Application-Carrierboard. Hinsichtlich des SMARC-Formfaktors können Kunden eine neue x86-Plattform erwarten. Sie wird mit einer hohen KI-Performance und drahtloser Echtzeit-Kommunikation aufwarten.
Nachhaltigkeit wird für viele Kunden immer mehr zum Nummer-1-Kaufkriterium. Sehen Sie diesen Trend auch in der Industrie – und falls ja, wie begegnen Sie dieser Herausforderung?
Letztlich ist ein schonender Umgang mit Ressourcen schon immer eine Tugend guter Unternehmen gewesen. Der Anspruch, keine weiteren natürlichen Ressourcen zu verbrauchen, ist in der Industrie angekommen. Wir unterstützen das über die industrieüblichen Managementsysteme und mit unseren innovativen Technologien. Bei einem minimierten Ressourcenaufwand ermöglichen sie bessere und ressourceneffizientere Geräte. Sie lassen sich über einen einfachen Modultausch selbst nach vielen Jahren im Einsatz noch aufrüsten – das spart Ressourcen und erhöht den Return on Invest (ROI).
Möchten Sie noch etwas anfügen?
Das internationale und sehr kooperative Umfeld bei congatec hat mich sehr freundlich aufgenommen. Ich bin begeistert über die Möglichkeiten, die sich mir mit diesem großartigen Team bieten, und freue mich darauf, weitere Innovationen umzusetzen.
Besuchen Sie uns auf der embedded world an unserem Messestand 241 in Halle 3, um unsere jetzigen Innovationen zu erleben!