Die genaue Erkenntnis, wo gefälschte Ware in die Lieferkette eingespeist wird, bleibt trotz aller Bemühungen um die Traceability nebulös. Broker haben als unabhängige Distributoren von Natur aus ein höheres Risiko, gefälschte Ware in Umlauf zu bringen, aber ganz gefeit davor sind auch die Vertragsdistributoren nicht, wie Wolfram Ziehfuss, Geschäftsführer des FBDi, an einem Beispiel deutlich macht: »Vor einigen Jahren gab es in Fernost einen Zusammenschluss zweier großer EMS-Firmen. Die neuen Gesamtverantwortlichen haben daraufhin das Lager konsolidiert und festgestellt, dass 1,3 Milliarden Euro zu viel Ware am Lager liegen. Daraufhin wurden die Lieferanten gezwungen, nicht benötigte Ware zurückzunehmen. Kurze Zeit später sind auch von namhaften Distributoren gefälschte Bauteile in Umlauf gebracht worden.«
Sind solche Rückkäufe durch die Distributoren die Ausnahme oder die Regel? Dazu hat Ziehfuss eine klare Meinung: »Selbstverständlich kaufen Distributoren Ware zurück, wenn sie dazu gezwungen werden.« Ganz so stehen lassen wollen die Vertragsdistributoren in der Runde diese Aussage allerdings nicht: »Wir kaufen nur zurück, wenn wir die Ware selbst geliefert haben, und dann auch nur, wenn die Ware noch original verpackt ist und nur nach Rücksprache mit dem Hersteller«, stellt Patrick Delmer klar, Marketing Manager, Strategy & Technology EMEA von Arrow. Die Gewissheit darüber gebe der Datecode, nach dem viele Distributoren ausliefern. »Wir können genau sagen, welchen Datecode mit welchem Lot wir geliefert haben«, so Meier. Aber auch das, so Ziehfuss, sei keine absolute Sicherheit, wenn ein anderer Distributor zufällig denselben Kunden mit derselben Menge, identischem Datecode und Lot beliefert habe. Hier müsste der Zufall allerdings schon sehr groß sein.
Alles in allem hilft also nur eine strenge Lieferantenkontrolle dabei, die Problematik gefälschter Bauteile in der Lieferkette abzumildern. »100-prozentig lässt sich aber nie sicherstellen, dass originale Ausschussware durch die „Hintertüre“ auf den Markt kommt. Solche Bauteile haben wir bei HTV immer wieder zur Prüfung auf dem Tisch. Meistens kommt solche Ware nicht aus Europa, aber in Asien gibt es Fälscherbanden, die sich genau auf das spezialisiert haben«, reflektiert Edbill Grote, CEO von HTV.