Warum Gimv in ERS investiert

»Wir werden den Umsatz verdoppeln!«

14. September 2023, 8:00 Uhr | Heinz Arnold
Ronald Bartel, Gimv: »ERS ergänzt hervorragend unsere Smart-Industries-Investment-Plattform, es herrscht eine tolle Firmenkultur, das ERS-Team ist international aufgestellt und sehr agil und passt daher sehr gut zu uns.«
© Gimv

»Das Unternehmen ist im Equipment-Bereich ein echter Hidden Champion; wir bündeln nun unsere Kräfte, um ERS in eine neue Wachstumsphase zu führen und den Umsatz zu verdoppeln«, sagt Ronald Bartel von Gimv. Woher sein Optimismus rührt, erklärt er im Interview mit Markt&Technik.

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ERS electronic in Germering bei München entwickelt und vermarktet mit 50 Mitarbeitern Thermomanagement-Systeme für die weltweite Halbleiterindustrie, insbesondere thermische Chucks für Wafer-Prober und seit 2008 auch Anlagen für das Advanced Packaging. Obwohl weltweit tätig, dürfte es nur Insidern bekannt sein. Im Juni ist der Private-Equity-Investor Gimv als Gesellschafter bei ERS electronic eingestiegen.

Markt&Technik: Wie ist Gimv auf die Idee gekommen, in das Unternehmen zu investieren?

Ronald Bartel, Partner bei Gimv Smart Industries und Leiter von Gimv Germany: Die vorherigen Gesellschafter von ERS sind auf die frühe Entwicklungsphase von Unternehmen spezialisiert und waren seit 2008 dabei. Jetzt haben sie den Exit gesucht; so sind wir mit ERS in Kontakt gekommen, und wir haben sehr schnell großes Interesse entwickelt. Denn ERS ist in einem Markt tätig, der großes Wachstum verspricht. Und innerhalb dieses Marktes wiederum in ganz besonderen Spezialmärkten, die noch größeres Wachstumspotenzial haben. Das trifft besonders für die Maschinen zu, die für das Advanced Packaging entwickelt werden.

Das Know-how, das sich ERS über 50 Jahre im Bereich der Thermo-Chucks erworben hat, lässt sich nämlich auch darauf übertragen, die gefürchtete Verwölbung (Warpage) zu verhindern und so Fan-out-Wafer-Level- und Fan-out-Panel-Level-Packaging realisieren zu können. Im Bereich der Thermo-Chucks ist ERS weltweiter Marktführer und steht technisch an der Weltspitze. Das Potenzial des Unternehmens und die Innovationskraft von ERS haben uns überzeugt.

Es werden also keine Veränderungen im Unternehmen durchgeführt?

Zunächst einmal ist es wichtig festzustellen, dass wir kein Fonds sind, sondern eine europäische Investmentgesellschaft. Wir sind an der Euronext in Brüssel notiert und verwalten derzeit 1,5 Mrd. Euro. Wir sind derzeit in rund 60 Portfoliogesellschaften investiert, die gemeinsam einen Umsatz von 3,7 Mrd. Euro realisieren und rund 20.000 Mitarbeiter beschäftigen. Wir investieren unser eigenes Geld und sind nicht gezwungen, zu verkaufen, folgen also nicht den typischen Fonds-Zyklen. Unsere Haltezeiten sind länger als die von Fonds, und unsere Strategie besteht darin, in vielversprechende KMUs zu investieren. Wir unterstützen Unternehmen in ihrer Wachstumsstrategie.

ERS ergänzt hervorragend unsere Smart-Industries-Investment-Plattform, es herrscht eine tolle Firmenkultur, das ERS-Team ist international aufgestellt und sehr agil und passt daher sehr gut zu uns. Deshalb wird sich im Team unter der Führung von CEO Laurent Giai-Miniet und CTO Klemens Reitinger auch nichts ändern. Beide bleiben am Unternehmen beteiligt. Sie werden die Wachstumsgeschichte fortschreiben. ERS ist ein eigenständiges Unternehmen in unserem Portfolio und wird es bleiben.

Warum sind Sie überzeugt, dass ERS weiter wachsen kann?

Erstens ist ERS gut im Markt etabliert und wird als weltweit einziger unabhängiger Anbieter von Thermo-Chucks schon in diesem Markt weiter zulegen können. Denn Leistungshalbleiter boomen, und für ihren Test sind Wafer-Prober erforderlich, die mit Thermo-Chucks ausgerüstet sind. Mit den Maschinen für das Advanced Packaging hat ERS bereits den Fuß in einem Markt, dem Experten ebenfalls einen Boom prognostizieren. So hat ERS das Warpage-Metrology-Tool »Wave3000« für die Messung und Analyse von verwölbten Wafern vor drei Monaten auf den Markt gebracht, wieder einmal eine einzigartige Lösung.

Außerdem hat ERS einige weitere neue Produkte entwickelt, die kurz vor der Markteinführung stehen, und zudem noch eine Menge neuer Ideen in petto. Als finanzkräftiger Partner können wir dabei helfen, die Pläne umzusetzen. Dabei wollen wir ein guter Sparringspartner für das Management sein. Mit 70 Mitarbeitern hat ERS 2022 einen Umsatz von über 20 Mio. Euro erzielt, das wollen wir während unserer Halteperiode verdoppeln.

Wo herrscht noch Investitionsbedarf?

Derzeit verfügt ERS über Vertriebsstandorte in Shanghai und den USA. ERS wird die Standorte in den USA und Asien ausbauen und in neue Regionen vordringen. Dazu ist Kapital nötig, das wir beisteuern können.

Wird es beim Standort in Germering bleiben?

In Germering sitzen R&D, Fertigung und Verwaltung. Hier ist noch genügend Platz für weiteres Wachstum vorhanden.

Wie ist das aktuelle Jahr für ERS bisher verlaufen?

Sehr gut, ERS wird 2023 zweistellig wachsen, allein wegen der Chucks und der neuen wassergekühlten Typen, die ERS entwickelt hat.

Wo sehen Sie das Unternehmen in drei Jahren?

Durch den Ausbau der Produktpalette wird ERS die Position auf dem Markt für Thermo-Chucks weiter ausgebaut haben. Das Unternehmen wird ein bedeutender etablierter Spieler im Bereich des Fan-out-Wafer- und -Panel-Level-Packaging sein, und dieser Sektor wird bereits einen wichtigen Teil zum Umsatz beitragen.

Gimv auf einen Blick
Gimv ist eine europäische Investmentgesellschaft mit 40 Jahren Erfahrung in Private Equity. Ziel ist es, innovative Unternehmen zu identifizieren, die über hohes Wachstumspotenzial verfügen, um sie auf ihrem Weg zur Markführerschaft zu unterstützen. Gimv ist nicht nach Regionen organisiert, sondern nach fünf Investment-Plattformen: Consumer, Health & Care, Smart Industries, Life-Sciences und Sustainable Cities, die jeweils von einem Team betreut werden, das in den heimischen Märkten – Benelux, Frankreich und DACH – von Gimv ansässig ist. Sie werden von internationalen Expertennetzwerken unterstützt.

 

ERS auf einen Blick
ERS electronic mit Sitz in Germering bei München verfügt über mehr als 50 Jahre Erfahrung in der Entwicklung innovativer Thermomanagement-Systeme. Sie ermöglichen der Halbleiterindustrie zuverlässige thermische Prüfungen während der Mikrochip-Produktion. Mit den schnellen und präzisen Chuck-Systemen können luftkühlungsbasiert analytische, parameterbezogene und fertigungsspezifische Messungen in einem Testtemperaturbereich von –65 °C bis +550 °C durchgeführt werden.

 

Giai-Miniet Laurent
Zum Einstieg von Gimv bei ERS äußert sich Laurent Giai-Miniet, CEO von ERS electronic: »Das Thermomanagement in der Halbleiterfertigung wird immer wichtiger. Daher sind wir in einer guten Ausgangsposition, um von der schnellen Entwicklung der Branche zu profitieren und unseren Kunden weiterhin einen besonderen Mehrwert zu bieten. Unsere Entscheidung, mit Gimv zusammenzuarbeiten, basiert auf unserem gemeinsamen Engagement für Spitzenleistungen und unserer Leidenschaft für Innovation und Technologie. Wir freuen uns darauf, mit Gimv ein neues Kapitel in der Geschichte von ERS aufzuschlagen und unsere gemeinsame Vision zu verwirklichen.«
© ERS electronic
Reitinger Klemens
Klemens Reitinger, CTO von ERS electronic, sagt: »Wir sind überzeugt, dass Gimv uns mit seiner ausgewiesenen Expertise bei der Weiterentwicklung ähnlicher Unternehmen einen großen Schritt voranbringen wird, vor allem was die Skalierung des operativen Geschäfts und die Beschleunigung von Innovationen betrifft. Durch diese Partnerschaft erhalten wir die Ressourcen und die Flexibilität, um die Produktforschung und -entwicklung weiter voranzutreiben und weiter eine Vorreiterrolle in unserer Branche einzunehmen.«
© ERS electronic

Seit 2008 ist ERS electronic auch im Bereich Advanced Packaging mit vollautomatischen und manuellen Debonding- und Warpage-Adjust-Systemen aktiv. Sie sind heute bei den meisten Halbleiterherstellern und OSATs (Outsourced Semiconductor Assembly and Test Companies) weltweit im Einsatz. Die Maschinen von ERS können komplexe Verformungen der Wafer (Warpage) messen und korrigieren, die im Herstellungsprozess von Fan-out-Wafer-Level-Packaging auftreten.


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