Alle diese Einsatzbeispiele machen deutlich: Das Fliegen ist bei den Drohnen nur Mittel zum Zweck. Genauso wie ein Smartphone nicht nur zum Telefonieren da ist, sondern vielmehr dazu, darauf die verschiedensten Apps ablaufen zu lassen, sind Drohnen ein Vehikel, um etwas in die Luft zu bringen. Gegenwärtig sind das zumeist Kameras, aber wer weiß, was die Zukunft noch bringen mag und welche Geschäftsideen findige Gründer noch haben mögen. Im Gespräch ist dabei immer wieder die Logistik, zumal große Logistik- und Internetkonzerne werbewirksam über ihre Prototypen berichtet haben (Bild 4). Aber wie realistisch ist das Szenario, dass statt des Paketboten demnächst eine Drohne vorbeikommt?
Um es gleich vorweg zu nehmen: Es ist völlig unrealistisch. Denn die Drohne muss das Paket ja irgendwo ablegen können. Dazu ist ein gesicherter Ort nötig, damit das Transportgut nicht gleich vom nächstbesten Spaziergänger mitgenommen werden kann. Und dass eine Drohne auf dem Balkon oder dem Dach eines Bungalows eine Sendung ablegt, ist sicher nicht realistisch. Eine Logistikdrohne benötigt eine gewisse Infrastruktur, damit die Sicherheit des Warenflusses und auch die Sicherheit von Passanten und der Umgebung gewährleistet ist. Was durchaus machbar wäre, wären lokale Zustellbasen oder Verteilzentren, zu denen die Drohnen die Ware transportieren könnten.
DHL experimentiert schon seit Längerem mit Paketcoptern und hatte 2014 einen Multicopter im Einsatz, um eilige Sendungen oder Medikamente vom Festland auf die Nordseeinsel Juist zu bringen. Das Fluggerät konnte die Strecke von 12 km autonom zurücklegen und an Start und Ziel waren eigens Landeplätze auf einer Packstation eingerichtet worden (Bild 5). Die Geschwindigkeit war allerdings mit 43 km/h recht behäbig und die Nutzlast von 1,2 kg noch sehr eingeschränkt. Überhaupt ist fraglich, ob sich das Konzept des Multicopters überhaupt für den Warentransport eignet. Dagegen spricht ganz einfach die Physik, denn die meiste Energie benötigen Drehflügler dafür, um sich in der Luft zu halten. Eine Minute schweben erfordert etwa so viel Energie wie 20 Minuten Geradeausflug mit einem Starrflügler. Der Starrflügler hat wiederum den Nachteil, dass er eine aufwändige Infrastruktur (Grundstück, Landebahn) braucht. Deshalb hat DHL mit der Paketdrohne 3.0 einen Kippflügler entwickelt, der die Flügel im Geradeausflug wie ein Flächenflugzeug für den Auftrieb nutzt und bei Start und Landung Flügel und Propeller nach oben dreht, um schweben zu können. Mit diesem Fluggerät gab es von Januar bis März 2016 einen Pilotversuch, um die Winklmoosalm bei Reit im Winkl mit Medikamenten oder kleineren Sendungen versorgen zu können. Der Paketcopter 3.0 flog dabei eine Strecke von 8 km in 8 Minuten und überwandt einen Höhenunterschied von 500 m in einer klimatisch und geologisch anspruchsvollen Bergregion. Die Nutzlast betrug 2 kg und die maximale Geschwindigkeit 70 km/h. Be- und Entladung erfolgten vollautomatisch in einer eigens konstruierten Packstation (Skyport).
Ein ähnliches, transitorisches Fluggerät ist „Tron“ von Quantum Systems (Bild 6), einer Firma, die in der Nähe des ehemaligen Dornier-Werksflughafens Oberpfaffenhofen, südlich von München, angesiedelt ist. Tron fliegt ebenfalls vollständig autonom, hat eine Reichweite von bis zu 160 km und transportiert bis zu 2 kg mit einer Geschwindigkeit von 80 km/h. Das Abfluggewicht beträgt 14 kg und die Spannweite 3,50 m. Quantum hat auch größere Versionen gebaut oder in Entwicklung, mit Abfluggewichten von 25, 50 und 150 kg. Allerdings können diese Maschinen aufgrund regulatorischer Bedingungen nicht in Deutschland fliegen. Die Qantum Tron steigt schwebend auf mindestens 3,5 m, dreht dann die Propeller und legt den hinteren Propeller an, um damit keinen Luftwiderstand zu erzeugen. Zum Geradeausflug reichen die vorderen zwei Propeller aus. Nochmals 30 bis 40 Prozent Energie können mit einem „Sägezahn“-Flugmuster eingespart werden, das abwechselnd aus Steig- und Gleitphasen besteht. Man sieht schon, dass solche Fluggeräte dann praktisch nichts mehr mit den für Privatnutzer konstruierten Fotodrohnen zu tun haben.