Ein hoher Automatisierungs- und Digitalisierungsgrad plus professioneller Einkauf, strukturierte Lagerhaltung sowie eine Planung mit Vorfertigung und passenden Losgrößen sind Voraussetzungen – wer auch die Kundenanforderungen versteht und flexibel reagiert, ist als EMS-Unternehmen gut positioniert.
Elektronikfertigung ist mehr als die reine Bestückung von Leiterplatten in ein- oder zweistufiger Fertigung. Werden kundenindividuelle Baugruppen mit Varianten und unterschiedlichen Ausrüstungsgraden hergestellt, steigt die Komplexität schnell. Der Dienstleister jongliert dann mit verschiedenen Anforderungen – günstige Beschaffung, geringe Kapitalbindung durch sinnvolle Lagerhaltung und passende Vorfertigung für die kurzfristige Reaktion auf ungeplante Bedarfe sind nur einige der relevanten Faktoren.
Elektronikfertigung kann die Bestückung einer Rohleiterplatte in ein- oder zweistufiger Fertigung mit maschineller Bestückung (SMD) und Durchsteckmontage (THT) bedeuten, was Anforderungen an die Verarbeitbarkeit einer großen Anzahl unterschiedlicher Materialien stellt. Wirklich komplex wird es aber, wenn mehrere Baugruppen mit kundenspezifischen Zeichnungsteilen wie Blechen, Kabelsätzen oder weiteren Komponenten zu einer Einheit verbaut werden, die wegen verschiedener Ausrüstungsgrade des Endgerätes zusätzliche Varianten hat. Bei solch modularen Systemen muss bei der Montage das richtige Teil in der richtigen Menge zur richtigen Zeit vorliegen. Damit solch komplexen Fertigungsprozesse gelingen, müssen einige Faktoren berücksichtigt werden.
Vor allem muss sich der Dienstleister eng mit dem Kunden abstimmen, denn die Anforderungen und Szenarien müssen klar sein, also welche Optionen in welcher Häufigkeit produziert werden sollen. Ebenso, wo Flexibilität erforderlich ist und wo nicht.
Das bedeutet, dass der Dienstleister Vorfertigung, Materialbeschaffung und Montage so plant, dass er bei entscheidenden Komponenten zeitnah reagieren kann. Durch eine intelligente Vorfertigung können zum Beispiel Mengen angepasst oder Varianten hergestellt werden, um kurzfristig abweichende Bedarfe zu decken. Zudem ist es wichtig, Abweichungen von der Vorplanung regelmäßig zu prüfen, um den Fertigungsplan anpassen zu können. Das bedeutet auch, dass die Arbeitsvorbereitung die Anforderungen genau kennt und die eng mit dem Kunden abgestimmten Bedarfsinformationen aus dem Vertrieb transparent erhält, um zu verstehen, worauf es dem Auftraggeber ankommt.
Wird die gleiche Maschinensteuerung Tausende Mal produziert, muss das Material rechtzeitig vorhanden sein und zusammengebaut werden. Komplexer wird es, wenn die Steuerung in verschiedenen Optionen gebaut wird, deren Stückzahlen über eine Vorplanung abgebildet sind, aber von denen nicht klar ist, in welchem Quartal sie in welcher Zusammensetzung wirklich benötigt werden. Der Dienstleister muss dann in der Lage sein, schnell zu reagieren, wenn der gesamte Forecast des Jahres von einer einzelnen Option sofort benötigt wird. Das setzt ein effizientes Management mit sinnvollen Vorfertigungsstufen voraus, auch unter Berücksichtigung der Kapitalbindung. Es muss geklärt werden, wann welche Option final zusammengebaut wird, um nur noch diese Option bedienen zu können, oder ob man bei einer Zwischenstufe pausiert, um noch flexibel Veränderungen anbringen zu können.
Die unterschiedlichen Zeithorizonte erhöhen die Herausforderung: Manchmal ist eine Reaktionszeit im Bereich mehrerer Monate ausreichend, wenn das Endprodukt selbst eine lange Bauzeit erfordert. Manchmal ist es nötig, etwa für Ersatzteile bestimmte Mengen innerhalb kürzester Zeit zu produzieren – immer unter Berücksichtigung der individuellen Kundenanforderungen, die bis zur Aufbringung von Endkundenaufklebern mit Artikelnummer und Barcode reichen können. So verfügt Ursatronics über zwei SMD-Produktionslinien und eine hochflexible Fertigungsorganisation auch in der Gerätemontage, um kundenindividuelle Bedarfe zeitgerecht umsetzen zu können.
Ein großer Entscheidungsfaktor bei der Auswahl eines EMS-Dienstleisters (Electronic Manufacturing Service) sind die Kosten. Um eine komplexe Fertigung zu marktgerechten Preisen anbieten zu können, müssen leistungsfähige Beschaffungswege für die benötigten Stückzahlen vorhanden sein und die Fertigungsorganisation eine hohe Flexibilität bei gleichzeitiger Leistungsfähigkeit für die geplanten Stückzahlen und Losgrößen der einzelnen Fertigungsstufen bieten können.
Bauteile in großen Mengen vorzufertigen und ab Lager vorzuhalten, hilft nicht, wenn sich Bedarfe einzelner Varianten ändern. Hier ist Flexibilität notwendig, sonst sind Kapital und Kapazitäten gebunden, aber der Bedarf des Kunden ist nicht gedeckt, und er erhält sein Produkt nicht zeitgerecht. Hier kommt es auch auf eine durchdachte Lagerhaltung an: Sinnvolle Vorfertigung in wirtschaftlichen Losgrößen bei gleichzeitiger Sicherung funktionsbestimmender und nur langfristig zu beschaffender Vormaterialien ist die Aufgabe, die es zu erfüllen gilt, damit die Produktion störungsfrei arbeiten und Kundenbedarfe bedienen kann.
Die Qualitätssicherung in der Fertigung komplexer Elektronikkomponenten steht auf mehreren Säulen. Die erste ist der Einsatz von einwandfreiem Material aus sicheren und zuverlässigen Quellen, die zweite ist das für die zu erfüllende Aufgabe ausgebildete Fachpersonal wie Elektroniker für Geräte und Systeme, und die dritte Säule bilden eine strukturierte Fertigungsdokumentation und Anleitung in der Fertigung. Die Montageschritte werden detailliert dokumentiert, so dass klar ist, was gebaut wird. Auf Individualwissen wird verzichtet. Das bedeutet, dass der Arbeiter seinen Auftrag scannt und so die Fertigungsunterlagen mit kleinteiligen Arbeitsschritten erhält, statt aus dem Gedächtnis zu arbeiten. Denn Fehler entstehen in der Regel, wenn ein Produkt vermeintlich bekannt ist, nicht mit voller Aufmerksamkeit gearbeitet oder Änderungen nicht berücksichtigt werden. Diese Gefahr besteht besonders dann, wenn ein Auftrag nicht täglich, sondern nur sporadisch produziert wird. Eine detaillierte Anleitung ermöglicht zudem eine bessere Fortschrittskontrolle und lässt schnell erkennen, ob sich der laufende Fertigungsauftrag im Plan befindet. Auch die Dokumentation wird vereinfacht, weil klar ist, wer welchen Arbeitsgang und welche Tätigkeit ausgeführt hat. Bei Abweichungen kann die Qualitätssicherung eingeschaltet werden, um die Probleme zu untersuchen und Abhilfe zu schaffen.
Als weitere Säule der Qualitätssicherung werden Stichproben gezogen: Wenn zum Beispiel Blechteile nach Kundenzeichnungen gefertigt werden, fallen Abweichungen durch Erstmusterprüfungen und Stichproben nach AQL auf. Diese Prüfungen werden zum Zeitpunkt des Wareneingangs und damit zum frühestmöglichen Zeitpunkt durchgeführt, unterstützt durch das ERP-System. Die Prüfungen erfolgen beispielsweise bei mechanischen Bauteilen begleitet durch ein hochwertiges optisches Prüfsystem. Hinzu kommt während des Fertigungsprozesses des Gerätes die Werkerselbstkontrolle: Geprüft wird nach den einzelnen Fertigungsschritten durch Sichtkontrolle, ob alles entsprechend der Zeichnung zusammengebaut wurde. Ergänzend findet eine Endkontrolle im Vieraugenprinzip statt. Nach Absprache werden zur Qualitätssicherung zudem elektrische Tests vorgenommen, die gleichzeitig zum Programmieren und Kalibrieren von Baugruppen dienen können. So verlässt das Produkt die Fertigung in einwandfreiem Zustand und kann vom Kunden sofort eingesetzt werden.
Aus dem Konsumer- und Automotive-Bereich schwappt langsam die Anforderung nach Rückverfolgbarkeit von Komponenten, die Traceability, in Industrieanwendungen herüber. Komplexe Produkte machen die Rückverfolgbarkeit der Teile anspruchsvoller: Werden mehrere Hundert Teile in einem Gerät verbaut, gehen diese möglicherweise auf unterschiedliche Lose aus verschiedenen Anlieferungen zurück, deren Warenströme sauber nachvollziehbar sein müssen. Im SMD-Prozess wird zum Beispiel Rollenware eingesetzt, die in der Fertigung kleinerer Lose auf unterschiedliche Fertigungschargen verschiedener Produkte verteilt werden. Der Aufwand für die Rückverfolgbarkeit kann enorm sein – das Lager spielt hier die zentrale Rolle. Ein sinnvoller Ansatz ist die chargenbezogene Einlagerung und die chargenbezogene Entnahme für die Fertigung nach dem Prinzip first-in, first-out. Das erlaubt es nachzuvollziehen, aus welcher Lieferung das Material für welchen Auftrag stammt.
Ein hoher Automatisierungs- und Digitalisierungsgrad verbessert in der Fertigung komplexer Elektronikkomponenten die Effizienz. Ein digitaler Datenfluss hilft, Übertragungsfehler zu vermeiden, weil keine manuellen Eingriffe in die Kundendaten erfolgen. Im Herstellungsschritt SMD-Fertigung werden Bestückungsschritte automatisiert. Dies zielt bereits bei der Entwicklung darauf ab, die Bestückung von Leiterplatten mit maschinensetzbaren Teilen zu ermöglichen, um kostspielige manuelle Arbeit auf ein Minimum zu reduzieren. Hier kostet ein maschinell ausgeführter Pick nur wenige Cent. Bei der Montage kleiner Stückzahlen sind manuelle Tätigkeiten meist unerlässlich, notwendige Kosten werden durch sinnvolle Planung und gute Fertigungsorganisation gering gehalten. Automatisiert werden kann dann wieder bei der elektrischen Prüfung, wenn Skripte Prüfschritte automatisieren, statt einzelne Prüfungen händisch durchzuführen. Dabei können Ergebnisse parallel nachvollziehbar in Datenbanken abgelegt werden.
Insgesamt optimiert der digitale Datenfluss die Produktion. Wichtig ist hier eine EDV-gestützte Aufarbeitung von Kundendaten in allen Fertigungsbereichen, damit stehen dann aktuelle Arbeitsanweisungen digital für jeden Fertigungsschritt passend zur Verfügung.