Die elektrische Datenübertragung von Ethernet-basierten Systemen nach IEEE 802.3 ist hingegen eine Punkt-zu-Punkt-Verbindung mit einer Gesamtlänge von 100 m. Zur Kommunikation mehrerer Geräte bedarf es aktiver Switche, von denen die Leitungen sternförmig zu den Endgeräten führen. Historisch bedingt ist die Verbreitung im Büroumfeld dominierend, wo Ethernet mit dem Siegeszug des PC die proprietären Systeme der Großrechner-Hersteller abgelöst hat. Damit war auch ein Wechsel hin zu einer anwendungsneutralen Verkabelungsstruktur verbunden. Allerdings wusste man zunächst nicht, welches System sich durchsetzen wird. Heute ist die generische Verkabelung nach IEC 11801 weltweit Standard.
Die für den Industriebereich entwickelte generische Verkabelung nach IEC 24702, die auf IEC 11801 basiert, nutzt ebenfalls das Modell der Referenzinstallation (Bild 3), das aufgrund seiner leichten Planbarkeit in der Gebäudeinstallation zum Einsatz kommt. Das Modell besagt, dass beim Einsatz bestimmter Komponenten und deren Anordnung eine bestimmte Güte erreicht wird. Beispielsweise erhält man mit Komponenten für die symmetrische Verkabelung der Category 5 einen Class-D-Channel (siehe Bild 3), der sich für die Übertragung von Fast- und Gigabit-Ethernet eignet. Hierbei dürfen die flexiblen Cords insgesamt maximal 10 m, die fest installierten Leitungen maximal 90 m und der Channel als Verbindung zweier aktiver Geräte insgesamt maximal 100 m lang sein.
Da die Cords schlechtere Übertragungseigenschaften haben als das fest installierte Kabel, sind die Längenverhältnisse unbedingt einzuhalten. Die Verwendung höherwertiger Komponenten, zum Beispiel der Category 6, oder die Reduzierung der Channel-Länge sind zur Kompensation längerer Cords zwar theoretisch möglich, in der Praxis aber nur schwer zu berechnen. Daher eignet sich diese Verkabelungsart lediglich für die Bereitstellung einer anwendungsneutralen Infrastruktur in einer Fertigungshalle – jedoch nicht für die Kommunikation innerhalb von Maschinen und Anlagen.
Profinet überwindet Grenzen der generischen Verkabelung
Die Anforderungen des Maschinen- und Anlagenbaus hinsichtlich Flexibilität und Anpassung an die spezifischen Anforderungen, zum Beispiel Teilstrecken mit Schleppkettenleitungen, sind deutlich höher. Feldbus-Organisationen gehen daher neue Wege und überwinden die Grenzen der generischen Verkabelung. So erlaubt beispielsweise Profinet flexible Topologien auf Systemebene sowie eine vereinfachte Auslegung der Verkabelung zwischen den aktiven Geräten. Aus diesem Grund hat die Profibus-Nutzerorganisation (PNO) ein Installationsmodell entwickelt, bei dem der Anwender mit einfachen Regeln und ohne Berechnungen sein Netzwerk mit ausgewählten Komponenten errichten kann (Bild 4).
Eine Channel-Länge von 100 m ist mit fest verlegten und flexiblen Leitungen in beliebiger Kombination und Teillänge unter Verwendung der definierten Kabeltypen durchaus erreichbar. Steckverbindungen im Channel können gemäß den industriellen Einsatzbedingungen vielfältig gestaltet sein, solange der Grenzwert von vier Steckverbindungen nicht überschritten wird. Ferner lassen sich Steckverbinder, Wanddurchgänge, Kupplungen und Installationsdosen einfügen, solange die Gesamtzahl von vier Steckverbindungen nicht überschritten wird. Zum Einsatz können einzelne Steckverbinder-Buchsen-Übergänge kommen, wie etwa in Anschlussdosen bei der strukturierten Gebäudeverkabelung. Denkbar sind aber auch Wanddurchführungen mit zwei Buchsen (engl. Bulkhead). Diese sind als zwei Steckverbinder-Buchsen-Übergänge zu werten, sofern der Hersteller sie nicht als eine Komponente qualifiziert.
Konfektionierung vor Ort im Feld - ein Muss
Das vereinfachte Planungsmodell wird erst durch die Verwendung eines Aderquerschnitts von AWG 22 ermöglicht, der oberhalb der Querschnitte von AWG 26 oder AWG 24 liegt und zum Beispiel bei der strukturierten Gebäudeverkabelung zum Einsatz kommt. Im Gegensatz zur generischen Verkabelung mit ihren acht Adern in Twisted-Pair-Anordnung nutzt Profinet einen optimierten Sternvierer, bei dem alle vier Adern miteinander verdrillt sind. Zur Störsicherheit sind alle Kabel geschirmt und an den für Profinet definierten Steckverbinder angepasst. Hier unterscheidet sich die industrielle Automatisierungstechnik deutlich von der Kommunikationsverkabelung im Büroumfeld.
Während im Büro fast nur vorkonfektionierte Leitungen eingesetzt werden, ist in der Automatisierungstechnik die Konfektionierung vor Ort im Feld ein Muss. Viele kommerzielle RJ45-Steckverbinder lassen sich nicht mit AWG22-Adern konfektionieren, so dass der Anwender auf deren Eignung für Profinet achten muss. Von besonderem Vorteil sind dabei solche Steckverbinder, die zudem mit einer Schnellanschlusstechnik ausgestattet sind und ohne Spezialwerkzeug konfektioniert werden können – beispielsweise RJ45-Steckverbinder vom Typ „Quickon“ (Bild 5).
Alle relevanten Systeme verfügen auch über die Möglichkeit, Lichtwellenleiter (LWL) als Medium einzusetzen. Anders als im Büroumfeld mit seiner Glasfaser-Dominanz werden im Industrieumfeld je nach Streckenlänge verschiedene Fasertypen genutzt, deren deutlichster Unterschied der Durchmesser des lichtführenden Faserkerns ist. Dieser beträgt bei Singlemode-Glasfasern 9 μm, bei Multimode-Glasfasern 50 μm, bei PCF 230 μm und bei POF 1000 μm. Dadurch werden die Auswahl des Steckverbinders, der Präzisionsanspruch sowie der Installationsaufwand entscheidend beeinflusst. Neben dieser grundsätzlichen Entscheidung ist eine Reihe weiterer Kriterien zu beachten.