Kommen wir nochmal zu den Eigenmarken. Welche Bedeutung haben sie für Conrad?
Wir erwirtschaften mit den Eigenmarken einen zweistelligen Prozentbereich beim Umsatz, aber das natürlich nicht in jeder Produktkategorie. Es gibt Kategorien, da ist das deutlich höher und in anderen eher gering. Insgesamt betrachtet sind die Eigenmarken für uns definitiv sehr relevant, weil wir sehen, dass es uns gelingt, auch Produkte zu realisieren, die ein Hersteller so nicht produzieren würde, etwa in der Messtechnik. Das kann zum einen ein wenig benötigtes Feature sein, das wir weglassen, oder aber auch eine innovative zusätzliche Funktion, die das Produkt zum echten Problemlöser werden lässt. Das tun wir speziell im Messtechnik-Bereich oft und gerne.
Auch unsere Renkforce-3D-Drucker sind Eigenentwicklungen, denn in neuen Märkten lassen sich Feature-Verschiebungen auf diese Weise weit schneller umsetzen, als wenn wir damit auf den Markenhersteller warten würden. Auch im Maker- und Hobbyisten-Segment lassen sich hier schöne Lösungen umsetzen.
Stichwort „Maker“: Welche Bedeutung hat diese Klientel für Conrad?
Maker ist ja nicht gleich Maker. Ein Maker im Sinne des klassischen Bastlers war früher und ist heute bei Conrad eine feste Zielgruppe, die zum Umsatz beiträgt. Aber anders als bei anderen Distributoren wird bei uns der Maker niemals ein Volumenkunde werden, denn unser Geschäft ist nicht das Volumengeschäft. Damit ist der Maker, der Messtechnik, Bauteile und Werkzeuge braucht, um seine Ideen zu verwirklichen, absolut unsere Zielgruppe. Der Maker hingegen, der mit einer Idee eine Firma gründen und ein Volumenprodukt schaffen will, steht bei uns nicht im Fokus, weil das im Fortgang unserer Geschäftsentwicklung keine maßgebliche Rolle spielt. Von daher ist das ein etwas anderer Ansatz, als ihn andere Distributoren pflegen, die Maker-Unterstützung eher als Startrampe für ein späteres Volumengeschäft sehen.
Dem entnehme ich, Conrad plant nicht den Einstieg ins Volumengeschäft?
Das ist wohl einer der überstrapaziertesten Begriffe in der Distribution. Wir haben keine Bestrebungen, im großen Stil Produktionsbedarfe von Halbleitern abzudecken. Aber wir wollen durchaus Produktionsmaterial in Form von C- und B-Teilen liefern. Denn mit den Fähigkeiten, die Conrad hat, können wir, wie vorhin schon ausgeführt, Prozess- und Kostenoptimierung für den Kunden erreichen. Wir werden aber keine Millionenstück-Bedarfe beim Kunden akquirieren.
Planen Sie dennoch, das Halbleiter-Portfolio noch auszuweiten?
Ja, aber über den Marktplatz. Wir haben im Halbleitersegment ein kleines, feines Portfolio und werden darüber hinaus die Kundenbedarfe über den Marktplatz bedienen. Denn einen weiteren Online-Distributor für Halbleiter braucht der Markt unseres Erachtens nicht.
Wie international ist Conrad inzwischen bzw. möchte Conrad in Zukunft sein?
Wir werden weiterhin ein europäisches Unternehmen bleiben, haben aber keine Bestrebungen, außerhalb von Europa zu expandieren. Der deutschsprachige Markt macht nach wie vor mehr als 50 Prozent für uns aus und ist unser stärkstes Standbein. Wir wachsen aber auch sehr schön in Osteuropa und in Teilen Westeuropas. Der Markenname Conrad ist in diesen Regionen sehr gut angesehen und wir haben gleichzeitig den Vorteil, dass wir dort nicht die große B2C-Historie haben wie in Deutschland. Insofern müssen wir da nicht die große Übersetzungsarbeit von „Alt- nach Neu-Conrad“ leisten.
Zum Abschluss – Ihre Einschätzung der aktuellen wirtschaftlichen Lage?
Hier ist das europäische Ausland zu unterscheiden von Deutschland: Die Diskussion über Mobilität und die Automobilbranche in Deutschland sorgt für ein etwas negativeres Bild in Deutschland als im Rest Europas. Für uns gilt: Wir sind gewachsen, aber wir hätten natürlich noch schneller wachsen können, wenn es die wirtschaftlichen Verwerfungen nicht gegeben hätte. Aber wir sind ja nicht als reines Produktunternehmen unterwegs. Wir versuchen wie geschildert, Prozess-, Preis-, Kostenoptimierung zu erreichen, und den Bedarf gibt es mit oder ohne wirtschaftliche Herausforderungen.
Natürlich kann keiner von uns derzeit die Auswirkungen des Coronavirus auf die Supply Chain beurteilen. Das, was wir tun können, ist, so gut wie möglich im Austausch mit unseren Lieferanten zu stehen. Wir stellen derzeit keine Panikkäufe fest, aber mit jeder Woche erhöht sich auch dieses Risiko. Schlussendlich dürfen wir auch nicht vergessen, dass es nicht den einen Elektronikbereich gibt. Nicht jedes Segment ist gleich betroffen von den Auswirkungen in China. Natürlich ist eine Fabrik in Wuhan, die iPhones produziert, heute nicht voll am Netz. Das heißt aber nicht, dass Stecker, die in Vietnam oder Korea gefertigt werden, nicht weiter gefertigt werden. Hier müssen wir mit Ruhe und Besonnenheit eruieren, was genau betroffen ist.